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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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Sherry gräme sich wegen seiner ersten
Liebe zu Tode, der müßte denn doch
weniger gesunden Menschenverstand besitzen als Miss Milborne oder einen höheren
Grad von Eigendünkel. Sie konnte den schrecklichen Verdacht nicht unterdrücken,
daß die Leidenschaft, die für sie zu empfinden ihre Bewunderer vorgaben, nicht
mehr war als ein schnell vergehendes Gefühlchen, von dem man sich rasch wieder
erholte; und das machte Miss Milborne wirklich unglücklich. Sie nahm
selbstverständlich an, daß George im selben Augenblick, in dem ein anderer
Tänzer ihn von Hero befreit hätte, quer durch den Saal an ihre Seite eilen
würde. Den nächsten Walzer tanzte Hero mit Marmaduke Fakenham. Aber George
schlenderte durch den Saal und begrüßte eine Gruppe befreundeter junger Leute.
Miss Milborne, zu sehr gedemütigt, um sich zu erinnern, daß sie sich geweigert
hatte, ihn zu empfangen, als er ihr einen Vormittagsbesuch machte, konnte nur
annehmen, daß sich seine Leidenschaft für sie erschöpft habe, und sie begann
unmittelbar darauf mit dem schneidigen Sir Barnabas heftig zu flirten. Im
weiteren Verlauf des Abends wollte es der Zufall, daß sie im Erfrischungssalon,
bei einem Glas Limonade, neben Hero zu sitzen kam. Sie benahm sich Hero gegenüber
außerordentlich herzlich, ja sie machte ihr sogar in äußerster Noblesse ihres
Charakters das Kompliment, daß ihre neue Toilette die schönste im Saale sei und
daß sie die neue Coiffure einfach hinreißend finde.
    «Ich habe
festgestellt», sagte Mrs. Milborne auf der Heimfahrt, «daß unsere kleine
Freundin keine Zeit verloren hat, sich einen Cicisbeo anzuschaffen. Nun, ich
wünsche ihr viel Vergnügen zu dem jungen Wrotham! Er schien von ihr
außerordentlich épris. Es ist immer dasselbe: ich habe ein für allemal
gesagt, daß er unheilbar flatterhaft ist. Übrigens, meine Liebe, habe ich es
gar nicht gerne gesehen, daß du mit Sir Barnabas Crawley zweimal getanzt hast.
Er hat ohne Zweifel ein äußerst elegantes Auftreten, aber er ist kein
vermögender Mann. Ein kleiner Flirt kann nicht schaden – natürlich nur so, wie
es sich für eine Lady geziemt –, obwohl ich glaube, daß es Severn gar nicht
recht war, als Crawley dich so beharrlich zum Gegenstand seiner Galanterie
machte. Meine Liebe, ich erwähne diese Sache bloß und nicht mehr, denn ich bin
überzeugt, daß ich mir über deinen gesunden Menschenverstand keine Sorgen zu
machen brauche.»
    «Durchaus
nicht, Mama», erwiderte Miss Milborne in völlig farblosem Ton.
    Am
folgenden Tag saß sie in der Barutsche ihrer Mutter und wartete vor einem
Geschäft der Bond Street auf Mrs. Milborne, die eine Flasche destillierten
Ananassaft kaufte (um Faltenbildung zu verhindern), als Sherry die Straße
entlanggeschlendert kam; er sah mit seinem breitrandigen Biberhut, den er
unternehmend auf den blonden Kopf gesetzt hatte, und dem nachlässig über die
Schulter gehängten braunen Überzieher (denn der Herbstmorgen war frostig) sehr
flott aus und gewährte dem Interessierten einen flüchtigen Blick auf den
enganliegenden überaus feinen Tuchrock, eine höchst sportliche Weste und ein
Paar ele gante Wildlederhandschuhe. Er blieb neben der Barutsche stehen und
plauderte mit Miss Milborne in seiner gewohnten guten Laune und ohne jedwede
Befangenheit, die man bei einem jungen Gentleman sehr wohl hätte vermuten
können, der sich einer Dame vis-a-vis befand, die seine Werbung vor so kurzer
Zeit ausgeschlagen hatte. Er kam aus Jacksons Saloon, wo er wie jeder andere
junge Mann der Sportwelt versucht hatte, eine witzige Bemerkung über die
Boxkunst des Exchampions anzubringen, und befand sich jetzt auf dem Weg zu
White, bei dem er sich mit Mr. Ringwood verabredet hatte. Er machte Miss
Milborne einige übertriebene Komplimente, als er diese Linie aber weiter
verfolgte und sagte, wenn er es recht überlege, habe er sie in letzter Zeit
nicht gesehen, befand sie sich nicht in Gefahr, seine Galanterien ernsthaft zu
nehmen.
    «Du warst
gestern abend nicht auf dem Ball, sonst hättest du mich sehen müssen»,
bemerkte sie.
    Seine
Stirne verdüsterte sich, denn obwohl er seiner Frau wegen der Ereignisse des
letzten Abends nichts nachtrug, war er stets auf unerklärliche Art gereizt,
wenn er an Georges Anteil dabei dachte.
    «Nein»,
sagte er kurz.
    Miss
Milborne, die seinen mißvergnügten Tonfall augenblicklich bemerkte, wäre keine
Frau gewesen, hätte sie es unterlassen, weiter zu sondieren. Sie senkte den
Blick auf ihre lavendelfarbenen

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