Georgette Heyer
ich für sie verantwortlich bin. Ich hätte nie so verrückt
sein dürfen, ein junges Ding direkt aus dem Schulzimmer zu heiraten, das ist
die ganze Wahrheit!»
Mr.
Ringwood sah ihn durchdringend an. «Du wünschst wohl, Sherry, du hättest es
nie getan?»
«Ich
wollte, ich hätte überhaupt nicht geheiratet», sagte Sherry mürrisch. «Tu's ja
nicht, Gil. Es verursacht bloß Scherereien und Ängste, und das Teuflische dabei
ist, daß du es nicht ändern kannst und – nein, daß man es nicht einmal ändern
will! Ich glaube, es verhält sich so, daß sich ein Mann daran gewöhnt, eine
Frau zu haben, obwohl er es vielleicht nicht glaubt, und dann – zum Henker,
Gil, ich vermisse sie mehr, als ich sagen kann!»
«Ich
glaube, daß sie zu dir zurückkommen wird», sagte Mr. Ringwood, so
gleichgültig er konnte.
«Ja, das
sage ich mir ja selbst, und manchmal glaube ich es auch. Es ist ja auch
möglich, daß sie mir nur einen Streich spielen will, denn sie war immer das
ausgelassenste Ding, das man sich vorstellen kann. Aber dann glaube ich es
wieder nicht und beginne nachzudenken, in welche Verlegenheit sie jetzt geraten
sein könnte – es überrascht mich also durchaus nicht, daß ich nicht schlafen
kann. Wenn ich nur die geringste Ahnung hätte, wo ich sie suchen soll!» Er fuhr
sich mit der Hand durch seine blonden Locken. «Isabella ist wieder in der
Stadt, so hat man mir wenigstens erzählt. Vielleicht kann sie mir helfen, denn
sie kennt das Kätzchen seit ihrer Kindheit. Ich habe ihr ein Billett geschickt
und angefragt, ob sie mich unter vier Augen empfangen will. Ich weiß nicht, ob ich ihr so
weit vertrauen kann, daß sie die Wahrheit nicht in der ganzen Stadt ausposaunt,
aber wenn das Kätzchen nicht bald zurückkommt, wird es ja doch durchsickern,
also glaube ich, kann es weiter nicht schaden.»
Mr.
Ringwood, der sich nach dieser Unterredung rechtzeitig wieder verabschiedete,
war mit dem, was er gehört hatte, nicht unzufrieden. Er erzählte Lord Wrotham,
er glaube, die Angelegenheit würde sich ziemlich gut lösen, und stimmte eifrig
gegen den Vorschlag Seiner Lordschaft, daß es an der Zeit wäre, Sherry die
Wahrheit zu sagen. «Verdammt, Gil, ich dulde das nicht länger!» sagte George.
«Du weißt eben nicht, wie ein Mann leidet, wenn die Frau, die er liebt ...»
«Es liegt
kein Grund vor, zu glauben, daß Sherry das Kätzchen liebt.»
«Ich
glaube, er liebt sie. Er sieht verteufelt schlecht aus, er geht nicht auf die
Jagd, fährt nicht zum Rennen, ja er sieht nicht einmal zu Watier hinein!»
«Kann ihm
nicht schaden», sagte Mr. Ringwood ungerührt von dieser ergreifenden Schilderung.
«Ich glaube in der Tat, du hast recht, wenn du sagst, daß er sie liebt. Aber er
weiß es noch nicht, und es wäre am besten, wenn er selbst draufkäme. Sprach
noch heute davon, er möchte ihr den Hals umdrehen. Hat noch eine hübsche
Strecke zu gehen, mein lieber George.»
George war
über die Idee, daß jemand Hero den Hals umdrehen möchte, so empört, daß er
keinen weiteren Versuch unternahm, Mr. Ringwood Sherry gegenüber milder zu
stimmen. Der einzige Umstand, der ihm noch Sorgen bereitete, war, wie er sagte,
die Verzweiflung, in der sich Hero befand. Mr. Ringwood stimmte dem zu, sagte
aber, es sei für die arme kleine Seele besser, kurze Zeit unglücklich zu sein,
als sich Sherry zu entfremden, was sich, wie er gefürchtet, vielleicht ereignet
hätte, wäre diese merkwürdige Ehe in dieser unbefriedigenden Weise fortgesetzt
worden. Außerdem konnte er George versichern, daß Lady Saltash sofort Gefallen
an ihr gefunden habe und dem Eingreifen des Enkels, nachdem sie die ganze
Geschichte der Heirat vernommen hatte, ihr uneingeschränktes Lob ausgesprochen
habe.
In
Wirklichkeit hatte Mylady folgendes gesagt: «Du bist gar kein so großer Narr,
wie ich geglaubt habe, Gilbert. Du brauchst mir nicht zu erzählen, was Anthony
sagte oder tat. Ich habe das Bürschchen schon gekannt, ehe es die ersten Hosen
trug. Ein liebenswürdiger Strick, weiter nichts! Fahr nach London zurück und
nimm dieses törichte Geschöpf, den Ferdy Fakenham mit, denn wenn mich irgend
jemand zappelig machen kann, dann ist er es.»
Als Sherry
Miss Milborne besuchte, fand er, daß sie weder so blendend aussah wie
gewöhnlich noch so heiter war. Da seine Gedanken aber ausschließlich mit seinen
eigenen Sorgen beschäftigt waren und er auch sonst über keine sonderliche
Beobachtungsgabe verfügte, fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf, und er
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