Georgette Heyer
habe.»
«Er drängt auf eine baldige
Hochzeit?» wiederholte Fanny.
«Ja. Warum auch nicht?» sagte Serena
gleichmütig. «Er hat sehr recht, obwohl es besser gewesen wäre, er hätte sie
zuerst besucht. Sobald sie einmal seine Frau ist, wird er sie sehr bald
lehren, nicht vor seinen Umarmungen zurückzuschrecken.»
«Wie kannst du nur? Oh, wie kannst
du nur?» rief Fanny erschauernd aus. «Wenn du doch weißt, daß sie ihn weder
liebt, noch ihm vertraut!»
«Beides wird sie sehr schnell. Sie
ist erstaunlich leicht zu lenken, versichere ich dir!» gab Serena zurück. Sie
schaute auf die Uhr. «Essen wir um acht Uhr? Wie nobel wir geworden sind! Ich
muß mich zurechtmachen gehen. Speist Hector heute abend mit uns, oder ist er
verärgert, weil ich seinen äußerst klugen Rat in den Wind geschlagen habe?»
«Du weißt, daß er nie verärgert
ist», sagte Fanny. «Aber er kommt heute abend nicht. Er hat heute nachmittag
vorgesprochen und bat mich, dir zu sagen, daß er auf ein paar Tage nach Kent
fahren mußte und die Postkutsche um fünf Uhr erreichen wollte.»
«Heiliger Himmel, welch plötzlicher
Aufbruch! Hat es irgendeine Katastrophe gegeben?»
«O nein! Das heißt, ich habe ihn
natürlich nicht danach gefragt. Aber er sagte irgend etwas von Geschäften, die
er vernachlässigt habe, und daß ihm sein Verwalter schrieb, es sei sehr
dringend geworden.»
«Ach so! Sehr wahrscheinlich. Ich
erinnere mich, daß er mir einmal sagte, er sei nur auf einige Wochen nach Bath
gekommen. Die Wochen sind zu Monaten geworden! Ich hoffe, er wird seine Angelegenheiten
schnell erledigen – wie trübselig es für uns ohne ihn sein wird!»
«Ja, wirklich!» stimmte Fanny zu.
Ihre Stimme klang ihr selbst hohl in den Ohren; sie dachte, Serena müsse dies
bemerkt haben, und beeilte sich, das Thema zu wechseln. «Serena, wenn Rotherham
Emily besuchen kommt – und wenn er jetzt in Claycross ist, wird er das
zweifellos tun ...!»
«Das bezweifle ich sehr», unterbrach
sie Serena. «Soviel ich weiß, ist er schon seit zwei Wochen oder noch länger
dort! Er hat Emily weder besucht, noch angedeutet, daß er es tun will. Wenn du
nicht zugibst, daß meine erste Antwort auf das Rätsel richtig ist, dann versucht
er vielleicht, sie zu reizen. Wie gut für ihn, daß er ein bißchen am Gebiß
spielen muß! Ich wünschte, ich könnte es sehen!»
«Könnte es sein, daß er Gäste hat?»
sagte Fanny.
«Ich habe nicht die leiseste Ahnung,
meine Liebe!» antwortete Serena. «Da Lady Laleham wieder in Cherrifield Place
ist, findet er vielleicht ihre Gesellschaft genügend amüsant!»
Aber obwohl Seine Lordschaft allein
in Claycross war, zeigte er keinerlei Neigung, sich mit seiner zukünftigen
Schwiegermutter näher einzulassen. Er unterließ sogar die Geste, seine
Visitenkarte in Cherrifield Place abzugeben, ein Umstand, der ihr derartiges
Unbehagen verursachte, daß sie Sir Walter so lange tyrannisierte, bis er nach
Claycross hinüberritt, um herauszufinden, ob Rotherham beleidigt war, weil
Emilys Aufenthalt in Bath so lange dauerte, und damit er ihn besänftige, falls
dies der Fall wäre.
Sir Walter war von sanfter
Gemütsart, aber auch sehr gegen jegliche Form von Tätigkeit, die auch nur das
geringste Hindernis in den Weg seines ziemlich ausgeprägten Hedonismus hätte
legen können, und eine Anstrengung paßte ihm gar nicht, die ihn zwingen sollte,
sich in die matrimoniale Strategie seiner Gattin einzuschalten. Da sich die Zuneigung
zu seiner Gemahlin seit langem gelegt hatte, verbrachte er so wenig Zeit wie
möglich in ihrer Nähe; er neigte stark dazu, sich zu ärgern, daß sein einziger Lohn für
seine Nettigkeit, eine Woche unter seinem eigenen Dach zu verbringen, darin
bestehen sollte, daß er zu einer peinlichen Mission abkommandiert werde.
«Manchmal frage ich mich wirklich»,
erklärte Lady Laleham bissig, «ob Sie auch nur einen Funken Liebe für Ihre
Kinder besitzen, Sir Walter!»
Die Ungerechtigkeit dieses
Ausspruchs erbitterte ihn, und er antwortete empört: «Meiner Seel, das ist
wirklich reizend gesagt, .nachdem ich mich von dir in dieses verdammte
Kinderspital herauszerren ließ! Wenn das vielleicht nicht liebevoll ist, daß
ich die Fratzen besuche, wenn sie voller Flecken sind, dann weiß ich nicht,
was es sonst sein soll!»
«Hast du nicht den leisesten Wunsch,
deine älteste Tochter angemessen versorgt zu sehen?» fragte sie.
«Ja, und ob!» gab er zurück. «Es ist
verdammt kostspielig, sie in ganz London
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