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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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hätte ich nie vermutet!» Er wartete eine Minute, aber Sir
Montagu sagte weder etwas, noch bewegte er sich. Da lachte Sherry verächtlich
auf und schritt aus dem Zimmer.

17
    Als den beiden besten Freunden nach und
nach klar wurde, daß sich seine Verstimmung gegen Sir Montagu anstatt zu
verringern, wie sie betrübt angenommen hatten, zu etwas entwickelte, das den Stempel
unversöhnlicher Feindschaft trug, waren sie so überglücklich, daß es einige
Zeit dauerte, bis sie sich die Mühe nahmen, nach dem Grund eines so
vollständigen Bruchs dieser höchst unerwünschten Freundschaft zu forschen.
Dabei fiel es Mr. Ringwood auf, daß der Viscount nicht mehr so unbeständigen
Geistes war wie ehedem; und bei passender Gelegenheit, als er mit seinem Freund
in dessen Bibliothek saß und einen Burgunder kostete, den Sherry eben erworben
hatte, fragte er schlicht: «Etwas nicht in Ordnung, lieber alter Junge?»
    Sherry sah
überrascht auf. «Nein. Was sollte nicht in Ordnung sein?»
    «Darüber
habe ich eben nachgedacht. Habe nicht die Absicht, meine Nase in deine
Angelegenheiten zu stecken. Dachte bloß, du wärest nicht in der gewohnten guten
Laune. Sehr anständiger Wein, das.»
    «Was meinst
du mit meiner gewohnten guten Laune? War nie in einer besseren, Gil.»
    «Nun, wenn
ich darüber nachdenke, so kann ich eigentlich nicht sagen, was ich meine. Habe
mir etwas in den Kopf gesetzt. Tue ich manchmal. Glaube, es war, weil du
gestern abend so zeitig von Watier weggingst. Sieht dir gar nicht ähnlich. Du
bist doch nicht in irgendeiner Verlegenheit, Sherry?»
    «O Gott,
nein. Tatsache ist, daß ich nicht in Verlegenheit kommen möchte. Ich habe mit
meinem Finanzberater gesprochen, und der langen Rede kurzer Sinn ist, daß ich
ziemlich tief in der Tinte sitze, und das kann ich nicht verantworten. Es hat
noch nichts zu sagen, aber das eine kann ich dir versichern, ich habe nicht die
Absicht, Tallertons Weg zu gehen.»
    «Sherry,
ich bin verteufelt froh darüber», sagte Mr. Ringwood. «Habe es nie gern
gesehen, wenn du dich von Revesby in seine Spielhöllen schleppen ließest.
Falschspieler und Betrüger, mein Junge, nichts anderes!»
    «Du wirst
mich nie wieder mit ihm in eine Spielhölle gehen sehen oder überhaupt
irgendwohin», sagte Sherry in schneidendem Ton.
    Mr.
Ringwood begegnete seinen flammenden blauen Augen mit fragendem Blick. «Mit
dem Burschen Streit gehabt, Sherry?»
    Sherry
lachte kurz auf. «Ich versuchte ihn zu fordern. Ich gab ihm alle Schimpfnamen,
die mir auf die Zunge kamen. Bei Jupiter! Ich schlug ihm sogar ins Gesicht! Er
ist feige! Ich sagte auch das – und er schluckte es mit allem übrigen!»
    «Das traue
ich ihm zu», sagte Mr. Ringwood. «Aber warum wolltest du ihn fordern, alter
Junge? Doch nicht wegen des Babys?»
    «Wegen des
Babys? Ach, das. Himmel, nein.»
    Mr.
Ringwood hielt ein taktvolles, aber durchaus nicht hoffnungsloses Schweigen
aufrecht. Sherry füllte die Gläser nach, trat ans Feuer und rückte mit seinem
gestiefelten Fuß einen Holzklotz zurecht. Dann sah er zu seinem Freund hinüber.
«Das kann nicht so weitergehen, Gil.»
    «Kannst
dich auf mich verlassen, lieber Junge.»
    «Ja, das
weiß ich. Ich würde mit dir nicht darüber sprechen, wenn es nicht so wäre.
Betrifft meine Frau.»
    Mr.
Ringwood setzte sich mit entsetzter Miene auf. «Du willst mir doch nicht
erzählen, daß dieser üble Kunde ...»
    «Nein,
nein, so schlimm ist es denn doch nicht», sagte Sherry rasch. Er ließ sich auf
der anderen Seite des Kamins nieder und erzählte seinem Freund mit einigen
gutgewählten Worten genau das, was sich ereignet hatte, während er sich in
Newmarket aufhielt.
    Mr.
Ringwood hörte aufmerksam zu und gab in Zwischenräumen unartikulierte Laute
von sich, die seine Bestürzung ausdrückten. Er zögerte nicht, der Deutung
beizupflichten, die der Viscount dieser Episode gab. Er sagte, es sei ebenso
einleuchtend wie die Tatsache, daß man eine Nase mitten im Gesicht habe; und
als er erfuhr, daß Sir Montagu alles leugnete, stieß er einen höhnischen Laut
aus. Zu diesem Zeitpunkt mußten die Gläser neuerlich gefüllt werden, und als
sich der Viscount dessen angenommen hatte, verbrachten beide Herren eine
angenehme halbe Stunde damit, sich verschiedene Zwischenfälle in Sir Montagus Karriere
ins Gedächtnis zurückzurufen, die ihm durchaus keine Ehre machten; und der
freimütige Austausch ihrer Ansichten über seinen Charakter und seine Moral
wurde im selben Verhältnis lästerlicher,

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