Georgette Heyer
sich zum Narren zu
machen. Mr. Ringwood zeigte diese rätselhafte Botschaft sofort Mr. Fakenham,
und beide Gentlemen kamen zu der Überzeugung, daß George, wie immer das Ergebnis
von Miss Milbornes Interventionen gewesen sein mochte, nicht die Absicht hatte,
Sherry am folgenden Morgen zu töten.
Inzwischen
hatte Sherry einen ungewöhnlich bedrückenden Vormittag bei seinem Rechtsanwalt
verbracht. Er hatte sein Testament gemacht, eine Aufgabe, die ihn in eine
dermaßen melancholische Stimmung versetzte, daß er Sir Montagu Revesby ein
Billett schickte, in dem er sein Fernbleiben von einer am Abend stattfindenden
Kartenpartie entschuldigte. Er hätte den Abend am liebsten am eigenen Kamin
verbracht, wenn ihm nicht eingefallen wäre, daß ein so niedergedrücktes Wesen
dazu Anlaß geben könnte, einen Widerwillen zu argwöhnen (um kein stärkeres Wort
zu gebrauchen), sich Lord Wrotham am kommenden Morgen zum Duell zu stellen.
Anstatt sich also im Salon seiner Frau seinen düsteren Betrachtungen
hinzugeben, führte er sie in ein Theater, und da es ein recht heiteres Stück
war, gelang es ihm, sich leidlich zu amüsieren. Hero unterhielt sich großartig,
ein Umstand, der Seine Lordschaft vermuten ließ, daß sie von seinem Rendezvous
in Westbourn Green nichts wußte. Er hätte sich's selbstverständlich nie träumen
lassen, eine Ehrenaffäre vor ihr zu erwähnen, aber er konnte es nicht verhindern, sich
auszumalen, welch furchtbarer Schrecken es für sie wäre, wenn sein lebloser
Körper, kurz nachdem sie sich am Frühstückstisch niedergelassen hatte, ins
Haus gebracht würde. Er versuchte also, ihr einen Wink zu geben.
«Weißt du,
Kätzchen», sagte er vor ihrer Schlafzimmertür, «wenn mir jemals etwas zustoßen
sollte – wohlgemerkt, ich meine damit nicht, daß mir etwas zustoßen wird, aber
man kann ja nie wissen! – also, ich will bloß sagen, daß ich alle
diesbezüglichen Vorkehrungen getroffen habe und – und keine Bedingungen daran
knüpfte, so daß du, solltest du dich dafür entscheiden, in der Lage wärest,
wieder zu heiraten.»
«Das würde
ich nie, nie tun!» rief Hero und drückte seine Hand ganz fest.
«Kein
Grund, warum du es nicht tun solltest! Aber höre, Fratz, nimm dir keinesfalls
George! Er würde gar nicht zu dir passen.»
«Bitte
nicht, Sherry», bat sie. «Es wird dir nichts zustoßen!»
«Nein, das
glaube ich selbst nicht, aber ich dachte, ich sollte die Sache einmal
erwähnen», sagte er unvorsichtig. «Würde es aber dennoch der Fall sein, dann
möchte ich nicht, daß du dich darüber kränkst, weißt du.»
«Nein,
nein, bestimmt nicht», versprach sie. «Aber sprich nicht so, Sherry, denn es
ist mir ganz schrecklich, obwohl ich weiß, daß dir nichts zustoßen wird.»
«Dummes kleines
Kätzchen!» sagte er und zwickte sie in das Näschen. «Hat dir das Stück
gefallen?»
«Oh, sehr!»
«Das freut
mich jedenfalls», sagte er, stieg mit diesem altruistischen Gedanken die Treppe
hinauf und ging zu Bett.
Am
folgenden Morgen, zu einer frostigen und leicht nebeligen Stunde, holte ihn
sein Cousin Ferdy vom Hause ab. Der Viscount erwartete ihn bereits und schien
sich, außer daß er ein wenig ernster dreinblickte als gewöhnlich, in guter
Stimmung zu befinden. Er schwang sich neben Ferdy auf dessen Tilbury, den
Tuchrock mit den zahllosen Schulterkragen bis an den Hals hinauf zugeknöpft,
und fragte lebhaft: «Hast du die Pistolen?»
«Gil hat
sie», erwiderte Ferdy. Dann fügte er noch hinzu: «Dachte, wir bestellen am
besten auch einen Arzt, nur im Falle ... Aber ich bin überzeugt, daß er nicht
gebraucht werden wird.»
«Das kann
man nie wissen», sagte der Viscount. «Der Nebel hebt sich pünktlich. Wir hätten
keinen schöneren Tag dafür finden können.»
Sie langten
an dem vereinbarten Rendezvousplatz an, wo sich George und Mr. Ringwood bereits
vorfanden. Die beiden Gegner wechselten formelle Verbeugungen. Die Sekundanten
hielten, während sie die tödlichen Waffen untersuchten, eine kurze geflüsterte
Zwiesprache .
«Hat George
dir etwas gesagt?» fragte Ferdy.
«Nein, er
spielt sich auf, um sich interessant zu machen», erwiderte Mr. Ringwood mit
brutaler Offenheit.
«Zum
Henker, er kann doch nicht die Absicht haben, Sherry ein Loch durch den Kopf zu
schießen!»
«Genau das,
was auch ich denke. Aber es ist merkwürdig, daß ich von Lady Sherry keine
Nachricht bekommen habe.»
Während
dieser Dialog weiter fortgeführt wurde, hatte Sherry seinen graubraunen
Fahrmantel
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