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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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verletzt hat, doch Sie dürfen nicht vergessen, daß sie ebenso
eigenwillig wie hübsch ist und ein vielleicht törichtes Vergnügen daran findet,
andere Menschen mit ihren Launen zu reizen. Mit dem Gentleman, von dem Sie
sprachen, meinen Sie sicher den Vicomte de Valmé. Ich glaube, seinetwegen
brauchen Sie nicht beunruhigt zu sein, Mr. Comyn. Der Vicomte ist zweifellos
ein amüsanter Mann, dessen Bewunderung zu erregen bestimmt jeder Frau schmeichelt.
Aber letzten Endes ist er doch nichts als ein Schwätzer, und ich kann mir keine
Sekunde lang vorstellen, daß er Juliana auch nur das geringste bedeutet.»
    «Sie kennen
den Vicomte, Madam?» fragte Mr. Comyn hastig.
    «Ja, Sir,
ich bin ihm einmal begegnet.»
    Mr. Comyn
sagte mit mühsam beherrschter Stimme: «Sie leben nun zwei Tage in diesem Haus,
Madam, und wie ich von Juliana hörte, gehen Sie nicht aus. Ich nehme daher an,
daß Sie den Vicomte hier getroffen haben – innerhalb der letzten
achtundvierzig Stunden.»
    «Und selbst
wenn das der Fall wäre, Sir», antwortete Miss Challoner vorsichtig, «was könnte
Sie daran vergrämen?»
    «Oh, nur
die Tatsache», sagte Mr. Comyn scharf, «daß Juliana abgestritten hat, de Valmé
hätte sie hier besucht.»
    Miss
Challoner schwieg schuldbewußt, und der nunmehr ziemlich blasse Mr. Comyn fuhr
mit beißendem Sarkasmus fort: «Es paßt alles wunderbar zusammen. Ich bat
Juliana, sozusagen als Beweis ihrer Liebe zu mir nicht auf den Ball zu gehen,
den die Eltern des Vicomte heute abend geben. Ich armer Narr dachte nämlich,
sie damit auf keine allzu harte Probe zu stellen, aber wie es scheint, habe ich
mich geirrt. Juliana hat mit mir nur gespielt – fast hätte ich gesagt
geflirtet.»
    Miss
Challoner, die das Gefühl hatte, es sei an der Zeit, daß sich jemand des
jungen Paares annahm, überhäufte Mr. Comyn mit guten Ratschlägen, was die
Behandlung einer verzogenen Schönheit betraf. Sie versuchte ihm klarzumachen –
allerdings mit mäßigem Erfolg, da ihr selbst das Verständnis dafür fehlte –,
daß auch der leiseste Hauch von Widerstand Juliana in ihrem grenzenlosen Trotz
nur dazu verleiten würde, die Dinge auf die Spitze zu treiben, woran auch ein
ernster Vorwurf nichts ändern, sondern lediglich das Gegenteil bewirken
konnte. «Sie ist romantisch, Mr. Comyn, und wenn Sie ihr imponieren wollen,
müssen Sie ihr zeigen, daß Sie ein Mann sind, der sich nicht auf der Nase
herumtanzen läßt. Wie ich sie kenne, wäre sie begeistert, wenn Sie mit ihr
durchbrennen würden, aber Sanftmut und Respekt – das geht ihr auf die Nerven.»
    «Demnach
schlagen Sie im Ernst vor, Madam, ich soll Miss Marling entführen? Ich fürchte,
in derlei Dingen fehlt mir die Erfahrung. Mit ihrem Cousin, dem Marquis von
Vidal, wäre sie in dieser Hinsicht entschieden besser bedient.»
    Miss
Challoner schlug errötend die Augen nieder. Als Mr. Comyn die Tragweite seiner
Worte zu Bewußtsein kam, errötete er ebenfalls und bat sie um Verzeihung.
«Sogar als sie mir selbst den Gedanken unterbreitete, war ich damit nicht
einverstanden», fügte er hastig hinzu. «Aber da sie es für die beste Lösung
hielt und mich ein Mitglied ihrer Familie noch darin bestärkte, überwand ich
meine Skrupel und kam eigens in der Absicht nach Paris, eine heimliche Heirat
zu arrangieren.»
    «Nun, dann
tun Sie's doch», riet ihm Miss Challoner mit aufmunterndem Lächeln.
    «Das habe
ich bereits, Madam. Hier in meiner Tasche steckt ein Zettel mit der Anschrift
eines englischen Geistlichen, der sich auf der Durchreise nach Italien
befindet, und ich kam heute abend her, um Juliana zu sagen, daß wir nicht
länger warten müssen. Doch was höre ich? Daß sie trotz meiner ausdrücklichen
Bitte auf einen Ball gegangen ist, dessen hauptsächliche, ja einzige Attraktion
in der Anwesenheit des Vicomte de Valmé besteht. Madam, ein solches Betragen
kann ich nur als im höchsten Grade herzlos bezeichnen.»
    Miss
Challoner schenkte diesen letzten anklagenden Worten kaum Beachtung, sondern
fragte ziemlich atemlos: «Sie haben einen englischen Geistlichen ausfindig
gemacht? O bitte, Sir, weiß Lord Vidal davon?»
    «Nein,
Madam, ich ...»
    «Dann sagen
Sie ihm nichts!» rief Mary in beschwörendem Ton, indem sie ihre Hand auf die
seine legte. «Wollen Sie mir das versprechen?»
    «Madam, ich
bedaure unendlich, aber Sie sind im Irrtum – es war Lord Vidal, von dem ich es
erfahren habe.»
    Marys Hand
sank schlaff herab. «Wann hat er Ihnen das

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