Georgette Heyer
nur einen Funken Verstand.»
«Sie ist
verliebt», sagte der Marquis. «In einen Menschen namens Frederick.»
«Incroyable!» Leonie schlug die
Hände zusammen. «Du mußt mir sofort alles über ihn erzählen. Schon der Name
hört sich irgendwie unangenehm an.»
Der Herzog
warf seinem Sohn zu: «Soviel man Fannys etwas zusammenhanglosen Äußerungen
entnehmen konnte, soll der junge Mann unmöglich sein!»
«Oh,
zweifellos, Sir!» bestätigte Vidal. «Aber sie will ihn trotzdem.»
«Nun, wenn
sie ihn liebt, dann hoffe ich, daß sie ihn heiratet», sagte Leonie,
überraschend die Front wechselnd. «Monseigneur würde das doch nichts ausmachen,
nicht wahr?»
«Es ist
Gott sei Dank nicht meine Sache», antwortete Seine Gnaden. «Die Zukunft der
Marlings berührt mich nicht im geringsten.»
Der Marquis
begegnete offen seinem Blick. «Ausgezeichnet, Sir. Das ist eine klare Stellungnahme.»
Avon hielt
seine auffallend weißen Hände über die Glut im Kamin und betrachtete unter halb
geschlossenen Lidern den großen Smaragdring, den er trug. «Es ist zwar gegen meine
Gewohnheit, mich in deine persönlichen Angelegenheiten zu mischen», sagte er
ruhig, «aber ich hörte da von einem Mädchen, das nichts mit dem Theater zu tun
hat.»
«Jedoch
vermutlich kein Wort von einer bevorstehenden Vermählung», erwiderte der Marquis
gelassen.
«Kaum»,
sagte Seine Gnaden und zog unmerklich die Brauen hoch.
«Was Sie
auch weiterhin nicht zu befürchten brauchen, Sir.»
«Das
erleichtert mich», sagte der Herzog höflich. Er stand auf und stützte sich ein
wenig auf seinen Ebenholzstock. «Erlaube mir, dich darauf hinzuweisen, mein
Sohn, daß du durch eine Liaison mit einem Mädchen aus der Bourgeoisie das
Risiko eingehst, jene Art von Skandal heraufzubeschwören, die ich äußerst
bedauerlich fände.»
Ein Lächeln
zuckte um Vidals Mund. «Verzeihung, Sir, aber sprechen Sie hier aus Ihrer
reichhaltigen Erfahrung?»
«Selbstverständlich»,
sagte Seine Gnaden.
«Ich glaube
nicht», bemerkte Leonie, die dieser Unterhaltung ruhig gelauscht hatte, «daß du
dich je mit einer Bürgerlichen eingelassen hast, Justin.»
«Du
schmeichelst mir, Kind.» Er wandte sich wieder an seinen Sohn. «Du brauchst mir
nicht zu versichern, daß du dich lediglich amüsierst. Ich bin überzeugt, du
wirst jede erdenkliche Dummheit begehen, außer einer, denn du bist schließlich
mein Sohn. Aber ich würde dir empfehlen, Dominic, dir mit einer bestimmten
Sorte Frauen die Zeit zu vertreiben oder mit Damen aus unseren Kreisen, die in
die Spielregeln eingeweiht sind.»
Der Marquis
verbeugte sich. «Sie sind ein Born der Weisheit, Sir.»
«Weltlicher
Weisheit, ja», sagte Seine Gnaden. An der Tür blieb er stehen und blickte über
die Schulter zurück. «Ah, da war noch eine Kleinigkeit, fällt mir eben ein. Was
für eine Art Viehzeug hältst du eigentlich in deinen Ställen, daß du glaubst,
vier Stunden nach Newmarket zu brauchen?»
Die Augen
des Marquis blitzten verständnisvoll, doch Leonie rief entrüstet: «Monseigneur,
ich finde Sie heute fort exigeant. Vier Stunden! Ma foi, er wird
sich bestimmt den Hals brechen.»
«Die Zeit
wurde schon einmal unterboten», sagte Seine Gnaden heiter.
«Das kann
ich nicht glauben. Wer hat das geschafft?»
«Ich»,
sagte Avon.
«Oh, das
ist etwas anderes», nickte Leonie, als wäre es in diesem Fall eine
Selbstverständlichkeit.
«Wie lange,
Sir?» fragte der Marquis kurz.
«Drei
Stunden und siebenundvierzig Minuten.»
«Noch immer
zu viel, Sir. Drei Stunden und fünfundvierzig Minuten müßten genügen. Hätten
Sie vielleicht Lust, mit mir zu wetten?»
«Nicht im
geringsten. Ich bin ganz deiner Meinung.»
Als der
Herzog gegangen war, sagte Leonie: «Natürlich sähe ich es gern, wenn du
Monseigneurs Rekord schlägst, mein Kleiner, aber es ist sehr gefährlich. Bring
dich nicht um, Dominique, bitte.»
«Fällt mir
gar nicht ein», antwortete er. «Das ist ein Versprechen, meine Liebe.»
Sie ergriff
seine Hand. «Ah, aber eines, das du brechen könntest, mon ange.»
«Nicht die
Spur!» sagte Seine Lordschaft fröhlich. «Frag meinen Onkel, er wird dir sagen,
daß ich dazu geboren bin, am Galgen zu zu enden.»
«Rupert?»
fragte Leonie verächtlich. «Das würde er nicht wagen.» Sie drückte seine Hand
fester. «Aber jetzt wirst du ein bißchen mit mir plaudern, mon en f ant –
tout bas. Wer ist diese bourgeoise?»
Vidals
Blick wurde ernst, und seine schwarzen Brauen zogen sich zusammen.
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