Georgette Heyer
Gin!»
Inzwischen
ratterte das bräutliche Paar über das Kopfsteinpflaster auf die St. James
Street zu. Der Bräutigam legte seinen Arm um die Taille der Braut und sagte:
«Bin verteufelt traurig, daß ich den Ring vergessen habe, Kätzchen. Werde dir
morgen einen kaufen.»
«Ich mag
diesen hier sehr gern», sagte Hero und betrachtete ihre Hand. «Ich bin sehr
froh, ihn zu haben, denn er ist doch von dir.»
Sherry
lachte. «Du würdest ihn nicht lange behalten. Wahrscheinlich wirst du ihn sogar
schon verloren haben, ehe der Abend zu Ende geht.»
«O nein!
Ich werde meine Finger gekreuzt halten, dann kann er nicht herunterfallen. Sag,
Sherry, als dein Cousin < Lady Sheringham > sagte – hat er damit mich gemeint?»
«Natürlich.
Obwohl es, um die Wahrheit zu sagen, auch mir sehr komisch vorkam», gab Seine
Lordschaft zu.
Hero sah
ihn mit großen Augen an. «Sherry, ich weiß, daß ich jetzt Lady Sheringham bin,
aber es kommt mir vor, als wäre das ganz unmöglich. Ich habe das furchtbare
Gefühl, daß ich plötzlich aufwachen werde und feststellen muß, daß alles nur
ein Traum war.»
«Ich weiß
genau, was du meinst», nickte Seine Lordschaft, «wenn ich aber an alle Dinge
denke, die ich heute zu erledigen hatte, erscheint es mir eher wie ein
Albtraum.» Als er aber ihrem enttäuschten Blick begegnete, sagte er hastig:
«Nein, nein, nicht weil wir geheiratet haben. Das habe ich nicht gemeint. Ich
glaube sogar, daß ich es ganz hübsch finden werde, wenn ich mich erst einmal
daran gewöhnt habe. Aber dieser Bischof von George! Weißt du, Kätzchen, daß
ich einen Eid ablegen mußte, oder wie sie das nennen, daß du die Zustimmung
deines Vormunds hast?»
«Aber,
Sherry, die habe ich doch nicht!»
«Nein, das
weiß ich, aber du hättest doch auch nicht wollen, daß mich eine solche
Kleinigkeit gehindert hätte? Außerdem ist gar nichts dabei: deine feine Cousine
Jane wird schon keinen Staub aufwirbeln, paß nur auf! Ich glaube sogar, sie
wird dankbar sein, dich auf so gute Art losgeworden zu sein.»
Hero
stimmte dem zu, wenn auch ein wenig bedenklich. Worauf der Viscount in
erfrischendem Ton erklärte, daß sie beide jetzt weiter nichts brauchten als
einen guten Tropfen, um in Stimmung zu kommen.
Kurz darauf
trafen sie im Hotel Fenton ein. Dort stellten sie fest, daß Bootle bereits
installiert war und nicht nur die Koffer seines Herrn ausgepackt, sondern auch
das Zimmermädchen hochmütig angewiesen hatte, für Mylady denselben Dienst zu
verrichten. Um seine eigene Würde ebenso wie die von Hero zu wahren, belehrte
er sie in der beiläufigsten Form, daß die Kammerfrau Ihrer Gnaden der Frau
Gräfin an Gelbsucht erkrankt sei, ein Umstand, der ihre Herrin vorübergehend
ihrer Dienste beraube. Sein großartiges Gehaben, die leicht verächtlichen
Blicke, die er durch das schönste Appartement des Hotels schweifen ließ, und
sein gewählter Geschmack, der ihn dazu veranlaßte, im Salon – der die
Schlafzimmer von Mylord und Mylady trennte – die Gegenstände, die den Kaminsims
zierten, neu zu arrangieren, schüchterten das Zimmermädchen und den Lohndiener
völlig ein und erweckten in ihnen die seltsamsten Vorstellungen von Lord und
Lady Sheringham, die erst durch das persönliche Erscheinen dieses seltsamen
Paares zerstört werden konnten.
Die erste
Tat Seiner Lordschaft nach ihrer Ankunft im Hotel bestand darin, daß er dem
Kellner läutete, bei dem er eine Flasche Burgunder und einen Früchtelikör
bestellte, seine zweite, aus der Tasche ein kleines Päckchen zu ziehen, das er
seiner Braut überreichte, wobei er sagte: «Fast hätte ich's vergessen. Hier,
Fratz, da hast du ein Hochzeitsgeschenk. Ist bloß wertloses Zeug, aber wenn
mir der Zaster erst einmal gehört, kauf ich dir etwas viel Schöneres.»
«Oh!»
brachte Hero nur hervor und blickte mit ungläubigem Entzükken auf ihr erstes
Paar Diamantohrgehänge. «Anthony! Anthony!»
«Du lieber
Gott, Kätzchen, das ist doch nur eine Kleinigkeit», wendete er ein, als sie
sich impulsiv an seine Brust warf. «Mein liebes Mädel, paß doch auf mein Halstuch
auf! Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich brauchte, um es genau so zu
arrangieren!»
«Ach, das
tut mir leid, aber ich konnte mir nicht helfen. Sherry, willst du mir gleich
die Ohren stechen, damit ich sie heute abend tragen kann?»
Dies zu
tun, fühlte sich der Viscount denn doch nicht berufen. Aber das lange Gesicht,
das Hero machte, war so drollig, daß er vorschlug, die Ohrringe vorläufig
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