Georgette Heyer
Tochter seltsam an
und begann dann mit den Tiegeln auf ihrem Toilettetisch herumzuspielen, stellte
sie auf und wieder um. «Du und Damerel!» sagte sie nach langem Schweigen.
«Bildest du dir ein, daß er dir treu bleiben würde?»
«Ich weiß es nicht», sagte Venetia.
«Ich glaube, er wird mich immer lieben. Sehen Sie, wir sind so gute Freunde.»
Lady Steeple hob schnell die Augen
und starrte Venetia an. «Du bist ein seltsames Mädchen», sagte sie abrupt.
«Aber du weißt nicht, was es bedeutet, ein – gesellschaftlich ein Outcast zu
sein!»
Venetia lächelte. «Aber dank Ihnen
und Papa, Ma'am, war ich das doch mein ganzes Leben.»
«Ich nehme an, du gibst mir die
Schuld daran – aber wie hätte ich ahnen sollen ...»
«Nein, wirklich, ich gebe Ihnen
keine Schuld, aber Sie werden zugeben, Ma'am, daß Sie mir auch keine Ursache
gaben, Ihnen dankbar zu sein», sagte Venetia schroff.
Lady Steeple zuckte die Achsel und
sagte etwas schmollend: «Nun, ich habe ja nie Kinder haben wollen! Das habe ich
dir schon gesagt.»
«Aber ich kann nicht glauben, daß
Sie wünschten, uns unglücklich zu machen.»
«Natürlich nicht! Aber was ...»
«Ich bin aber unglücklich», sagte
Venetia und richtete den Blick fest auf das liebliche, leicht verdrossene
Gesicht. «Sie könnten eine ganz kleine Kleinigkeit für mich tun – eine so
winzige Kleinigkeit! – und ich könnte vielleicht wieder glücklich werden und
Ihnen so sehr, so aus Herzensgrund dankbar sein!»
«Das ist zu schlimm von dir!» rief
Lady Steeple. «Ich hätte doch wissen sollen, daß du nur versuchen würdest,
meine Ruhe zu stören, mich in eine Nervenkrise zu bringen –. Was stellst du
dir vor, daß ich für dich tun kann?»
Sir Lambert, der es eine halbe
Stunde später wagte, in das Zimmer zu lugen, fand seine
Stieftochter dabei, sich zu verabschieden, und seine Frau in einer
unbestimmbaren Laune zwischen Lachen und Ärger. Es überraschte ihn nicht. Er
hatte gefürchtet, daß sie diese Begegnung mit ihrer lieblichen Tochter etwas
aufregend finden würde. Zum Glück brachte er eine Nachricht, die geeignet war,
ihre Laune zu heben.
«Oh, bist du das, Lamb?» rief sie aus.
«Komm herein und sag mir, wie dir meine Tochter gefällt! Ich bin überzeugt, du
hast schon mit ihr geflirtet, denn sie ist ja so hübsch! Nicht wahr? Meinst du
nicht auch?»
Er kannte diese Stimme, etwas
höhergeschraubt als gewöhnlich, voll brüchiger Heiterkeit. Er sagte: «Ja, das
ist sie! Auf mein Wort, es ist verteufelt schwer, euch beide
auseinanderzuhalten! Aber ich bilde mir ein, du hast ihr einen Vorteil voraus –
ganz kommst du leider deiner Mama nicht gleich, meine Liebe, und du wirst mir
doch nicht übelnehmen, wenn ich es sage, denn weißt du, ihre Züge sind
vollkommen. Jaja, genau das hat Lawrence gesagt, als er ihr Porträt malte!
Vollkommene Züge!»
Lady Steeple saß an einem kleinen
Schreibtisch, aber sie stand auf, kam hastig herbei, stellte sich neben Venetia
und drehte sie herum, damit sie in einen Stehspiegel schauen konnte. Eine
Minute lang starrte sie auf die zwei Gesichter im Spiegel, und dann, zu
Venetias Bestürzung, warf sie sich an Sir Lamberts stattliche Brust und weinte:
«Sie ist fünfundzwanzig, Lamb! Fünfundzwanzig!»
«Na, mein Hübsches, na, na!» sagte
er und tätschelte sie beruhigend. «Da hat sie ja noch eine Menge Zeit, um doch
noch eine solche Schönheit zu werden, wie ihre Mama! Na, na, na!»
Lady Steeple lachte hysterisch auf
und riß sich los: «Oh, du bist wirklich zu albern! Nimm sie weg! Ich muß mich
ankleiden! Ich hasse Morgenbesucher! Ich schau einfach gräßlich aus!»
«Nun, ich kann Ihnen sagen, daß das
nicht stimmt», sagte Venetia und stopfte einen versiegelten Brief in ihr
Retikül. «Wissen Sie, als ich ein kleines Mädchen war, dachte ich immer, daß
Sie wie eine Fee seien, und das sind Sie auch. Ich habe mich im Leben noch nie
neben jemandem so sehr wie ein Tölpel gefühlt wie neben Ihnen! Wenn ich doch
bloß wüßte, wie man das macht – so gehen, als schwebe man!»
«Schmeichlerin! Da, küß mich, und
fort mit dir, dein Glück suchen. Ich wünsche dir, daß du es findest. Natürlich
wirst du das nicht, aber gib dann nur ja nicht mir die Schuld!»
«Auf Glückssuche ist sie, so?» sagte
Sir Lambert. «Da habt ihr zwei also ein Geheimnis miteinander? Aber da ist
deine Zofe, schon ganz nervös, dich fertigzumachen,
damit du, ich weiß nicht wieviel, Leute empfängst, die von Robert
herübergeschickt worden
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