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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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hervorbrachte.
    Der Marquis
lächelte flüchtig und wollte Sophia gerade aus der Loge führen, als sein Blick
zufällig Miss Challoners hochrote Wangen streifte. Was, zum Teufel, hatte das
Mädchen für einen Grund zu erröten? Sie schaute auf, als spürte sie, daß er sie
ansah. Er las in ihren Augen eine solche Verachtung, daß er Sophia nach
Verlassen der Loge sofort fragte, was er getan hätte, um das Mißfallen ihrer
Schwester zu erregen.
    Sie zuckte
ihre reizenden Schultern. «Oh, Mary ist eben mit Ihrem schrecklichen
Lebenswandel nicht einverstanden, Mylord.»
    Er war
einen Moment ehrlich überrascht, denn nichts an Sophia noch an ihrer Mutter,
oder ihren Verwandten hatte ihn auch nur andeutungsweise vermuten lassen, daß
die älteste Schwester zur Sittenstrenge neigte. Mrs. Challoner hielt er für
eine ältliche Harpyie, und die Matchams waren schlicht und einfach vulgär. Er
schloß seine Finger um Sophias rechte Hand, die auf seinem Arm ruhte. «Sie ist
wohl sehr tugendhaft, nicht? Und Sie? Sind Sie ihr in dieser Hinsicht ähnlich?»
    Sie hob den
Blick zu ihm empor und sah in seinen Augen eine Glut, die sie erschreckte und
gleichzeitig mit Genugtuung erfüllte, und dieser Widerstreit der Gefühle
offenbarte sich in einem bezaubernden Wechselspiel von Rot und Blaß auf ihren
Wangen. Der Marquis überzeugte sich rasch, daß sich niemand auf dem verlassenen
Korridor näherte, und riß sie heftig an sich. «Einen Kuß nur!» sagte er mit vor
Leidenschaft plötzlich heiserer Stimme und suchte mit seinen Lippen ihren Mund.
    «Oh,
Mylord!» protestierte sie schwach und unternahm einen zaghaften Versuch, sich
aus seinen Armen zu befreien. «Nein, nein, das dürfen Sie nicht!»
    Er hielt
sie mit hartem Griff um die Taille, faßte ihr mit der freien Hand unters Kinn
und zwang sie, ihn anzuschauen. «Du kannst nicht ewig mit mir Katz und Maus
spielen, meine Schöne. Ich will dich. Kommst du zu mir?» Die direkte Attacke
brachte sie in Verlegenheit. «Ich – ich weiß nicht, was Sie meinen», stotterte
sie verwirrt, aber er fiel ihr ins Wort: «Was ich meine? Nun, beileibe nichts
Ehrenhaftes! Denk daran, mein süßer Liebling, denn ich schwindle weder am
Kartentisch noch in der Liebe!»
    Ihre Lippen
formten ein lautloses, erstauntes «Oh!», und als er sie wieder küßte, konnte
sie teils aus Nervosität (denn er hatte ihr keinen geringen Schrecken
eingejagt), teils aus Koketterie ein Kichern nicht unterdrücken, und im
Bewußtsein, sein Ziel erreicht zu haben, lachte er ebenfalls, wobei sie trotz
ihrer sonstigen Nüchternheit den verrückten Eindruck hatte, daß dabei kleine
Teufel in seinen Augen tanzten. «Ich sehe, wir verstehen uns», sagte er. «Und
jetzt hör mir gut zu. Vermutlich weißt du, was gestern abend geschehen ist.
Unter Umständen werde ich für eine Weile das Land verlassen müssen.»
    Sie stieß
einen kleinen bestürzten Schrei aus. «Das Land verlassen? O nein, Mylord!»
    «Keine
Angst, wir trennen uns nicht, mein Schatz, das verspreche ich dir. Hast du
Lust, mich nach Paris zu begleiten?»
    Sie
errötete vor Überraschung bis an die Haarwurzeln.
    «Paris!»
sagte sie atemlos. «Oh, Vidal! Mylord! Paris!»
    Es klang
wie ein Zauberwort – rauschende Feste, schöne Kleider, Schmuck – alles, was sie
vom Leben ersehnte. Er las ohne Schwierigkeit ihre Gedanken. «Ich bin reich –
du sollst all die schönen Dinge haben, die deine eigene Schönheit verdient. Ich
werde ein Palais für dich mieten, in dem du für meine Freunde die Gastgeberin
spielst. In Frankreich versteht man solche Arrangements, ich kenne ein Dutzend
derartiger Fälle. Kommst du mit mir?»
    Ihre
angeborene Starrköpfigkeit hinderte sie daran, sofort einzuwilligen, aber ihre
Phantasie ging bereits mit ihr durch. Sein Angebot lockte sie, und sie dachte,
sie könnte im Grunde leichten Herzens auf das Band der Ehe verzichten, wenn sie
dafür die Möglichkeit hatte, in Paris zu leben, wo man, wie Vidal versicherte,
ohnehin nichts an dieser Art von Übereinkünften fand. «Wie kann ich Ihnen jetzt
schon antworten, Mylord? Sie – Sie haben mich überrumpelt. Geben Sie mir
Zeit!»
    «Tut mir
leid, du mußt dich entscheiden – hier und auf der Stelle. Wenn Quarles stirbt,
heißt das für mich: Leb wohl, England. Also, entweder ein klares Ja – oder ein
Kuß zum Abschied.»
    Sie wußte
in diesem Moment nur eines, aber das wußte sie genau: sie würde nicht zulassen,
daß er ihr durch die Finger schlüpfte. «Nein, nein, so grausam können

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