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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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nicht
die Absicht, Ihnen meine Anwesenheit weiterhin aufzudrängen, und wünsche Ihnen
eine geruhsame Nacht!»
    Nach dieser
großartigen Abschiedsrede stolzierte er aus dem Zimmer, schloß die Tür mit
unnötigem Kraftaufwand und überließ seine übererregte Frau einem herzhaften
Tränenstrom.
    Sie trafen
sich am nächsten Morgen am Frühstückstisch und waren beide wegen des Streites
der vergangenen Nacht sehr verlegen. Der Viscount wünschte Hero einen übertrieben
förmlichen guten Morgen, worauf er sich hinter seiner Zeitung verschanzte. Hero
schenkte den Kaffee ein und verzehrte langsam ein Brötchen. Nach einer kleinen
Pause räusperte sie sich, denn unerklärlicherweise war ihre Kehle wie
zugeschnürt, und sagte: «Sherry?»
    Der
Viscount senkte seine Zeitung. «Nun?»
    «Willst du
ein Stückchen Schinken?» fragte Hero völlig verstört über seine abschreckende
Miene.
    «Nein,
danke!»
    «Oder –
oder noch ein wenig Kaffee?»
    «Nein»,
sagte der Viscount und zog sich neuerdings hinter seine Zeitung zurück.
    Hero
stärkte sich mit einigen Schlückchen Kaffee. Dann versuchte sie es noch einmal.
«Sherry?»
    «Nun, was
willst du jetzt?»
    «N-nichts»,
sagte Hero mit einem deutlich vernehmbaren Schluchzen. «Um Himmels willen»,
sagte Seine Lordschaft, «fang nicht auch noch zu weinen an!»
    «Vielleicht
wäre es am besten, wenn ich aus dem Zimmer g-ginge, denn ich k-kann mir nicht
h-helfen, ich muß weinen, wenn du so schrecklich unfreundlich zu mir bist»,
erbot sich Hero.
    «Ich bin
nicht unfreundlich zu dir.»
    «Oh,
Sherry, es sieht dir ganz ähnlich, so zu sprechen, obwohl du ganz genau weißt,
daß du mich geradezu empörend behandelt hast», sagte Hero, deren Lippen ein
zaghaftes Lächeln umspielte. «Das hast du schon immer so gemacht. Aber du hast
noch nie in so abscheulicher Weise Madam zu mir gesagt, und es wäre mir lieber,
du hättest mir zwei Ohrfeigen gegeben, als so zu mir zu sprechen, wahr und wahrhaftig

    «Geschähe
dir ganz recht, sie zu bekommen!» sagte Seine Lordschaft und streckte ihr seine
Hand über den Tisch entgegen. «Nein, wirklich, Kätzchen, es tut mir verteufelt
leid, daß ich dich so gekränkt habe. Doch bei all den Dingen, die du mir gesagt
hast ...! Aber nicht wahr, du wirst es nie wieder tun?»
    «Nein,
wirklich nicht», versicherte ihm Hero und legte ihre Hand in die seine.
    Ein Lächeln
breitete sich langsam über das Gesicht des Viscount. «Herrgott, ich hätte viel
darum gegeben, Gils Visage zu sehen, als du ihn fragtest, ob er eine
Ballettänzerin hat», sagte er.
    «Glaubst
du, daß es ihm nicht recht war?» fragte Hero bekümmert. «Weißt du, er ist mein
spezieller Freund, und da dachte ich, zu ihm kann ich alles sagen, was ich
will. Und ich wollte es doch so gern wissen, weil du gesagt hast, daß jeder
eine hat, und ...»
    «Ach du
lieber Gott, was für Dinge ich nur sage!» stöhnte Sherry. «Ich wäre sehr froh,
wenn du sie wieder vergessen würdest, Fratz! Und was meine Ballettänzerin
betrifft, so ist das jetzt, da ich ein gesetzter verheirateter Mann bin,
endgültig vorbei; wir wollen also nicht weiter darüber sprechen.»
    «Ich werde
kein Wort mehr darüber sagen», versprach Hero und heiterte sich merklich auf.
«Kannst du sie denn nicht haben, wenn du verheiratet bist?»
    Der
Viscount lachte und warf ihr eine Rechnung über den Tisch zu. «Nicht, wenn man
eine Frau hat, die so viel für ein paar lumpige Hüte ausgibt», erwiderte er.
    «O Gott!»
sagte Hero von Gewissensbissen geplagt. «Hätte nicht tun sollen? Aber weißt du,
Sherry, einer unter ihnen ist der Hut, den ich trug, als wir nach Richmond fuhren,
und der dir so besonders gut gefiel.»
    «Nein,
nein, es hat nichts zu sagen», erklärte Sherry und zupfte sie an einer Locke.
«Verschwenderische kleine Katze. Setz ihn heute wieder auf. Wenn du Lust hast,
mit mir zu kommen, dann fahre ich dich durch den Hydepark; ich möchte die
Gangart des Fuchspaars ausprobieren, das ich vorige Woche im Tattersall
gekauft habe.»
    «Ja,
natürlich will ich!» rief Hero, und das letzte Wölkchen verschwand von ihrem
Ehehimmel.

10
    Man konnte natürlich nicht erwarten,
daß dies der einzige Streit bleiben würde, der den Frieden des Hauses in der
Half Moon Street beeinträchtigte. Eine junge Dame, im Innern Kents erzogen,
die mit den Spitzfindigkeiten der gesellschaftlichen Etikette nicht vertraut
war, mußte notgedrungen Fehler machen und in all die kleinen Schwierigkeiten
geraten, die unsichtbar auf dem

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