Georgette Heyer
sagte Ferdy aufrichtig, «ich glaube es aber nicht. Wissen Sie, ich
kannte den alten Herrn nicht persönlich, aber nach dem, was ich über ihn gehört
habe, glaube ich nicht, daß er je etwas mit Shakespeare zu tun hatte.»
«Hatte
einen sehr schlechten Ruf, mein Großvater», bemerkte der Viscount
leidenschaftslos. «Bei ihm muß eine Schraube locker gewesen sein. Kein Vereist
hatte je etwas mit Shakespeare zu tun.»
«Natürlich
mußt du das am besten wissen, Sherry, aber denke doch nur an < Antonius und
Cleopatra > », widersprach Hero.
«Antonius
und wer?» fragte Ferdy begierig.
«Cleopatra.
Sie müssen doch Cleopatra kennen! Sie war eine ägyptische Königin. Wenigstens
glaube ich, daß es Ägypten war.»
«Bin nie in
Ägypten gewesen», sagte Ferdy. «Das ist die Erklärung dafür. Aber ich kenne
einen jungen Mann, der einmal in Ägypten war. Er erzählte, es wäre ein
trostloses, verkommenes Land. Würde mir gar nicht gefallen.»
Hero
lachte. «Dummkopf! Cleopatra ist viele hundert Jahre alt.»
«Viele
hundert Jahre alt?» fragte Ferdy erstaunt.
«Du lieber
Gott, du mußt doch wissen, was sie meint», warf der Viscount ein.
Mr.
Ringwood nickte. «Sie ist eine Mumie», sagte er. «In Ägypten gibt es so was.»
Da er aber das Gefühl hatte, daß sein weiser Beitrag noch einiger Erläuterungen
bedürfe, fügte er hinzu: «Habe irgendwo etwas darüber gelesen.»
«Ja, aber
die, die ich meine, kommt bei Shakespeare vor», sagte Hero. «Ich glaube schon,
daß es dieselbe ist, denn er schrieb immer Stücke über Leute, die wirklich
gelebt haben.»
Ein
fürchterlicher Verdacht stieg in Ferdy auf. Er sah sie starr an, dann sagte er:
«Sie sind doch nicht etwa ein Blaustrumpf, was?»
«Natürlich
ist sie kein Blaustrumpf!» fuhr der Viscount auf, um seine Braut zu
verteidigen. «Die Sache ist die, daß sie eben direkt aus dem Schulzimmer kommt.
Sie kann doch nichts dafür, daß man ihr den Kopf mit all dem Zeugs vollgestopft
hat.»
«Das sieht
doch jeder, daß sie kein Blaustrumpf ist», sagte Mr. Ringwood ernst. «Überdies
hast du derartige Bemerkungen nicht zu machen, Ferdy. Sehr schlechter Ton!»
Mr.
Fakenham bat in einiger Verwirrung um Entschuldigung und erklärte, darüber
verteufelt froh zu sein. Unmittelbar darauf erhob aber ein neues
Schreckgespenst sein Haupt, und er fragte im Ton düsterster Vorahnung, ob sich
die Unterhaltung des Abends ständig um Shakespeare drehen werde. Nachdem man
ihn diesbezüglich beruhigt hatte, vermochte er sich wieder zu lockern und sein
Dinner in leidlicher Haltung einzunehmen.
Das Stück,
in welches der Viscount seine Gäste führte, gehörte zu jener Sorte, die selbst
den Verstand des Honourable Ferdy nicht überanstrengte. Es war eine heitere,
wenn auch nicht immer sehr feine Komödie, die alle drei Herren recht
erträglich fanden, Hero aber in einen derartigen Zustand der Ekstase
versetzte, daß sie ihren bezauberten Blick nicht eine Sekunde von der Bühne abzuwenden
vermochte. Verschiedene witzige Bemerkungen, die ihre Begleiter ungemein zu
amüsieren schienen, verstand sie allerdings nicht; bei einer Gelegenheit
versetzte sie Mr. Ringwood in die peinlichste Verlegenheit, weil sie von ihm
eine Aufklärung verlangte. Glücklicherweise hörte der Viscount ihre Frage
ebenfalls und kam seinem Freund in seinem Dilemma zu Hilfe, indem er kurz
sagte, daß sie es auch dann nicht verstehen würde, wenn man es ihr erklärte.
Während der
Pause zeigte sich alsbald, daß die Loge des Viscount in allen Teilen des Hauses
ziemliches Aufsehen erregte. Seine Lordschaft, der im Publikum verschiedene
Bekannte entdeckte, winkte ihnen zu oder verbeugte sich; einige Minuten darauf
hörte man ein Klopfen an der Logentür, und ein höchst eleganter Herr trat ein,
betrachtete Hero neugierig unter schweren Augenlidern und sagte in müdem
Tonfall: «Bist du also wieder zurück, mein lieber Sherry. Und ohne mir ein Wort
zu sagen. Ich beginne zu glauben, daß ich dich irgendwie beleidigt habe.»
«Hallo, Monty!»
erwiderte Sherry und erhob sich. «Du bist wirklich ein netter Kerl und immer zu
einem Spaß bereit. Nie beleidigt! Bin höllisch froh, dich heute abend hier zu
sehen – möchte dich meiner Frau vorstellen. Hero, das ist Sir Montagu Revesby –
ganz spezieller Freund von mir!»
Der
elegante Fremde, der um einige Jahre älter zu sein schien als Sherry,
schüchterte Hero ein wenig ein. Seine etwas hochmütige Art und das ironische
Lächeln waren ihr unangenehm, da sie aber
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