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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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Sie nicht
sein!» sagte sie mit einem winzigen Schluchzen.
    Er blieb
völlig ungerührt, nur sein leidenschaftlicher Blick schien sie zu verschlingen.
«Ich muß. Nun komm schon. Fürchtest du dich vor mir, weil du zögerst?»
    Sie entzog
sich ihm, eine Hand auf die Brust gepreßt.
    «Ja, ich
fürchte mich! Sie sind so gewalttätig, so grausam ...»
    «Du
brauchst keine Angst zu haben – ich bete dich an. Kommst du mit?»
    «Und wenn –
wenn ich nein sage?»
    «Dann küß
mich und geh», sagte er.
    «Nein,
nein, das kann ich nicht! Ich – oh, wenn du sagst, ich muß, komme ich mit dir.»
    Zu ihrem
Erstaunen wirkte er weder entzückt noch erleichtert, sondern antwortete nur:
«Halte dich bereit. Ich schicke dir Nachricht.»
    «Wann?»
stammelte sie.
    «Morgen,
Freitag, ich weiß nicht. Du brauchst nichts mitzubringen als die Kleider, die
du am Leib trägst.»
    Sie lachte
aufgeregt. «Eine Entführung! Oh, aber wie soll ich es anstellen, unbemerkt mit
dir zu fliehen?»
    «Das laß
nur meine Sorge sein», meinte er lächelnd.
    «Aber wie?
Wo treffe ich dich?»
    «Du wirst
es früh genug erfahren. Aber denk daran, kein Wort zu einer Menschenseele, und
wenn ich dich verständigt habe, hältst du dich genau an meine Anweisungen.»
    «Ja»,
versprach sie, ohne im Augenblick an ihre ursprünglichen ehrgeizigen Pläne zu
denken.
    Als sie
allein in die Loge zurückkehrte, hatte sich der Vorhang bereits zum fünften Akt
gehoben. Ihre Wangen glühten noch vor Erregung, und als ihre Schwester sie
prüfend anblickte, warf sie trotzig den Kopf in den Nacken. Sollte Mary ruhig
die Stirn runzeln: sie hatte jedenfalls keine so glänzende Zukunft vor sich und
mußte froh sein, wenn sie sich Cousin Joshua als Ehemann angelte.
    Während
Sophia sich ihren rosaroten Träumen hingab, machte sich der Marquis auf den Weg
zu Timothy. Sein Erscheinen war eine Sensation.
    «Lieber
Gott, Vidal!» japste Lord Cholmondley.
    Mr. Fox,
der mit ihm Pikett spielte, teilte seelenruhig neue Karten aus. «Warum nicht?»
fragte er.
    «So ein
kaltblütiger Teufel!» meinte Cholmondley kopfschüttelnd. Mr. Fox schaute
gelangweilt auf und winkte dem Marquis lässig zu.
    Vidal stand
in der Tür des Salons und musterte die Anwesenden. Sekundenlang herrschte
Totenstille, und aller Augen waren auf ihn gerichtet, dann brach ein
angeheiterter Gentleman, der neben dem Fenster saß, das plötzliche Schweigen:
«He, Vidal, wie lang haben Sie gebraucht? Habe fünfhundert Pfund gewettet, daß
Sie's nicht unter vier Stunden schaffen.»
    «Sie haben
verloren, Mylord», sagte der Marquis. Er erspähte Mr. Fox und schlenderte
gemächlich auf ihn zu. Hinter ihm erhob sich summendes Stimmengewirr, und viele
mißbilligende Blicke folgten seiner schlanken Gestalt, doch er ging
anscheinend völlig unbeteiligt zu Mr. Fox' Tisch hinüber.
    Cholmondley
hatte seine Karten niedergelegt. «Ist das wahr?» fragte er. «Du hast es in vier
Stunden geschafft?» Der Marquis lächelte. «In drei Stunden und vierundvierzig
Minuten, mein Lieber.»
    «Unmöglich!»
rief Cholmondley. «Mensch, du warst doch betrunken!»
    «Frag die
Schiedsrichter», erwiderte der Marquis achselzuckend. «Ich habe dich gewarnt,
daß ich am besten fahre, wenn ich betrunken bin.» Während er sprach,
beobachtete er den Nebentisch, von dem sich soeben ein Herr erhob, wodurch
sich die bisher Lu spielende Runde auflöste. «Eine Partie Pikett, Mr. Comyn?»
fragte der Marquis mit etwas lauterer Stimme.
    Der junge
Mann drehte sich rasch um, und ein Ausdruck der Überraschung zuckte über sein
Gesicht, bevor er sich verbeugte. «Es wäre mir eine große Ehre, Mylord.»
    Vidal begab
sich an seinen Tisch hinüber und wartete, bis ein Bedienter ein neues Paket
Karten brachte und die Stühle zurechtrückte.
    «Heben Sie
ab, Mr. Comyn.»
    Mr. Comyn
gehorchte und kam zum Geben.
    «Der
übliche Einsatz?» fragte der Marquis arrogant.
    Mr. Comyn
sah ihm fest in die Augen. «So viel Sie wollen, Mylord.»
    Vidal
lachte plötzlich und sagte in fast freundschaftlichem Ton: «Dann um gar nichts,
Verehrtester.»
    Mr. Comyn
hielt mitten im Geben inne. «Ich glaube wohl kaum, Mylord, daß es Ihnen dann
Spaß machen würde.»
    «Nicht den
geringsten», grinste der Marquis.
    «Mir auch
nicht.»
    «Mit
Familienmitgliedern spiele ich nie um Geld.»
    Mr. Comyn
fuhr auf. «Sir?»
    «Ja, was
ist?»
    Mr. Comyn
legte das Päckchen sorgfältig auf den Tisch.
    «Verstehe
ich Sie richtig, Mylord – Sie billigen also meine

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