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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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mit dem Erfolg, daß sie nun mit
ihren zwanzig Jahren noch immer daheim bei Mutter und Schwester saß und nichts
Besseres in Aussicht hatte, als die Frau ihres Cousins Joshua zu werden.
    Joshua, ein
untersetzter und wohlhabender junger Mann, war zwar kein Earl, aber schließlich
war Mary auch nicht Sophia, und Mrs. Challoner wäre mit ihm als Schwiegersohn
durchaus einverstanden gewesen. Unbegreiflicherweise hatte Joshua keine Augen
für die jüngere Schwester, sondern war hartnäckig und etwas verbissen in Mary
verliebt, die jedoch – welch ein Jammer! – diese Zuneigung keineswegs
erwiderte.
    «Ich weiß
beim besten Willen nicht, wofür du dich eigentlich auf sparst», sagte Mrs.
Challoner mit verständlicher Entrüstung. «Wenn du glaubst, du wirst vielleicht
einmal einen Herrn von Stand heiraten, muß ich dir leider sagen, daß du keine
Ahnung hast, wie man so etwas angeht.»
    Mary
blickte von ihrer Stickerei auf und antwortete in ihrer ruhigen Art, aber mit
einem humorvollen Unterton: «Aber Mama, mit einem so guten Beispiel vor Augen
werde ich es doch sicher lernen, nicht wahr?»
    «Wenn deine
ganze feine Erziehung nicht mehr wert ist, als daß du dich in so abscheulicher
Weise über deine Schwester lustig machst, hast du entschieden deine Zeit
verschwendet!» wies ihre Mutter sie scharf zurecht.
    Mary beugte
sich wieder über ihre Arbeit. «Das denke ich auch», murmelte sie.
    Mrs.
Challoner wußte mit dieser Bemerkung nicht viel anzufangen. Da sie aber
vermutete, daß sie eine verborgene Spitze enthielt, konnte sie sich nicht
verkneifen zu sagen: «Ja, ja, spotte jetzt nur über Sophia! Aber dein Gesicht
möchte ich sehen, wenn sie erst Mylady ist!»
    Mary fädelte
ihre Nadel ein. «Wahrscheinlich wäre ich sehr überrascht, Mama», erwiderte sie
trocken. Als Mrs. Challoner eine beleidigte Miene aufsetzte, legte sie ihre
Handarbeit beiseite und fragte mit ihrer gewohnten Gelassenheit: «Madam, im
Grunde Ihres Herzens wissen Sie doch, daß Lord Vidal nicht im Traum an eine
Heirat denkt?»
    «Ich will
dir sagen, was mit dir los ist, mein Fräulein!» rief ihre Mutter, deren Wangen
sich nun langsam erhitzten. «Du bist eifersüchtig auf deine schöne Schwester
und all ihre vielen Bewerber! Lord Vidal denkt also nicht im Traum an eine
Heirat, wie? Darf ich erfahren, wie du zu dieser erstaunlichen Ansicht kommst?
Du bist wohl seine intimste Vertraute?»
    «Ich glaube
nicht», sagte Mary, «daß er sich meiner Existenz überhaupt bewußt ist.»
    «Und das
ist bei Gott kein Wunder bei deinem Talent, einem Mann angenehm aufzufallen.
Doch das ist absolut kein Grund, die Chancen unserer armen Sophia so schlecht
zu beurteilen. Wenn ich jemals einen gesehen habe, der sich Hals über Kopf
verliebt hat, dann ist das Lord Vidal. Himmel, man müßte ja schon die
Gelegenheiten zählen, wann er nicht kommt, und dann die vielen Blumen
und der Schmuck, den er immer mitbringt ...»
    «Man sollte
das alles besser gar nicht annehmen», sagte Mary prosaisch. «Ich habe so ein
Gefühl, daß er nichts Gutes mit Sophia vorhat. Du meine Güte, Mama, wissen Sie
denn nicht, was für einen Ruf er genießt?»
    Mrs.
Challoner wich dem offen auf sie gerichteten Blick aus. «An deiner Stelle würde ich mich schämen! Was
willst du Küken, das bis jetzt noch die Schulbank gedrückt hat, schon von
solchen Dingen wissen!» meinte sie tugendhaft. «Mag sein, daß er ein etwas
flottes Leben führt, aber das wird sich alles ändern, wenn er mein kleines
Herzblatt heiratet.»
    «Man könnte
das annehmen», stimmte Mary zu und griff wieder zu ihrem Stickrahmen. «Aber
wenn Sie sich schon blenden lassen, Madam, und glauben, daß er es ehrlich mit
meiner Schwester meint, wollen Sie nicht wenigstens bedenken, aus welch
unterschiedlichen Verhältnissen die beiden kommen?»
    «Was das
betrifft», entgegnete Mrs. Challoner würdevoll, «bin ich überzeugt, daß die
Challoners für jeden gut genug sind. Das hat aber nicht das geringste zu
bedeuten, denn wir wissen schließlich alle, wie die Gunnings, die immerhin von
ganz unten kamen, Karriere gemacht haben.»
    «Womit sie
uns einen sehr schlechten Dienst erwiesen», seufzte Mary.
    Mehr wollte
sie nicht sagen, da sie es für sinnlos hielt, aber als ihre Schwester, die
gerade von einer Ausfahrt mit ihren Busenfreunden, den Matchams, zurückkehrte,
wie ein Wirbelwind ins Zimmer tanzte, betrachtete sie das junge Mädchen mit
tiefer Besorgnis.
    Sophia war
knapp achtzehn, und man konnte schwerlich auch nur den

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