Georgette Heyer
bißchen Eifersucht kann bei diesem Jungen Wunder wirken: er
war deiner viel zu sicher! Ich muß dir gestehen, meine Liebe, daß diese
Verelsts alle gleich sind. Genauso wie dieser Mops da. Wenn niemand den Wunsch
zeigt, seinem Knochen in die Nähe zu kommen, dann wette ich zehn zu eins, daß
er ihn nicht einmal anschaut. Legst du aber nur einen Finger darauf, dann kommt
ihm plötzlich zu Bewußtsein, daß es nichts auf der Welt gibt, was er heißer
begehrt, er wird knurren und die Zähne zeigen und ihn mit gesträubtem Haar
bewachen. Ich habe beschlossen, daß Anthony, wenn er hierherkommt, um dich zu
suchen, zu sehen bekommt, daß du hier recht erträglich lebst – und zwar ohne
ihn!»
Hero sah
sie unschlüssig an, aber die Vorstellung, daß Sherry kommen könnte, um sie
hier zu suchen, war so berauschend, daß sie keine weiteren Einwendungen gegen
das Programm erhob, das ihre weltkluge Gastgeberin ihr nun skizzierte.
Mr.
Ringwood, der im allgemeinen durchaus nicht als fleißiger Briefschreiber galt,
berichtete getreulich und regelmäßig über Sherrys Entwicklung. Hero vergoß
über diesen Briefen heimliche Tränen, und hätte sie nicht beschlossen, Sherry
Zeit zu geben, um sie, wenn er das wollte, zu vergessen, so hätte sie ihm schon
mindestens ein dutzendmal geschrieben, um ihn zu beruhigen. Als sie aber
hörte, er habe sich in eine Orgie der Fröhlichkeit gestürzt, hatte sie
tatsächlich das Gefühl, ihr Herz müsse brechen, und sie glaubte, daß er
aufgehört habe, sich über ihr Verschwinden Sorgen zu machen. Nachdem sie ihrer
Stimme wieder Herr geworden war, suchte sie Lady Saltash auf und trachtete zum
dritten- oder viertenmal die Frage anzuschneiden, ob sie sich nicht doch um
eine Stellung in einem Seminar für junge Damen bewerben solle. Mylady
unterbrach sie kurz. «Hero, laß diese gezierten Allüren vor mir! Was ist denn
geschehen, bitte, daß du schon wieder mit diesem Unsinn anfängst?»
«Es ist nur
– ich habe einen Brief von Gil bekommen, Madam, der – der ...»
Mylady
streckte ihre Hand, die ein wenig gichtgekrümmt war, befehlend aus. Nach einem
Moment der Unschlüssigkeit reichte ihr Hero den Brief. Lady Saltash las ihn
unbewegten Gesichts. «Geht wohl zum Teufel, was?» bemerkte sie. «Sieht ihm
ähnlich. Ist genau das, was ich erwartet habe. Bitte, was findest du in diesem
Brief – außer der beklagenswerten Orthographie –, das dich veranlaßt, ein so
langes Gesicht zu ziehen?»
«Madam,
glauben Sie nicht auch, daß Sherry mich ganz vergessen hat?» fragte Hero sehr
nachdenklich.
«Wie, weil
er sich wie ein trotziger Bub benimmt? Nichts dergleichen. Er hat einfach
beschlossen, es solle niemand merken, wie nahe es ihm geht, und am wenigsten du
selbst, meine Liebe. In der Tat, ich beginne auf diesen lästigen Jungen
Hoffnungen zu setzen. Leg den Brief weg, meine Liebe, und denk nicht mehr
daran. Ich habe gehört, daß wir das Stück, das im Theater Royal gegeben wird,
ziemlich amüsant finden werden. Habe die Güte und setz dich an meinen
Schreibtisch und schreib zwei kleine Billetts. Das eine an Sir Carlton Frome
und das andere an Mr. Jasper Tarleton; lade sie ein, mir die Ehre zu erweisen,
mich morgen abend ins Theater zu begleiten. Wir werden einen Bedienten an die
Kasse schicken, um eine Loge zu besorgen.»
Hero
gehorchte. Mitten in ihrer Beschäftigung unterbrach sie sich, blickte auf
und sagte: «Wenn Sherry sich unterhält, sehe ich schließlich nicht ein, warum
ich es nicht auch tun soll.»
«Ausgezeichnet!»
rief Mylady lachend. «Hast du die Absicht, Mr. Tarleton das
Herz zu brechen? Ich würde mich freuen, wenn es dir gelänge.» Hero lachte.
«Aber, Madam, er ist doch schon ein ganz alter Mann.»
«Ganz alt?!
Wenn er einen Tag älter ist als fünfunddreißig, will ich meine neue Perücke nie
wieder aufsetzen.»
«Nun denn,
eben zu alt, um ihm das Herz brechen zu können», verbesserte sich Hero. «Ich
kann ihn sehr gut leiden, weil er immer so freundlich und höflich ist und weil
er mich zum Lachen bringt.»
Lady
Saltash, die der verstohlenen Beobachtung ihres alten Freundes Jasper Tarleton
keine geringe Unterhaltung verdankte, weil er ganz dem unschuldigen Charme
ihres Schützlings verfallen war, warf ihr einen gedankenvollen Blick zu,
enthielt sich aber einer weiteren Bemerkung. Sie hatte für Mr. Tarleton eine
gewisse Schwäche, nachdem sie aber zahllose Male versucht hatte, ihn für dies
oder jenes heiratsfähige junge Mädchen zu interessieren, und alle
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