Georgette Heyer
Milborne
nicht einen so derben Verweis erteilt, daß – Kätzchen, sie reichte mir
die Rose und sagte mit dem lieblichsten Lächeln und dem sprechendsten Ausdruck
ihrer herrlichen Augen, daß sie mir diese Rose schenken
würde, wenn ich sie wollte! Ach, Kätzchen, sie fragte, ob ich sie haben
wolle! Heute nacht lag sie neben mir auf dem Kopfkissen, und ich werde sie bis
an mein Lebensende an meinem Herzen tragen!» Er blickte
Hero flehend an und sagte mit einiger Anstrengung: «Sie hätte das doch kaum
getan, wenn sie mich nicht vorgezogen hätte, nicht wahr?»
«Nein,
bestimmt nicht!» rief Hero. «Es ist sicher so, wie Sie sagen. Das ist die
rührendste Geschichte, die ich je gehört habe. Ach, Sherry, da bist du ja.
Bitte komm herein und sieh dir an, was Isabella unserem lieben George
geschenkt hat.»
«Hallo,
George!» sagte der Viscount und schlenderte durchs Zimmer. «Mein Gott,
Kätzchen, in welche Verlegenheit hast du mich vorhin gebracht!»
Sie lachte
unwillkürlich. «Ich weiß. Ach, Sherry, hättest du nur dein Gesicht sehen
können! Aber laß das jetzt. Sieh nur!»
Der
Viscount betrachtete die Rose ziemlich geringschätzig. «Was hat es für einen
Sinn, so was aufzuheben?» fragte er. «Sie ist doch verwelkt. Ich kann durchaus
nichts Wunderbares an ihr finden.»
«Aber,
Sherry, du verstehst das nicht richtig. Isabella hat sie George gestern abend
geschenkt!»
«Tatsächlich,
was du nicht sagst!» rief der unverbesserliche Sherry. «Du lieber Gott, was
dieses Mädchen für eine Kokette ist!»
Lord
Wrotham sprang auf und heiße Wut flammte in seiner Brust auf. Hero, zu diesem
Zeitpunkt mit seinen Anfällen schon wohlvertraut, schrie: «George! Wenn Sie
Sherry fordern, lade ich Isabella nicht ein, mit uns zu kommen!»
Seine
Lordschaft hielt inne und ballte die Fäuste. «Sherry!» rief er drohend. «Nimm
diese Worte zurück!»
«Ich will
verdammt sein, wenn ich es tue!» erwiderte Sherry. «Übrigens kannst du mich in
meinem eigenen Haus gar nicht fordern. Verteufelt schlechter Ton! Außerdem ist
die Unvergleichliche eine Kokette. Ist doch nichts dabei. Ich wette,
sie hat es nur getan, um Severn eifersüchtig zu machen. Sage mir ja nicht, daß
er nicht dabei gewesen ist. Mich kannst du nicht aufs Eis führen, mein Junge.»
«Wenn ich
denken müßte, daß ...!» sagte George und warf seine Lokke mit einer
Kopfbewegung aus der Stirn.
«So grausam
kann sie nicht sein», sagte Hero ungehalten. «Achten Sie nicht auf das, was
Sherry sagt.»
«Wenn ich
das glauben müßte», sagte George, «wenn ich glauben müßte, daß sie mit mir so
herzlos gespielt hat, dann würde ich – dann würde ich die Rose unter meinen
Füßen zerstampfen!»
«Kein
Grund, auf unserem neuen Teppich eine so verdammte Schweinerei zu machen»,
sagte Sherry. «Wirf sie lieber aus dem Fenster.»
«Sherry,
wie kannst du nur so gefühllos sein!» sagte Hero vorwurfsvoll.
«In drei
Teufels Namen, was soll er denn mit ihr machen?» fragte Sherry. «Ein junger
Mann kann doch nicht ständig eine Unmenge verwelkter Rosenblätter in seinen
Taschen herumtragen. Schau nur, wie das Zeug schon jetzt aussieht.»
Dieser neue
Gesichtspunkt schien George heftig zu erschrecken. «Ich fürchte, daß sie ganz
zerfallen wird», sagte er untröstlich.
«Aber nein,
das muß sie durchaus nicht», versicherte ihm Hero. «Sie brauchen sie nur
zwischen den Seiten eines Buches zu pressen, und sie behält ihre Form. Sherry,
was sagst du dazu, George hat uns eingeladen, einen Ballonaufstieg
mitanzusehen. Wir wollen auch Isabella mitnehmen, wenn sie Lust hat, mit uns
zu kommen. Du begleitest uns doch auch, nicht wahr?»
«Was, nur
um einen verdammten Ballon aufsteigen zu sehen?» rief Sherry. «Nein,
keinesfalls.»
«Aber,
Sherry, wenn du uns nicht begleiten willst, weiß ich nicht, wie wir es
überhaupt werden ermöglichen können.»
«Nun, ich
will verdammt sein, wenn ich mich so zum Narren mache! Wenn George Lust hat,
wie ein Trottel dazustehen, dann soll er es nur tun, mich wird er aber nicht
dazu bringen!»
Hero, die
eben im Begriff gewesen war, ihn dennoch dazu zu überreden, fiel plötzlich
ein, daß Sherry ebenfalls ein Bewerber um die Hand der Unvergleichlichen
gewesen war. Sie dachte, er versuche vielleicht, seine verständliche Abneigung,
den ganzen Nachmittag in Gesellschaft der Unerreichbaren zu verbringen, zu maskieren,
und so vermied sie es taktvoll, weiter in ihn zu dringen. Sie schlug vor, Mr.
Fakenham als vierten in ihre
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