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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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abgelegt und den einfachen dunklen Rock, den er darunter trug, bis
unters Kinn zugeknöpft, so daß er sein weißes Hemd völlig verbarg. Er hatte
sorgsam einen Rock mit kleinen dunklen Knöpfen gewählt, um seinem Gegner kein
unnötiges Ziel zu bieten; und er bemerkte mit einiger Verstimmung, daß Lord
Wrotham, wie in offen zur Schau getragener Verachtung seiner Schießkünste, die
blau-gelb gestreifte Weste des Four Horse Club trug und überdies einen Rock mit
blitzenden Silberknöpfen angelegt hatte.
    Die Distanz
wurde abgeschritten; die Gegner nahmen ihre Plätze ein, die Duellpistolen,
deren Läufe und Abzugshähne noch gesichert waren, gegen den Boden gerichtet;
die Sekundanten zogen sich acht Schritte zurück, und der Arzt kehrte den
Ereignissen überhaupt den Rücken. Mr. Ringwood zog ein Taschentuch hervor und
hielt es in die Höhe. Als es sich senkte, schnellte George seine rechte Hand in
die Höhe und schoß in die Luft. Eine Sekunde später grub sich die Kugel des
Viscount gut drei Fuß linker Hand von seinem Gegner in einen Baumstamm. Im
nächsten Moment senkte er seine Pistole und sagte wütend: «Verdammt, George,
wirst du aufhören, den Großmütigen zu spielen?»
    «Du guter
Gott, Sherry», sagte George, der den verwundeten Baum mit Abscheu betrachtete.
«Zum Teufel, alter Knabe, du kannst es doch besser!»
    «Was?
Besser?! Ich wollte ihn doch treffen!» erwiderte Sherry aufs höchste entrüstet.
    «Wer ist
jetzt großmütig?» fragte George und schlenderte über die Wiese, um Mr. Ringwood
seine Pistole zu überreichen. «Du mußt geübt haben. Da hast du, Gil.»
    Mr.
Ringwood, viel zu erleichtert, um sprechen zu können, nahm die Waffe, streckte
die Hand nach Sherrys Pistole aus und legte beide in den Pistolenkasten zurück.
Die ehemaligen Gegner maßen sich mit den Blicken.
    «Zum
Teufel, George», sagte Sherry, «ich hätte die größte Lust, dich durchzuprügeln,
vielleicht würde dich das ein wenig abkühlen. Das hätte ich von allem Anfang an
tun sollen.»
    «Nein, mein
Gott, nur nicht bevor wir gefrühstückt haben», erwiderte George. Sein etwas
widerwilliges Grinsen verbreiterte sich; er streckte seine Hand aus. «Es tut
mir aufrichtig leid, Sherry. Weißt du, ich hatte nicht die Absicht, es zu tun,
und es war wirklich nicht das geringste Böse dabei.»
    «Ach, geh
zum Teufel!» erwiderte Sherry und ergriff seine Hand. «Hat man schon je so
einen Burschen gesehen! Hallo, Ferdy, hast do daran gedacht, ein Frühstück zu
bestellen?»

14
    Die letzten Reste der Feindseligkeit
schwanden während des ausgiebigen Frühstücks, das vom Wirt eines benachbarten
Gasthofs serviert wurde; die Wirkung des Ale, mit dem die vier jungen Leute die
reichlichen Mengen Rindfleisch, Schinken und Taubenpastete hinunterspülten,
war so erheiternd, daß Sherry nicht zögerte, seine Freunde an dem Spaß
teilnehmen zu lassen, daß er tags zuvor tatsächlich so weit gegangen war, sein
Testament zu machen. George brach in schallendes Gelächter aus, als er es
hörte, und sagte, wenn er gewußt hätte, daß Sherry einen Baum treffen könne,
auf den er gezielt hatte, dann hätte er höchstwahrscheinlich auch sein
Testament aufgesetzt. Das stachelte natürlich Sherrys Ehrgeiz an, und er
forderte George unverzüglich zu einer Schießkonkurrenz heraus, die bei Manton
abgehalten werden sollte. Doch Mr. Ringwood und Mr. Fakenham, die stets zu
einer Wette bereit waren, wandten ein, daß kein normaler Mensch gegen George
wetten würde, wenn er nicht entsprechend gehandikapt würde. Der Rest der
Mahlzeit verflog in angeregtester Erörterung der unmöglichsten Formen eines
Handikaps, wie sie nur vier jungen Leuten in den Sinn kommen können, die von
jener Art Fröhlichkeit erfaßt worden sind, in die einen die plötzliche
Erlösung aus vierundzwanzigstündiger Angst versetzt. Als sie den Gasthof
endlich verließen, fuhr Mr. Ringwood in Ferdys Tilbury, während Sherry in
Georges Phaeton Platz nahm, der ihn zu Hause absetzen wollte.
    «Das
Kätzchen wird Gewißheit haben wollen, daß du unverletzt geblieben bist», sagte
er grinsend.
    «Ach, sie
weiß doch nichts davon», erwiderte Sherry.
    George
schwieg einen Moment, als er die Sache aber überlegt hatte, beschloß er, mit
Sherry ganz offen zu sprechen. Er sagte freimütig: «Doch, sie weiß es. Ich
wollte es dir zuerst nicht sagen, aber ich habe darüber nachgedacht: dein
Kutscher weiß davon; solltest du davon hören, würdest du mir, zehn zu eins,
mindestens wieder die Leber

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