Georgette Heyer
brachte
sie nach London zurück, und dort drängten sich Mrs. Milborne die üblen Folgen,
die sich daraus ergaben, daß Isabella Seiner Gnaden einen Korb gegeben hatte,
mit voller Wucht auf. Sie erfuhr die Wahrheit durch das diskret verhüllte.
Lächeln, das jegliche Anspielung auf die Affäre begleitete, und war tief
gekränkt und gedemütigt. Die vornehme Welt hegte nicht den geringsten Zweifel,
daß die Mutter Seiner Gnaden durch subtilste Mittel gesiegt hatte und daß die
Rückkehr der Milbornes nach London ihre Niederlage bestätigte.
Miss
Milborne war sich dieses peinlichen Umstandes ebenso bewußt wie ihre
Mutter. Sie hatte ihn vorausgesehen, und es hatte einen beträchtlichen Grad
von Mut und Entschlossenheit erfordert, um den Antrag des Herzogs abzulehnen.
Was sie aber nicht vorhergesehen hatte, war die Tatsache, daß auch Lord Wrotham
dem allgemeinen Irrtum verfallen könnte.
Aber genau
das war es, was diesem stürmischen jungen Mann widerfahren war, und es führte
allem Anschein nach zu einem Umschwung seiner Gefühle. Anstatt über die
Rückkehr der Beauté nach London in unverlobtem Zustand erleichtert und befriedigt
zu sein, lachte er auf rauhe und bittere Weise und machte einige so beißende
Bemerkungen, daß sie fast einer Beleidigung gleichkamen. Seine Worte wurden
natürlich weitergegeben und kamen nach einiger Zeit auch Miss Milborne zu
Ohren. Sie hatte die größte Lust, George dafür zu ohrfeigen, da er ihr aber
nicht in die Nähe kam, war sie außerstande, diesen Wunsch zu befriedigen. Nach
einiger Zeit ruhiger Überlegung mußte sie sich eingestehen, daß sie bis zu
einem gewissen Grade schuld sein könnte, daß George abscheulicherweise so
wenig Vertrauen in sie setzte, und anstatt ihn auch jetzt noch ohrfeigen zu
wollen, hätte sie viel dafür gegeben, Gelegenheit zu haben, ihm alles erklären
zu können. Sie gab George alle jene Zeichen der Ermutigung, die eine sittsame
junge Dame einem Gentleman geben konnte, aber er empfing sie mit
herabgezogenen Mundwinkeln und mit vor Verachtung sprühenden Augen. Miss
Milborne, die sich eingebildet hatte, sie könne ihn ungestraft wie einen
verlaufenen Hund behandeln, erlitt durch sein Verhalten eine schwere
Erschütterung und wurde zwischen Empörung und seltsamer Befriedigung hin- und
hergerissen, daß er schließlich doch nicht nach ihrer Pfeife tanzte, so wie es
ihr beliebte.
Doch der
Umstand, daß sie in viel zu rascher Folge drei so hervorragende Bewerber wie
Mylord Sheringham, Seine Gnaden von Severn und Mylord Wrotham verloren hatte,
war ein Unglück, das in der Tat schwer zu ertragen war. Als der ernsthafteste
Bewerber um ihre Hand kam jetzt nur ein Baronet in Betracht, denn sie wußte
sehr gut, daß Bewunderer wie der Honourable Ferdy Fakenham ihr den Hof
machten, weil es so Mode war, daß sie damit aber weiter keine wirklich
ernstlichen Absichten verbanden. Sir Montagu Revesbys unablässige und ständig
zunehmende Aufmerksamkeiten waren nur ein gelinder Balsam für ihr wundes
Gemüt. Als aber Mrs. Milborne erklärte, daß es besser wäre, auf dem Lande zu
leben, da alles, was ihr pflichtvergessenes Kind in London zu tun für richtig
hielt, nur dazu diene, künftiges Glück in den Wind zu schlagen, erhob sie
keinen Widerspruch. Dieser Landaufenthalt mochte wie ein Rückzug aussehen, aber
nichts war demütigender, als gezwungenermaßen Zielscheibe der Teilnahme oder
des Amüsements der vornehmen Welt zu sein.
Also reiste
Miss Milborne nach Kent, um ihre Lebensgeister aufzufrischen. Lord Wrotham
stürzte sich eigensinnig in eine Vergnügungsjagd und führte überhaupt ein
äußerst verwegenes Leben; er verlor Unsum men an den Spieltischen; er tat
alles, um sich auf der Jagd den Hals zu brechen; er hielt, ohne im geringsten
zu zögern, jede Wette, die ihm angeboten wurde; er gab sich bei Long, bei
Limmer, im Daffy Club und an weiteren gleichartigen Plätzen Trinkorgien hin; er
zeigte sich vor den empörten Augen der Welt hintereinander mit allerlei
käuflichen Dämchen; seinen Freunden gegenüber betrug er sich äußerst gereizt
und aggressiv; und er veranlaßte vorsichtigere Gentlemen, sich aus seiner Nähe
zurückzuziehen, nachdem sie beobachtet hatten, daß er in Mantons Schießstätte
hintereinander ins Schwarze traf.
Inzwischen
war Sherry auf der Suche nach seiner verschwundenen Frau keinen Schritt
weitergekommen, er konnte aber auch nicht feststellen, daß er sich durch die
Gewohnheit mit ihrer Abwesenheit irgendwie auszusöhnen
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