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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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Unschuldsmiene dasaß und
wartete. «Sie verstehen nicht, Madam», sagte Mrs. Challoner schließlich.
    «Ganz gewiß
nicht sogar. Sie behaupten, mein Sohn hätte Ihre Tochter gewaltsam entführt. Eh
bien, nun will ich von Ihnen wissen, wie das mitten in London möglich sein
soll. Ich finde, M. le Marquis muß ungeheuer schlau zu Werke gegangen sein,
wenn es ihm gelang, eine so schwierige Aufgabe zu lösen.»
    Mrs.
Challoner wurde krebsrot. «Madam! Ich muß doch sehr bitten!»
    «Hat es
sich denn nicht so verhalten?»
    «Oh, ich –
ja doch, er hat sie entführt, und ich verlange Gerechtigkeit, das betone ich
noch einmal!»
    «Auch ich
will, daß Ihnen Gerechtigkeit widerfährt», sagte die Herzogin sanft, «aber ich
bin nicht dumm, Madame, und wenn Sie mir gegenüber das Wort 'entführt'
gebrauchen, so sprechen Sie damit etwas aus, was ich keineswegs glaube. Wenn
Ihre Tochter wirklich nicht wollte, hätte sie schreien können, und mir scheint
doch, sie durfte hoffen, daß sie in London jemand hören und ihr zu Hilfe eilen
würde.»
    «Ich sehe,
Madam, Sie sind noch nicht vollständig im Bilde. Sie müssen nämlich wissen,
Seine Lordschaft wollte gar nicht Mary, sondern meine kleine Sophia hier. Fast
täglich ist er in mein Haus gekommen, und ich fürchte, er hat dem Kind total
den Kopf verdreht. Es macht mich schamrot, es Euer Gnaden zu gestehen, aber er
versuchte Sophia zu verführen – natürlich ohne daß ich die geringste Ahnung
davon hatte. Ich weiß nicht, was für Lügen er ihr erzählte, aber er hatte alles
geplant, um mit ihr zu fliehen. Ich habe sie sehr streng erzogen, Madam, und
wie sollte sie sich da träumen lassen, daß er etwas anderes als eine Heirat im
Sinn hatte? Sie dachte, er würde sie nach Gretna Green bringen. Oh, ich will
gar nicht bestreiten, daß das schrecklich dumm von ihr war, aber welches
Mädchen hat schließlich keine romantischen Hirngespinste! Noch dazu, wo man
nicht weiß, ob er ihr nicht das Blaue vom Himmel versprochen hat. Nein, Sophy,
sei still!»
    Léonie
schaute die entrüstete Sophia an und lächelte. «Sie zeigen mir meinen Sohn in
einem ganz neuen Licht», sagte sie. «Ich habe bisher nie erlebt, daß er sich so
echauffiert hat. Anscheinend war er en désespéré in Sie verliebt.»
    «Und wie er
in mich verliebt war!» sagte Sophia mit erstickter Stimme. «Er hat Mary nie
beachtet! Nie!»
    «Halt den
Mund, Sophy! Nicht, daß es nicht wahr wäre, Madam. Seine Lordschaft war
wirklich ganz verrückt nach ihr. Aber Mary hatte es sich in den Kopf gesetzt,
daß er sie zu etwas ganz anderem machen wollte als zu seiner Ehefrau, und
deshalb hat sie sich freiwillig geopfert, um ihre Schwester davor zu bewahren.»
    «Ein nahezu
unglaublicher Edelmut, Madame. Und wie hat sich diese Aufopferung konkret
abgespielt?»
    Mrs.
Challoner streckte dramatisch die Hände aus. «Sie hat sich an Sophias Stelle
mit Seiner Lordschaft getroffen. Es war Nacht, und außerdem war sie maskiert,
denn Sophia merkte, daß eine alte Lu-Maske aus ihrer Schublade fehlt. Was sie
genau vorhatte, weiß ich nicht, aber auf jeden Fall wollte sie zurückkehren,
Euer Gnaden. Das alles ist nun schon fünf Tage her, und bis jetzt habe ich kein
Lebenszeichen von meinem armen Kind. Seine Lordschaft hat sie bestimmt nach
Frankreich mitgenommen.»
    «Tatsächlich?»
sagte Léonie. «Sie sind ausgezeichnet informiert, Madame. Wer hat Ihnen
verraten, daß M. le Marquis nach Frankreich gereist ist? Das war nämlich kaum
jemandem bekannt.»
    Mrs.
Challoner warf Sophia einen bestürzten Blick zu. «Ich habe es Mama gesagt», gab
Sophia trotzig zu.
    «Aber das
ist ja hochinteressant, Mademoiselle! Sie dachten also, en e f f et, er
würde Sie nach Schottland bringen, während er Ihnen sagte, sein Ziel sei
Frankreich?»
    «Ich sehe,
Eure Gnaden haben alles erraten!» seufzte Mrs. Challoner resigniert. «Sophia,
geh hinaus. Ich muß Ihre Gnaden unter vier Augen sprechen.»
    «Ich bleibe
hier», antwortete Sophia störrisch. «Du willst, daß Vidal Mary heiratet, und
das ist gemein! Mich liebt er, mich, mich, mich! Sie hat ihn mir gestohlen, das
falsche Biest, aber sie soll ihn nicht kriegen!»
    «Ah,
allmählich begreife ich!» rief Léonie. «Nicht mein Sohn hat Ihre Tochter
entführt, sondern sie ihn! Mein Kompliment, ein tüchtiges Mädchen!»
    «Unsinn!»
mischte sich Mrs. Challoner ein. «Leider stimmt es, daß Sophia mit Mylord nach
Frankreich fliehen wollte, so peinlich es auch für mich ist, das einzugestehen.
Aber jedes

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