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George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika

Titel: George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Soros , Steve Clemons
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Hedgefonds und Staatsfonds überwacht werden müssen, damit man Ungleichgewichte bemerkt. Gewisse Derivate, zum Beispiel Credit Default Swaps, neigen dazu, versteckte Ungleichgewichte zu erzeugen, und deshalb müssen sie reguliert, beschränkt oder verboten werden.
    Viertens entwickeln sich Finanzmärkte unumkehrbar nur in eine Richtung. Die Finanzbehörden haben allen Institutionen, die zu groß sind, um sie bankrottgehen zu lassen – „too big to fail“ –, eine implizite Bürgschaft gegeben. Eine Rücknahme dieser Bürgschaft ist unglaubhaft, und deshalb müssen sie ihnen Regulierungen verordnen, um dafür zu sorgen, dass diese Bürgschaft nicht in Anspruch genommen wird. Solche Institutionen müssen weniger Hebel einsetzen und Beschränkungen dafür akzeptieren, wie sie das Geld ihrer Einleger anlegen. Der Eigenhandel solle aus dem Eigenkapital der Banken finanziert werden, nicht aus den Einlagen. Aber die Regulierer müssen mit dem Kapitalschutz noch weiter gehen und auch die Bezahlung der Eigenhändler regulieren, um zu gewährleisten, dass bei den „too big to fail”-Banken Risiken und Belohnungen im Einklang stehen. Dies treibt die Eigenhändler vielleicht aus den Banken heraus und in die Hedgefonds hinein, wo sie eigentlich hingehören.
    Da die Banken untereinander verflochten sind und manche Banken ein Quasi-Monopol besitzen, müssen wir über ihre Zerschlagung nachdenken. Vielleicht ist die Trennung von Investmentbanken und Geschäftsbanken, wie sie der Glass Steagall Act von 1933 vorsah, ja unpraktisch. Es muss aber interne Schotts geben, die den Eigenhandel vom Bankgeschäft trennen und den Handel an verschiedenen Märkten voneinander abriegeln, um Ansteckungseffekte zu vermeiden.
    Und schließlich machten die Baseler Abkommen einen Fehler, als sie Wertpapieren im Besitz von Banken deutlich niedrigere Risiko-Ratings gaben als normalen Darlehen: Sie ignorierten die systemischen Risiken, die mit konzentrierten Wertpapierpositionen verbunden sind. Dies war ein bedeutender Faktor, der die Krise verschlimmerte. Das muss dadurch behoben werden, dass die Risiko-Ratings von Wertpapieren in Bankbesitz angehoben werden. Dies wird möglicherweise die Verbriefung von Darlehen eindämmen.
    All das vermindert die Profitabilität und die Fremdfinanzierung der Banken. Und dies wirft die Frage des Zeitpunkts auf. Jetzt ist nicht die rechte Zeit für die Umsetzung dauerhafter Reformen. Das Finanzsystem ist weit vom Gleichgewicht entfernt. Die kurzfristigen Erfordernisse sind das Gegenteil dessen, was langfristig notwendig ist. Zuerst muss der Kredit ersetzt werden, der sich in Luft aufgelöst hat, und zwar unter Rückgriff auf die einzige Quelle, die noch glaubwürdig ist – den Staat. Das bedeutet eine Erhöhung der Staatsverschuldung und eine Vergrößerung der Geldbasis. Wenn sich die Konjunktur stabilisiert, muss man diese Basis genauso schnell wieder verkleinern, wie der Kredit wieder auflebt – andernfalls wird die Inflation durch Deflation ersetzt.
    Wir befinden uns immer noch in der ersten Phase dieses heiklen Manövers. Die Banken ziehen sich mit ihren Gewinnen aus dem Loch heraus, in das sie gefallen sind. Eine Beschneidung ihrer Profitabilität wäre jetzt kontraproduktiv. Die regulatorische Reform muss bis zur zweiten Phase warten, in der die Geldmenge unter Kontrolle gebracht werden muss. Das muss vorsichtig und stufenweise erfolgen, damit die Erholung dadurch nicht gestört wird. Aber wir können es uns nicht leisten, das zu vergessen.

TEIL III
2010: Die Krise wird global

DER EURO HAT NOCH GRÖSSERE PRÜFUNGEN ALS GRIECHENLAND VOR SICH
Financial Times , 22. Februar 2010
    Otmar Issing, einer der Väter des Euros, formuliert das Prinzip, auf dem die gemeinsame Währung gegründet wurde, korrekt. Wie er letzte Woche in der FT schrieb, war der Euro als Währungsunion, nicht aber als politische Union gedacht. Die Teilnehmerstaaten richteten eine gemeinsame Notenbank ein, weigerten sich aber, das Recht zur Besteuerung ihrer Bürger einer gemeinsamen Behörde zu übertragen. Dieses Prinzip wurde im Maastricht-Vertrag verankert und wird seither vom deutschen Bundesverfassungsgericht strikt ausgelegt. Der Euro war eine einzigartige und ungewöhnliche Konstruktion, deren Tragfähigkeit jetzt eine Prüfung erlebt.
    Diese Konstruktion ist offenkundig fehlerhaft. Eine vollwertige Währung erfordert sowohl eine Notenbank als auch ein Finanzministerium. Das Finanzministerium braucht nicht eingesetzt zu werden, um

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