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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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und drapierte einfach den Mantel
darüber. So verließ sie zufrieden ihr Zimmer und ging in den Salon hinunter,
den Seine Lordschaft gemietet hatte.
    Er stand
mit einem Glas in der Hand am Kamin. Plötzlich begriff sie, warum seine Augen
so seltsam glitzerten; Seine Lordschaft hatte getrunken und verspürte offenbar
noch keine Lust, in absehbarer Zeit damit aufzuhören.
    Sie warf
ihm hastig einen Blick zu, ging dann zum Tisch hinüber und nahm Platz, wobei
sie die Pistole unter ihren Röcken verbarg, während sie den Mantel über die
Stuhllehne legte.
    «Sie hatten
wirklich recht, Sir», bemerkte sie höflich. «Wenn ich eine Kleinigkeit esse,
werde ich mich gleich wohler fühlen.»
    Er
schlenderte zu seinem Stuhl und setzte sich. «Siehst aus, als würdest du was
brauchen, das dich wärmt», sagte er. «Willst du bei meinem Burgunder mithalten
oder lieber einen Ratafia?»
    «Danke,
Mylord, ich möchte Wasser», sagte Miss Challoner bestimmt.
    «Ganz wie's
beliebt», meinte er achselzuckend und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, um
sie ungeniert zu betrachten.
    Der
Eintritt eines livrierten Lakaien, der von einem Hoteldiener gefolgt war,
brachte eine willkommene Ablenkung. Der verschwiegen aussehende Livrierte
begann das Mahl zu servieren und überraschte Miss Challoner, indem er sie in
ihrer Muttersprache anredete.
    «Ich reise
immer mit eigenem Personal», erklärte der Marquis, als er ihre Verblüffung
bemerkte.
    «Ein
angenehmer Luxus, Sir», lautete ihr Kommentar.
    Sie nahm
ein ausgezeichnetes Diner ein und hielt für die Ohren von Mylords Diener eine
ungezwungene Konversation in Gang. Der Marquis leerte seine Flasche Burgunder
und ließ sich eine zweite bringen. Miss Challoner sank der Mut, doch der Wein
schien nur die Zunge Seiner Lordschaft zu lösen. In seinem Benehmen lag vielleicht
eine gewisse Keckheit, aber er war weit davon entfernt, betrunken zu sein.
    Miss
Challoner, der vor dem unvermeidlichen Tête-à-tête schauderte, trödelte mit dem
Konfekt herum. Als sie endlich mit ihrer Mahlzeit fertig war, gab der Marquis
seinem Diener ein Zeichen, der daraufhin seinerseits dem französischen
Domestiken bedeutete, er möge den Tisch abräumen. Vidal stand auf und
schlenderte wieder zum Kamin. Miss Challoner rührte sich nicht vom Fleck. Sie
rückte nur ihren Stuhl etwas vom Tisch ab.
    «Haben
Mylord noch einen Wunsch?» fragte der Diener.
    «Nein»,
antwortete Vidal.
    Der Mann
zog sich mit einer Verbeugung zurück.
    «Komm her»,
sagte Vidal sanft.
    «Zuerst muß
ich Ihnen noch etwas erklären, Mylord», erwiderte Miss Challoner ruhig.
    «Lieber Gott,
Mädchen, glaubst du, ich habe dich nach Frankreich mitgenommen, um mich an
deiner schönen Stimme zu ergötzen?» fragte Vidal spöttisch. «Ich möchte
wetten, daß du nicht so dumm bist, dir das einzubilden!»
    «Möglich»,
gab Miss Challoner zu. «Aber trotzdem bitte ich Sie, mich anzuhören. Sie wollen
mir doch hoffentlich nicht weismachen, Sie hätten sich plötzlich in mich
verliebt.»
    «Verliebt?»
fragte er verächtlich. «Nein, mein Schatz, ich bin in dich ebensowenig verliebt
wie in deine hübsche Schwester. Aber du hast dich mir an den Hals geworfen,
und, zum Teufel noch einmal, ich werde dich nehmen!» Er musterte sie
abschätzend. «Du hast eine blendende Figur, meine Liebe, und soweit ich das
beurteilen kann, auch mehr Hirn als Sophia. Natürlich bist du nicht so schön
wie sie, aber alles in allem kann man zufrieden sein.»
    Sie blickte
ihn ernst an. «Mylord, wenn Sie mich nehmen, dann doch nur, um sich zu rächen.
Habe ich wirklich eine so harte Strafe verdient?»
    «Sehr
schmeichelhaft für mich», spottete er.
    Sie stand
auf und versteckte die Pistole hinter ihrem Rücken. «Lassen Sie mich gehen»,
sagte sie. «Sie wollen mich nicht, und ich finde, Sie haben mich schon genug
bestraft.»
    «Oh, das
ist es also?» fragte er. «Es stört dich, daß ich Sophia lieber hatte? Denk
nicht mehr daran–ich habe das Hürchen schon vergessen.»
    «Mylord»,
sagte sie verzweifelt, «glauben Sie mir, ich bin nicht das, wofür Sie mich
halten.»
    Er brach in
wildes Gelächter aus, und sie begriff, daß sie, wenn er sich in dieser Stimmung
befand, keinen Eindruck auf ihn machen konnte.
    Als er auf
sie zukam, zog sie blitzschnell die Pistole hinter ihrem Rücken hervor und
legte auf ihn an. «Bleiben Sie stehen!» befahl sie. «Noch ein Schritt, und ich
schieße Sie nieder!»
    Vidal
erstarrte. «Wo hast du denn die her?»
    «Aus Ihrer
Kutsche»,

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