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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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hatte
sie den ganzen Abend damit geneckt, daß ihr feiner Beau sie im Stich ließ, und
sie befand sich demnach nicht eben in bester Laune. Ihre Schwester, die mit dem
unvermeidlichen Cousin Joshua neben ihr saß, konnte allerdings nicht umhin,
gelassen zu bemerken, man dürfe wohl kaum damit rechnen, daß der Marquis nach
den Ereignissen des vergangenen Abends erscheinen würde, denn
selbstverständlich hatte sich die Geschichte von dem Duell wie ein Lauffeuer
verbreitet und war inzwischen auch an Miss Challoners Ohren gelangt. Cousin
Joshua, den die Wogen der allgemeinen Empörung ebenfalls erreicht hatten, nahm
nur allzugern die Gelegenheit wahr, seine Meinung über den liederlichen Marquis
zu äußern, worauf ihm Sophia mit Nachdruck zu verstehen gab, es sei eine
ungeheure Vermessenheit von ihm, einen so hoch über ihm Stehenden richten zu
wollen, und während er sich noch eine passende Antwort überlegte, kehrte sie
ihm bereits den makellosen Rücken zu, um sich in ein äußerst lebhaftes Gespräch
mit Mr. Matcham zu vertiefen. Joshua blieb nichts anderes übrig, als den Rest
seiner Moralpredigt Miss Challoner zu halten, die ihm schweigend, aber mit so
geistesabwesendem Blick lauschte, daß in ihm wieder der Verdacht aufzukeimen
begann, sie höre ihm überhaupt nicht zu. Dann sah er plötzlich, wie sich ihr
Ausdruck veränderte. Sie richtete sich steif auf, ihre Augen weiteten sich und
wirkten gespannt und wachsam, und da er denn doch nicht annahm, daß dieses
unvermutete Interesse seinem Vortrag galt, wandte er den Kopf, um zu sehen,
was ihre Aufmerksamkeit in diesem Maß erweckte.
    «Donnerwetter!»
sagte er und blies vor Entrüstung die Backen auf. «Dieser schamlose Kerl! Wenn
er die Frechheit besitzt, sich Sophia zu nähern, dann weiß ich, was ich zu tun
habe.»
    Der Marquis
von Vidal stand im Parkett und musterte die Logenreihen durch sein Monokel.
    Miss
Challoners Lippen zitterten vor unterdrückter Heiterkeit. Schamlos! Natürlich
war er schamlos, aber er war sich dessen nicht im geringsten bewußt,
ebensowenig wie er das Aufsehen bemerkte, das er bei all jenen hervorrief, die
ihn erkannten.
    «Das trifft
sich gut, Joshua», antwortete Mary ihrem Cousin, «denn ich glaube, genau das
hat er jetzt vor.»
    Mr.
Simpkins sah, wie sich der Marquis durch die im Parkett versammelte Menge
drängte, und zupfte Sophia am Ärmel. «Cousine!» sagte er. «Ich bin hier
gewissermaßen verantwortlich für dich, und ich ver biete dir, mit diesem
unmöglichen Menschen zu sprechen.»
    Sein Befehl
zeigte nicht ganz die erwünschte Wirkung, denn Sophias Schmollmund wich in
Sekundenschnelle einem strahlenden Lächeln. «Oh, ist er endlich da? Wo? Ich
sehe ihn nicht! Ach, ich wußte ja, er würde mich nicht enttäuschen! Aber ich
werde es ihm schon geben, so spät zu kommen!»
    Der Marquis
war mittlerweile aus dem Parkett verschwunden, doch es dauerte nur ein paar
Minuten, da klopfte er bereits an die Logentür und trat ein.
    Sophia
begrüßte ihn mit einem vorwurfsvollen und zugleich koketten Blick. «Ist es
denn die Möglichkeit – Mylord! Ich hatte wirklich nicht mehr mit Ihnen
gerechnet! Aber was muß man von Ihnen hören! Nein, tatsächlich – ich fürchte
mich ja fast vor Ihnen.»
    «So? Und
warum?» fragte Seine Lordschaft, indem er ihre Hand an die Lippen zog. «Trauen
Sie mir zu, daß ich jemanden, der auch nur halb so hübsch ist wie Sie, ein Haar
krümmen könnte?»
    «O du
lieber Himmel, ich wüßte nicht, was ich Ihnen nicht alles zutrauen würde,
falls ich Ihren Zorn errege», lachte Sophia.
    «Nun, dann
lassen Sie es besser nicht darauf ankommen», riet ihr der Marquis, «sondern
leisten Sie mir lieber bei einem kleinen Spaziergang draußen auf dem Korridor
Gesellschaft. Der Vorhang geht innerhalb der nächsten fünf Minuten sicher nicht
auf.»
    «Nein, aber
wissen Sie, daß wir schon beim fünften Akt angelangt sind? Sie sind nur noch
zum Schluß des Stückes zurechtgekommen.»
    «Um so eher
sollten Sie mir erklären, worum es geht», sagte Seine Lordschaft unverfroren.
    «Eigentlich
verdienen Sie das nicht», sagte Sophia und erhob sich. «Gut, gehen wir hinaus,
aber wirklich nur einen Augenblick, nicht länger.»
    Mr.
Simpkins räusperte sich drohend und zog so die etwas gelangweilte
Aufmerksamkeit des Marquis auf sich.
    «Pardon,
Sir, geruhten Sie etwas zu bemerken?» fragte Vidal derart arrogant, daß der
arme Joshua verwirrt den Kopf schüttelte und nicht mehr als ein paar
unartikulierte Laute

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