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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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angebracht.» Er blickte flüchtig zu Juliana
hinüber, die mit erstarrtem Gesicht am Fenster stand. «Juliana – Miss Marling
...», sagte er.
    Sie zuckte
zusammen. «Sprich nicht mit mir! Oh, Frederick, Frederick, wie konntest du mir
das nur antun! Ich habe doch kein Wort ernst gemeint! Das hättest du doch
wissen müssen! Hoffentlich sehe ich dich nie wieder!»
    Mr. Comyn
wandte sich an Mary, die versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
«Madam, ich finde, wir müßten jetzt offen sein, aber natürlich nur, wenn Sie
damit einverstanden sind.»
    Sie stand
auf und stützte sich mit einer Hand auf die Stuhllehne. «Tun Sie, was Sie für
richtig halten», sagte sie schwach. «Ich muß jetzt eine Weile allein sein. Ich
bin noch nicht ganz ich selbst. Ich gehe in mein Zimmer hinauf. Nur fangen Sie
um Gottes willen keinen Streit mehr an, meine Herren. Das bin ich nicht wert.»
    «Juliana,
geh mit!» sagte Vidal scharf.
    Miss
Challoner schüttelte den Kopf. «Bitte lassen Sie mich allein. Ich brauche weder
Juliana noch sonst jemanden.»
    «Nein,
fällt mir gar nicht ein!» Juliana stampfte mit dem Fuß auf. «Wenn sie verletzt
ist, geschieht es ihr ganz recht! Sie hat mir mit irgendeinem widerlichen
Trick meinen Frederick gestohlen, und ich wünsche ihr viel Glück mit ihm,
und–und– nein, sie soll ihn nicht haben!»
    Miss
Challoner stieß ein leises Lachen aus, das ihr aber kläglich mißlang, und ging
zur Tür. Als Mr. Comyn diese für Mary öffnete, bot sich ihnen ein
überraschendes Bild, denn offenbar war das gesamte Personal des Gasthofes im
Korridor versammelt: der Wirt und seine Frau, zwei Dienstmädchen, ein Koch und
drei Stallknechte drängten sich draußen wie eine Herde Schafe und hatten
anscheinend gespannt gelauscht, was sich da drinnen abspielte ... Als man sie
nun sozusagen auf frischer Tat ertappte, glotzten sie zuerst recht dämlich und
machten sich dann eilig davon. Mr. Comyn meinte sarkastisch, er preise sich
glücklich, Gegenstand von soviel Interesse zu sein, doch da er englisch
sprach, ging sein Pfeil ins Leere. Der Wirt, der tapfer stehengeblieben war,
begann zu lamentieren, daß er einen so skandalösen Spektakel in seinem anständigen
Etablissement nicht dulden könne, worauf Lord Vidal den Kopf nach ihm wandte
und in aller Ruhe einen einzigen kurzen Satz hinwarf. Der gekränkte Herr des
Hauses schnitt ein sehr bestürztes Gesicht, entschuldigte sich und verschwand
unverzüglich.
    Mittlerweile
war Miss Challoner an den Bedienten vorbei den Gang zur Gaststube
hinuntergegangen, von der aus die Treppe ins obere Stockwerk
führte. Als sie, mit einer Hand ihr zerfetztes Kleid zusammenraffend, den Raum
betrat, hörte sie, wie eine joviale Stimme auf englisch sagte: «Verdammt,
scheint ja kein Mensch da zu sein! He, holla! Wirtshaus!»
    Miss
Challoner spähte rasch zur Tür. Ein großer, ziemlich flott wirkender Herr
stand auf der Schwelle, den Reisemantel lässig um die Schultern
geworfen, so daß man seinen prächtigen purpurroten und reich mit
Gold verbrämten Rock und die elegante geblümte Weste sehen konnte. Er bemerkte
Miss Challoner nicht, und als ihr der etwas zerzauste
Aufzug, in dem sie sich zur Zeit befand, zu Bewußtsein kam, zog sie sich
hastig in den schlecht beleuchteten Gang zurück. Der Wirt eilte auf den Ruf hin
geschäftig an ihr vorbei und wurde sofort mit der in fließendem
Französisch vorgetragenen Frage empfangen, was, zum Teufel, denn
hier los sei, daß sich nicht einmal ein Stallknecht blicken ließ. Die
langatmigen Entschuldigungen und Erklärungen des Wirts wurden von dem etwas
stürmischen Eintritt einer rothaarigen Dame in einem grünen
Taftkleid unterbrochen, die mit einer kleinen Hand ihren weiten Umhang
zusammenhielt. «Was heißt, kein Mensch da? Ich weiß, daß mein Sohn hier ist»,
behauptete die Dame im Brustton der Überzeugung. «Ich sagte dir ja, wir würden
ihn finden, Rupert. Voyons, ich bin sehr froh, daß wir nach Dijon
gekommen sind.»
    «Na, ich
kann jedenfalls nichts von ihm entdecken», antwortete Seine Lordschaft.
«Verflixt, wenn ich nur verstehen könnte, was der Bursche da quasselt!»
    «Natürlich
ist er hier! Ich habe seine Equipage gesehen!» Sie wandte sich an den Wirt.
«Rasch – wo ist der englische Monsieur?»
    Miss
Challoner hob erschreckt die Hand an die Wange. Diese faszinierende und
herrische kleine Dame mußte demnach Mylords Mutter sein. Sie
sah sich hastig nach einer Fluchtmöglichkeit um, bemerkte unmittelbar hinter
sich

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