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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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Severn im selben Augenblick die Stufen zu dem Wohnsitz der Milbornes
emporstieg, da George sie herabkam, war es nicht verwunderlich, daß dem
impulsiven jungen Mann an Ort und Stelle die Geduld riß. Von seinen
schwergeprüften Freunden eifrigst unterstützt, beschloß er, seine Ansprüche
auf die Hand des herzlosesten Flirts von ganz London aufzugeben, ja er vergaß
sein gebrochenes Herz sogar lange genug, um Sherry zu einer großartigen
Wettfahrt herauszufordern, in der lobenswerten Absicht, einer Heldentat
nachzueifern, die Sir John Lade einstmals vollbrachte, als er sein Kabriolett
zweiundzwanzigmal hintereinander durch einen Torweg kutschierte, der nur so
breit war, um das Gefährt gerade noch durchzulassen. Keinem der jungen Leute
gelang es jedoch, diesen Rekord zu brechen. Sherry kam beim fünften Durchgang
zu Schaden und George beim siebenten. Sherry blieb ganz unverletzt, aber George
verrenkte sich die Schulter, ging einige Tage mit dem Arm in der Schlinge herum,
sah romantischer denn je aus 'und veranlaßte dadurch schlechtinformierte
Personen, das Gerücht auszustreuen, daß er sich duelliert und dabei eine Wunde
empfangen habe. Diese Geschichte erreichte in kürzester Zeit auch Isabellas
Ohr, die selbstverständlich annahm, daß sie der Grund des Zweikampfes gewesen
sei. Sie lehnte das Duell an sich strikte ab, konnte aber doch nicht
verhindern, eine leichte Rührung zu empfinden, die mit einer gewissen Besorgnis
gepaart war. Als sich George bei ihr nicht mehr zeigte, erfand sie eine
Ausrede, um an einem Vormittag Besuch in der Half Moon Street machen zu können
und von Hero alles herauszubekommen, was sie erfahren konnte.
    Hero, die
eben von einem Ritt durch den Hydepark zurückkehrte, trug ein keckes kleines
Hütchen, dessen Feder sich höchst aufreizend über den Rand kräuselte und das
Miss Milborne vor Neid erblassen ließ; sie empfing Isabella in ihrer üblichen
sonnigen Laune und dankte ihr für den eben in einem schillernden Einband
erschienenen Roman der Minerva-Druckerei, der Miss Milborne als Vorwand für
ihren Besuch diente, und bat ihren Gast, Platz zu nehmen. Miss Milborne machte
ihr Komplimente über ihr schickes Hütchen und gestand, daß sie fast in
Versuchung käme, ebenfalls in den Hydepark zu kommen, wenn sie nur besser
reiten könnte und mit Pferden nicht so nervös wäre.
    «Weißt du,
ich reite auch nicht besonders gut», sagte Hero aufrichtig. «Sherry sagt, ich
habe eine zu harte Hand. Das ist aber nicht wahr, weil ich meinen Phaeton sehr
anerkennenswert kutschiere. Gil gab mir
Unterricht, du mußt nämlich wissen, daß er auf diesem Gebiet ein Nonpareil
ist! Das Pech wollte es nur, daß meine Stute gestern mit mir durchgegangen
ist, und das hat leider großes Aufsehen erregt.» Sie gluckste fröhlich. «Sherry
war fuchsteufelswild, aber wegen seiner blödsinnigen Wettfahrt konnte er mich
natürlich nicht auszanken. Außerdem wurde ich gar nicht abgeworfen, und so
hatte er keinen Grund, böse zu werden. George hat tatsächlich gesagt, daß ich
meinen Sitz tadellos gehalten habe.»
    Das gab
Miss Milborne ihre Chance. Sie schlug ihre schönen Augen zu Boden und sagte
sehr ernst: «Ich hoffe, Lord Wrotham hat keinen dauernden Schaden erlitten.»
    «Ach nein,
nicht im geringsten!»
    «Ich war
sehr bekümmert, als ich erfuhr – natürlich verabscheue ich diese Unsitte wie
jedermann. Wer – wer war der andere Mann?»
    «Natürlich
Sherry», erwiderte Hero. «Bist du tatsächlich empört, Isabella? Ich hätte dich
nicht für so steif gehalten.»
    «Sherry?»
sagte Miss Milborne atemlos und blickte rasch auf. «Unmöglich! Oh, nicht um
alles in der Welt hätte ich gewollt, daß etwas Derartiges geschieht!»
    «Ich finde,
daß du ebenso bösartig bist wie Lady Sheringham!» rief Hero. «Sie hat mich
tatsächlich nur zu dem Zweck besucht, um mir zu sagen, daß ich derartigen
Streichen ein Ende setzen würde, wenn ich nicht eine so erbärmlich schlechte
Frau wäre.»
    «Hero, was
ist denn geschehen?» fragte Miss Milborne, auf deren Stirn sich eine Falte zu
bilden begann. «Ich schließe aus deiner Rede, daß die Verletzung von George nicht von einem Duell herrührt.»
    «Von einem
Duell? Du lieber Himmel, nein», rief Hero lachend, «es handelt sich um die
albernste Wettfahrt. George hatte Sherry herausgefordert, sein Kabriolett
durch ein schmales Tor zu kutschieren, und wettete mit ihm, ihn dabei zu
besiegen – was er genaugenommen auch tat, denn es gelang ihm,

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