Georgette Heyer
Gesellschaft einzuladen. George war damit
einverstanden, als er aber eine ruhige Minute hatte, um das zu überlegen, erinnerte
er sich, daß Ferdy ebenfalls zum Hofstaat von Miss Milborne gehörte, und
erklärte, er glaube bestimmt zu wissen, daß ein Ballonaufstieg nicht sehr nach
Ferdys Geschmack sei und daß er statt dessen seinen Freund Algernon Gumley
mitbringen werde, um an diesem Vergnügen teilzunehmen. Der Viscount stieß
daraufhin ein äußerst unziemliches Gelächter aus, weigerte sich aber
beharrlich, den Grund dafür anzugeben. George erklärte Hero ein wenig steif,
daß sie Mr. Gumley recht angenehm und liebenswürdig finden werde, worauf er
sich verabschiedete und die Rose behutsam mit sich nahm.
Hero setzte
sich an ihren Schreibtisch, um Isabella eine geeignete Einladung zu schicken.
Sherry sagte: «Was für ein sonderbarer Bursche dieser George doch ist!
Verwelkte Rosen und ein Ballonaufstieg! Du würdest es nicht glauben, aber bevor
er Isabella kennenlernte, war er zu allem zu haben, er war ein richtiger Mann,
wie man ihn ein ganzes Jahr nicht findet. Ich möchte schwören, daß sie es auf
Severn abgesehen hat – falls sie ihn bekommen kann. Weißt du, daß sie im Club
bereits Wetten darüber abschließen?»
«Oh,
Sherry!» rief Hero, drehte sich zu ihm um und blickte ihn an. «Sie kann doch
nicht so herzlos sein, ihm eine Rose zu schenken, wenn ihre Gefühle nicht
ernsthaft beteiligt sind!»
«Was du
schon davon verstehst», erwiderte er. «Nun, ich kann dir nur sagen, daß sie das
herzloseste Mädchen ist, dem ich je im Leben begegnet bin. Sieh nur einmal,
wie sie mich behandelt hat!»
«Ja», sagte
Hero und ließ den Kopf ein wenig hängen. «Ja, natürlich, sie war sehr lieblos
gegen dich. Sherry, es tut mir so leid, daß ich dich damit quälte, am
Nachmittag mit uns zu kommen. Ich hatte ganz vergessen, daß es dir Schmerz
bereiten muß.»
«Mir
Schmerz bereiten?» wiederholte Sherry. «Oh – ach ja, ganz richtig. War mir im
Augenblick ganz entfallen. Hast du die Absicht, ewig Briefe zu schreiben, oder
wollen wir auf den Grosvenor Square fahren?»
Da Hero ihm
versicherte, daß sie in einer Viertelstunde bereit sein werde, mit ihm
auszufahren, gab Sherry dem Stall seine Anweisungen, während sie ihren Brief
beendete und ihn durch den Pagen befördern ließ.
Der Besuch
bei der Gräfinwitwe war durchaus nicht erfolgreich. Sie trafen sie an, wie sie,
bei herabgelassenen Vorhängen ins Sofa zurückgelehnt, auf ihrem Schoß Herveys Meditations
Among the Tombs beziehungsvoll aufgeschlagen hatte. Sie begrüßte ihre
Schwiegertochter mit einem deutlich merkbaren Schauder und umarmte ihren Sohn
mit der Zärtlichkeit eines Menschen, der einem Opfer des Schicksals sein
stummes Mitgefühl ausdrücken will. Der Vorschlag Sherrys, daß sie Hero bei Hof
vorstellen möge, mobilisierte augenblicklich alle ihrer beunruhigendsten
Symptome. Sie habe nicht einmal die Hoffnung, erklärte sie, daß ihr
Gesundheitszustand ihr gestatten werde, das Haus in der Half Moon Street zu
besuchen. Die unumwunden vorgebrachte Bitte Sherrys, ihm die Familiensmaragde
auszuhändigen, förderte eine Reihe äußerst rührseliger Erinnerungen zutage, die
sie offensichtlich zwangen, Zuflucht zu ihrem Riechfläschchen zu nehmen und
die Winkel ihrer völlig trockenen Augen zu betupfen.
«Aber, Sie
tragen sie doch nie, Madam!» wendete Sherry ein. «Verwünscht, Sie haben doch
immer erklärt, Grün sei nicht Ihre Farbe, und Sie quälten meinen Vater, Ihnen
statt dessen die Diamantengarnitur zu geben. Außerdem wissen Sie sehr gut, daß
sie mir gehören – seit dem Tod meines Vaters schon immer gehört haben!»
«Ach, du
lieber Himmel, daß du so wenig Zartgefühl besitzt!» sagte seine Mutter mit
tremolierender Stimme. «Die Juwelen, die dein lieber Vater mir an unserem
Hochzeitstag um den Hals legte ...»
«Nein, das
stimmt nicht», unterbrach sie Sherry. «Damals lebte mein Großvater nämlich
noch; außerdem hatte mein Vater eine höllische Arbeit, meine Großmutter zu
veranlassen, sie nach dem Tode des alten Herrn
herauszugeben. Ja, damals hatten Sie auch einen Ihrer Anfälle, Madam, bei dem
Sie erklärten, sie hätte kein Anrecht mehr auf die Juwelen. Ich erinnere mich
daran, als wäre es gestern gewesen.»
Als Hero
bemerkte, daß die Gräfinwitwe allem Anschein nach beabsichtigte, in Ohnmacht
zu fallen, erklärte sie eiligst, daß sie die Smaragde wirklich nicht haben
wolle, bevor ihre Schwiegermutter tot sei. Aber dies
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