George Soros: Gedanken und Lösungsvorschläge zum Finanzchaos in Europa und Amerika
Finanzreform-Pakets sein.
Wir könnten jetzt anfangen, anhand dieser Richtlinien ein gestärktes System der Hypothekenfinanzierung wiederaufzubauen.
AMERIKA MUSS SICH DEN GEFAHREN DER DERIVATE STELLEN
Financial Times , 22. April 2010
Die Zivilklage der US-Börsenaufsicht SEC gegen Goldman Sachs wird von dem Beklagten heftig angefochten werden. Es ist interessant, zu spekulieren, welche Seite gewinnen wird, aber wir werden das Resultat erst nach Monaten erfahren. Jedoch hat der Prozess ungeachtet des Ergebnisses weitreichende Konsequenzen für die Gesetze zur Finanzreform, über die der Kongress berät.
Egal, ob Goldman schuldig ist oder nicht: Die fragliche Transaktion hatte eindeutig keinen gesellschaftlichen Nutzen. Dabei ging es um ein komplexes synthetisches Wertpapier, das als synthetisches Derivat aus existierenden hypothekenbesicherten Anleihen abgeleitet worden war, indem sie zu imaginären Einheiten geklont wurden, die das Original nachahmten. Dieses synthetische CDO hat weder zusätzlichen Hausbesitz finanziert noch Kapital effizienter verteilt. Es hat lediglich das Volumen hypothekenbesicherter Wertpapiere anschwellen lassen, die an Wert verloren, als die Häuserblase platzte. Hauptzweck der Transaktion war es, Gebühren und Kommissionen zu erzeugen.
Dies ist ein klarer Beleg dafür, dass Derivate und synthetische Wertpapiere verwendet wurden, um aus heißer Luft imaginäre Werte zu schöpfen. Es wurden mehr AAA-CDOs geschaffen, als es zugrunde liegende AAA-Vermögenswerte gab. Dies wurde im großen Stil betrieben, obwohl alle beteiligten Parteien erfahrene, sachkundige Investoren waren. Dieser Prozess lief jahrelang und gipfelte in einem Crash, der zu der Vernichtung von Vermögen in Höhe von Billionen Dollar führte. Es darf nicht zugelassen werden, dass das weitergeht. Der Einsatz von Derivaten und anderen synthetischen Wertpapieren muss auch dann reguliert werden, wenn alle beteiligten Parteien ausgefuchste Investoren sind. Normale Wertpapiere müssen bei der Securities and Exchange Commission (SEC) registriert werden, bevor sie gehandelt werden dürfen. Synthetische Wertpapiere sollten auf ähnliche Weise registriert werden, auch wenn man diese Aufgabe einer anderen Behörde zuweisen könnte, beispielsweise der Commodity Futures Trading Commission.
Derivate können viele nützliche Zwecke erfüllen, aber sie bergen auch unsichtbare Gefahren. Zum Beispiel können sie versteckte Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage aufhäufen, die dann plötzlich offenbar werden, wenn eine Schwelle überschritten wird. Das gilt unter anderem für die sogenannten Knock-out-Optionen, die im Devisen-Hedging eingesetzt werden. Es galt auch für die Portfolioversicherungs-Programme, die im Oktober 1987 an der New York Stock Exchange den Schwarzen Montag verursacht haben. Dass danach sogenannte Circuit Breakers eingeführt wurden, erkennt zwar stillschweigend an, dass Derivate Unregelmäßigkeiten verursachen können, aber die richtigen Schlüsse wurden daraus nicht gezogen.
Besonders suspekt sind die Credit Default Swaps. Eigentlich sollen sie Anleiheinhaber gegen Zahlungsausfälle versichern und werden deshalb auch als Kreditausfallversicherung bezeichnet. Aber da sie frei gehandelt werden können, kann man sie auch für Baisse-Manöver einsetzen. Außer einer Versicherung stellen sie auch eine Lizenz zum Töten dar. Man sollte ihren Einsatz auf diejenigen beschränken, die versicherbare Engagements in den Anleihen eines Landes oder eines Unternehmens haben.
Die Regulierer werden die Aufgabe haben, Derivate und synthetische Wertpapiere zu durchschauen und ihre Herstellung zu untersagen, wenn sie die systemischen Risiken nicht umfassend beurteilen können. Im Gegensatz zu dem bis vor Kurzem vorherrschenden Diktat des marktfundamentalistischen Dogmas darf man diese Aufgabe nicht den Anlegern überlassen.
Derivate, die an Börsen gehandelt werden, sollten als Klasse registriert werden. Maßgeschneiderte Derivate müssten einzeln registriert werden, wobei die Regulierer gezwungen sein müssten, die damit verbundenen Risiken zu überblicken. Eine Registrierung ist mühselig und zeitaufwendig und sie würde die Verwendung von Freiverkehrs-Derivaten beschränken. Aus börsennotierten Instrumenten könnten maßgeschneiderte Produkte zusammengestellt werden. Dies würde verhindern, dass es erneut zu den Missbräuchen kommt, die zu dem Crash 2008 beigetragen haben.
Es wäre einfach und effektiv, zu verlangen,
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