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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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ihre erkrankte Schwiegermutter zu pflegen.
    Dem
Viscount wirbelte der Kopf unter diesem Schlag. Gewissensbisse, Angst und
Verzweiflung bemächtigten sich seiner; Bootle war ernstlich beunruhigt, als er
bemerkte, daß Seine Lordschaft die ganze Nacht in dem Zimmer verbrachte, das
Hero seine Bibliothek nannte, bald auf und ab gehend und bald, den Kopf in den
Händen vergraben, am Kaminfeuer sitzend. Er konsumierte an diesem Tag
beträchtliche Alkoholmengen, war aber nicht betrunken, als Bootle es wagte, am
frühen Morgen des folgenden Tages das Zimmer zu betreten; und das sei, so sagte
der Kammerdiener düster zu Bradgate, ein sehr schlimmes Zeichen.
    Der
Viscount sah ihn einen Moment verständnislos an, dann strich er sich mit der
Hand durch die zerwühlten Locken und sagte kurz: «Schikken Sie zu Stoke, man
soll ihm sagen, daß ich ihn sogleich zu sprechen wünsche.»
    Als Mr.
Stoke eintraf, erschrak er über das abgehärmte Aussehen seines Klienten. Er
hörte sich die unerfreuliche Geschichte schweigend an, die der Viscount ihm
erzählte, und empfing ohne äußerlich merkbare Beunruhigung den Befehl, alle
erdenklichen Mittel in Bewegung zu setzen, um Lady Sheringhams Aufenthaltsort
ausfindig zu machen. Er stellte dem Viscount einige Fragen und gab sich Mühe,
seine eigene Hoffnungslosigkeit zu verbergen; dann verabschiedete er sich mit
dem Versprechen, seine ganze Kraft einzusetzen, um Mylady zu finden.
    Der
Viscount wartete noch immer darauf, daß sein Finanzberater seine Existenz
rechtfertigte, als die Gräfinwitwe in London eintraf und ihn aufforderte, sie
im Hotel Grillon, wo sie abgestiegen war, zu besuchen: Er entdeckte, daß sie
sich in Begleitung von Miss Milborne befand, und erfuhr, daß der ungewöhnlich
feuchte Winter ihre zahlreichen rheumatischen Beschwerden derart verschlimmert
habe, daß ihr nichts anderes als eine Kur in Bath Heilung bringen könne. Auch
Miss Milborne, sagte sie, war einige Wochen kränklich gewesen. Dadurch sei sie
auf die Idee gekommen, das süße Geschöpf einzuladen, sie nach Bath zu
begleiten, um zu versuchen, welche Wirkung das Wasser auf sie habe, und um den
Platz von Mr. Paulett einzunehmen, der damit beschäftigt war, den Witwensitz
in bewohnbaren Zustand zu versetzen. Sie wünsche, daß der Viscount seine
Kindespflicht erfülle und sie auf ihrer gefahrvollen Reise begleite.
    Der
Viscount weigerte sich sogleich mit völlig unkindlicher Entschiedenheit. Er
erklärte, daß nichts ihn dazu bringen könne, London zu verlassen; und wenn
seine Mama glaube, sich in Gefahr zu befinden, von Straßenräubern
überfallen zu werden, dann würde sie sich überzeugen können, daß zwei Vorreiter
von weit größerem Nutzen wären als er selbst. Die Gräfinwitwe erhob sich von ihrem
Stuhl und sagte mit schwachem Lächeln, daß vielleicht jemand anderer die Macht
haben werde, seinen Sinn zu ändern, worauf sie aus dem Salon verschwand und ihn
mit Miss Milborne alleinließ.
    Der
Viscount starrte erst die geschlossene Tür, dann die Beauté an; Mißtrauen und
Zorn kämpften auf seinem Gesicht. «Was, zum Teufel ...?» fragte er heftig.
    Miss
Milborne erhob sich, ergriff seine Hand und sagte mit starker Empfindung: «Mein
armer Sherry, du siehst so elend aus. Hast du noch nichts von Hero gehört?»
    Er
schüttelte den Kopf. «Nicht eine Zeile. Ich habe meinen Finanzberater mit der
Suche nach ihr beauftragt. Habe ihm gesagt, wenn nötig, könne er die Polizei
alarmieren, obwohl ich das, weiß Gott, nicht gerne sähe. Aber was soll ich
sonst tun? Und jetzt kommt auch noch meine Mutter hierher und quält mich, sie
ausgerechnet nach Bath zu begleiten! Das eine sage ich dir, Bella, obwohl ich
dich keineswegs beleidigen will, wenn Mylady sich einbildet, daß du die Macht
hättest, mich zum Mitkommen zu überreden, dann hat sie sich nie im Leben einem
größeren Irrtum hingegeben.»
    Miss
Milborne lächelte. «Das weiß ich, Sherry. Ich war dir immer ganz gleichgültig.
Ich glaube, du hast Hero schon immer geliebt, obwohl du es vielleicht nicht
wußtest, bevor du sie verloren hattest.»
    Er erhob
sich und blickte auf sie hinunter. «Du behauptetest an dem Tag, an dem ich um
deine Hand anhielt, etwas ganz Ähnliches, und ich sagte dir damals, daß Severn
nie den Mut aufbringen würde, um dich anzuhalten. Wir sind ein unglückliches
Paar, nicht wahr?»
    Sie entzog
ihm errötend ihre Hand. «Sherry, wir kennen uns seit unserer Kindheit, und es
wäre mir unerträglich, wenn du glauben könntest, daß ich

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