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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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Leben ein wenig Romantik zu
bringen, zu einer Tat geführt hatte, über die er nicht gerne eingehender
nachdachte, veranlaßte ihn andrerseits sein angeborenes gesetztes Wesen
paradoxerweise dazu, äußerst sorgfältig darauf zu achten, nicht mehr Anstoß zu
erregen, als unbedingt nötig war. Er hatte die Kutsche und das Gespann
tatsächlich wohlüberlegt in einem Stall gemietet, in dem man ihn nicht kannte,
und manchmal ertappte er sich dabei, feige zu hoffen, daß die Wahrheit über die
Art seiner Eheschließung der Allgemeinheit nie bekannt würde.
    Diese
Überlegung bewog ihn, die Postpferde lieber in dem kleinen Dorf Emborrow, am
Fuß der Mendips, zu wechseln, als im Old Down Inn, das, zwölf Meilen von Bath
entfernt, die allgemein übliche Etappe war. Als sie diese Ortschaft
erreichten, war der Mond bereits strahlend emporgestiegen, ein Umstand, der die
Fahrt etwas angenehmer gestaltete. Die Kutsche fuhr in den kleinen Hof ein,
welcher zu der einzigen Gaststätte gehörte, und der Wirt rief nach seinem
Stallpersonal.
    Im selben
Augenblick wurde eines der Kutschenfenster herabgelassen, Hero steckte den
Kopf heraus und sah mit glückstrahlenden Augen und einem spitzbübischen Lächeln
in den erleuchteten Hof, in dem sich Laternenschein und Mondlicht vermischten.
«Oh, welch ein lächerlicher und doch so bezaubernder Anfang», begann sie, und
ihre Stimme zitterte vor Freude. Als ihr Blick aber nicht auf Sherrys geliebte
Züge, sondern auf Mr. Tärletons keineswegs erregendes Antlitz fiel, brach sie
kurz ab. Peinliche Überraschung, ja Bestürzung malte sich in ihren Zügen, die Farbe wich
aus ihren Wangen, und sie stieß in vernichtendstem Ton nur ein einziges Wort
hervor: «Sie?!»
    Mr.
Tarleton war höchstens auf mädchenhaften Unwillen gefaßt gewesen, aber nicht
darauf, und er war denn doch ein wenig verblüfft. Er trat an den Wagen heran
und sagte, während er zu dem erblaßten Antlitz im Fensterrahmen aufblickte:
«Aber, meine süße Liebste, wer sollte es sonst sein?»
    «Oh»,
jammerte Hero, und ihr Gesicht verzog sich wie das eines weinenden Babys. «Oh
– ich dachte, es w-wäre Sh-Sherry!»
    Mr.
Tarleton wirbelte der Kopf. «Sie dachten, daß ich wer bin?» fragte er wie
betäubt.
    «M-mein
Gatte», schluchzte Hero, und eine Träne nach der andern rollte über ihre
Wangen. «Oh, wie konnten Sie nur ein so g-grausames Spiel mit mir treiben?»
    Hatte unter
Sherrys Füßen nur der Boden geschwankt, so schwankte jetzt das ganze Universum
um den unglücklichen Mr. Tarleton. Einen Moment lang vermochte er nichts, als
mit verständnislosem Erstaunen zu Hero aufzublicken. Er wiederholte in
nachdenklichem Ton: «Ihr Gatte?»
    Lediglich
herzzerreißendes Schluchzen antwortete ihm. Da bemerkte er, daß der Postkutscher
neben ihm stand, und er nahm sich mit einiger Anstrengung zusammen, um seine
Fassung wiederzuerlangen. «Ich beschwöre Sie, Madam ...! Bitte, nicht ...!
Kutscher, wieviel bekommen Sie?»
    Der
Kutscher, der den Postwagen von Bath hierhergefahren hatte, nannte achtzehn
Shilling als Preis, wobei er für Kutsche und Pferdegespann pro Meile einen
Shilling Sixpence rechnete. Mr. Tarleton, begierig, ihn loszuwerden, griff in
die Tasche. Dabei entdeckte er, daß nicht nur seine Börse, sondern auch seine
Brieftasche verschwunden waren, das ganze Bargeld, das er lose in einer seiner
Taschen fand, betrug lediglich sechs Shilling neun Pence. Noch nie hatte sich
ein Entführer in einer peinvolleren Situation befunden! Nie hatte er erwartet,
so bitter bedauern zu müssen, daß er den Wagen in einem Stall gemietet hatte,
in welchem sein Name gänzlich unbekannt war. Ein Blick auf das Gesicht des
Postkutschers genügte, um ihn darüber zu belehren, daß man ihm, ohne ein
äußerst peinliches Geschrei, niemals gestatten würde, auf Kredit
weiterzureisen. Man kannte ihn natürlich auch in dem Gasthof nicht. Es blieb
ihm also nichts übrig, als sich an sein schluchzendes Opfer zu wenden. Während
er es tat, überwand sein Sinn für das Lächerliche der Situation fast seine
quälenden Gefühle.
    «Meine
Liebe, bitte weinen Sie doch nicht! Ich verspreche Ihnen, alles wieder in
Ordnung zu bringen. Es ist nur – Miss Wantage – ich befinde mich in der
lächerlichsten Situation, die man sich vorstellen kann –, man hat mir nämlich
meine Brieftasche gestohlen – und hier steht der Kutscher und will für seine
Dienste entlohnt werden. Können Sie mir – eine Guinee leihen?»
    Hero hob
ihren Kopf von dem Fensterrahmen

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