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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Eskapaden
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Pförtner zu, er solle
schleunigst einen Arzt holen, und mitten in der ganzen Aufregung sehe ich
plötzlich Avon mit erhobenem Monokel in der Tür stehen, und neben ihm starrt
Davenant wie ein Ölgötze herein. Na, du weißt ja, wie das ist, wenn dein Vater
auftaucht. Auf einmal wird es ganz still, und alle schauen ihn an, außer Comyn
– der Bursche hat übrigens verdammt gute Nerven –, der völlig ruhig weiter das
Blut stillt. Avon hat die Situation natürlich mit einem Blick erfaßt, aber er
schaut in die Runde, mächtig höflich, und dann erst auf Quarles hinunter. Und
dann sagt er zu Davenant: 'Ich hörte zwar schon, mein lieber Hugh, daß
dieses Etablissement sich nicht mit anderen Spielhöllen vergleichen läßt, und
wie ich sehe –', doch den Rest kennst du bereits. Sicher, wenn ich meine
fünf Sinne beisammen gehabt hätte, wäre ich durchs Fenster verschwunden, aber
immerhin hatte ich eine Menge Champagner intus. Jedenfalls, es dauert nicht
lange, da richtet dein Vater sein ekelhaftes Monokel auf mich.
'Vermutlich', sagt er, 'brauche ich nicht zu fragen, ob mein Sohn
heute abend hier war.'» Lord Rupert nickte in weiser Einsicht. «Er ist schon
verflucht scharfsinnig, Vidal, das mußt du ihm lassen.»
    «Zweifellos»,
erwiderte Seine Lordschaft mit dem Schatten eines Lächelns. «Aber weiter. Was
war dann? Ich wünschte, ich wäre dabeigewesen.»
    «Ach,
tatsächlich?» meinte sein Onkel. «Ich hätte dir gern meinen Platz angeboten.
Nun, ich sagte, du seist fort, und der junge Comyn ergänzte in seiner penibeln
Art: 'Ich nehme an, Sir, daß sich Seine Lordschaft mittlerweile auf dem Weg
nach Newmarket befindet.' Avon betrachtet ihn daraufhin durch sein Monokel
und sagt gräßlich höflich, wie er nun mal ist: 'Verbindlichsten Dank,
Monsieur. Ich fürchte, mein Sohn hat eine etwas eigenartige Vorstellung von
guten Manieren. Dieser Gentleman' – er zeigt auf Quarles – 'dieser
Gentleman, den zu kennen ich offenbar nicht das Vergnügen habe, ist wohl sein
neuestes Opfer?' Ich kann dir unmöglich seinen Tonfall wiedergeben, aber du
weißt ja, wie er so etwas zu sagen pflegt.»
    «Nur zu
gut. Aber mein Kompliment, er hat Haltung gezeigt. Ist er auch als mein
Ehrenretter aufgetreten?»
    «Jetzt, wo
du es erwähnst, kommt es mir so vor», sagte Rupert. «Doch dieser Comyn bewies
ebenfalls Haltung. Wir hatten alle die Sprache verloren. Aber Comyn sagt – und
das fand ich eigentlich sehr nett von ihm – 'Was das betrifft, Sir, so wurde
Seine Lordschaft gewissermaßen gezwungen, zur Pistole zu greifen, denn ich
glaube, kein Mann hätte eine solche Beleidigung hingenommen. Obwohl ich gestehen
muß, daß keiner der beiden Kontrahenten nüchtern war.' Und ich dachte mir,
na, du mußt ja verdammt nüchtern sein, mein Junge, wenn du das alles so glatt
über die Lippen bringst.»
    Die Miene
des Marquis bekundete Interesse. «So, das hat er gesagt? Sehr nobel von ihm.»
Er zuckte die Achseln und schmunzelte. «Oder sehr schlau.»
    Leonie, die
bis jetzt ins Feuer gestarrt hatte, hob plötzlich den Kopf. «Schlau? Wieso
schlau?»
    «Verzeihung,
Madame, ich habe nur laut gedacht.» Er blickte wieder auf die Uhr. «Ich kann
nicht länger bleiben. Sagen Sie bitte meinem Vater, ich werde ihn morgen
vormittag aufsuchen. Heute abend habe ich eine Verabredung, die ich unbedingt
einhalten muß.»
    «Dominique,
verstehst du denn nicht, daß du nicht in England sein darfst, wenn dieser Mann
stirbt?» rief Leonie. «Monseigneur meint, diesmal gibt es bestimmt
Schwierigkeiten. Es ist schon zu oft passiert.»
    «Ich soll
mich also davonschleichen wie ein geprügelter Hund? Ich denke nicht daran!» Er
beugte sich kurz über ihre Hand. «Bitte zeigen Sie in der Öffentlichkeit kein
so ängstliches Gesicht, maman, es verträgt sich schlecht mit Ihrer
Würde.»
    Damit zog
er sich zurück, und Leonie schaute Lord Rupert traurig an. «Glaubst du, es ist
diese bourgeoise?»
    «Garantiert!»
erwiderte Seine Lordschaft düster. «Aber sei versichert, Leonie, wenn wir es
schaffen, daß er sich nach Frankreich einschifft, hat die Affäre ein Ende.»
    Seine
Zuversicht hätte sich wahrscheinlich rasch verflüchtigt, wenn er seinem
Neffen an diesem Abend gefolgt wäre. Der Marquis zog sich nämlich nur rasch um
und war nach zwanzig Minuten unterwegs ins Theatre Royal, wo bereits mehr als
die Hälfte des Stückes über die Bühne gegangen war und Sophia Challoner in
einer der Logen einen reizenden Schmollmund zur Schau trug. Eliza Matcham
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