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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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Kritik
klassifizierte. Aber Lady Theresa war gar nicht erstaunt darüber, denn sie
hatte Jane ja nie leiden können. Von Anfang an hatte sie unter dem
abgeschmackten förmlichen Benehmen eine gewisse schäbige, gesuchte Vornehmheit
gewittert, was ihr die junge Frau zuwider machte. Außerdem zog sie sich
schlecht an, hatte keine Haltung und verwöhnte ihre Kinder maßlos.
    Erst im November zogen Fanny und
Serena endlich im Dower House ein. Der Ankunft der neuen Lady Spenborough und
ihrer hoffnungsvollen Sprößlinge waren so viele Vorbereitungen und soviel
Geschäftigkeit vorausgegangen, und so viele Nadelstiche waren zu ertragen
gewesen, daß Serena aus ganzem Herzen zuzustimmen vermochte, als sie sich zu
ihrem ersten Abendessen in ihrem neuen Heim setzten und Fanny ausrief: «Oh, wie
gemütlich das ist!» Da Serena von allen Anstrengungen der letzten Wochen
todmüde war, glaubte sie wirklich, daß sie in ihrer neuen Umgebung glücklich
werden konnte, und schaute vertrauensvoll in die Zukunft. Das Gefühl, in
unbehaglicher Enge zu leben, würde vergehen, wenn sie sich einmal an die
kleinen Räume gewöhnt haben würde; und es würde amüsant sein, frei mit jenen
Nachbarn zu verkehren, die sie früher nur bei großen Anlässen empfangen hatte;
sie war überzeugt, daß sie eine Menge Interessantes zu tun finden würde.
    Diese Hoffnungen aber waren leider
zu optimistisch. Sie hatte mehr Prüfungen zu bestehen, als sie vermutet hatte.
Sie hatte vorausgesehen, daß der Verlust ihrer Kameradschaft mit dem Vater
schwer zu ertragen sein, nicht aber, daß sie sich um Dinge grämen würde, die
sie noch vor einem Jahr als lästig bezeichnet hatte. In ihrer Welt waren die
Winter von Besuchen belebt: bald verbrachte man eine Woche in Badminton, bald
in Woburn; man gab Jagdgesellschaften, nahm an Hetzjagden teil, und die Gäste
lösten einander ab. Alles das war zu Ende; sie hätte sich nie träumen lassen,
daß sie alles das geradezu unerträglich vermissen würde. Sie rief sich die
vielen Gelegenheiten ins Gedächtnis, da sie über die Pflicht, diese oder jene
Persönlichkeit nach Milverley einladen zu müssen, getobt hatte – aber es nützte
nichts; das war nun einmal das Leben, für das sie erzogen worden war, und es
fiel ihr nicht leicht, es aufzugeben. Auch konnte sie die Schwelle von Milverley
noch nicht überschreiten, ohne einen Stich im Herzen zu spüren. Daß es nun ihre
Verwandten bewohnten, schien kaum weniger beklagenswert als die Invasion Roms
durch die Barbaren. Sie wußte, daß sie unvernünftig war, und lange Zeit
vertraute sie nicht einmal Fanny die brennende Entrüstung an, die sie jedesmal
verzehrte, wenn die neuen Besitzer von irgendeinem trivialen, aber durch die
Zeit geheiligten Brauch abgingen. «Wir glauben» und «wir ziehen es vor» waren
Worte, die nur zu oft aus Janes Mund zu hören waren und mit einer so ruhigen
Selbstgefälligkeit vorgebracht wurden, daß diese allein schon eine Beleidigung
war. Was Hartley betraf, bedurfte es einer wahren Anstrengung Serenas,
freundschaftliche Beziehungen mit einem so unwürdigen Nachfolger ihres Vaters
aufrechtzuerhalten. Sie anerkannte seine gute Absicht, es richtig zu machen,
sie sah die Schwierigkeiten, die ihm begegneten, aber als er gestand, daß er
nichts für Rennen übrig hatte und daher den Rennstall seines Vorgängers
aufzulösen gedachte, hätte sie nicht entsetzter sein können, wenn er erklärt
hätte, zum Islam übertreten zu wollen. Es besänftigte sie nicht, daß er es für
seine Pflicht hielt, ein bißchen zu jagen: seine Reitkünste, an ihrem Maßstab
gemessen, gereichten ihm zu geringer Ehre.
    Fanny sah, wie sie sich abhärmte,
und es machte ihr Kummer, aber ihre Gefühle konnte sie nicht teilen. Die veränderten
Verhältnisse waren gerade das, was Fanny behagte. Sie hatte sich in Milverley
nie ganz daheim gefühlt; das Dower House war genau das, was ihr gefiel. Sie zog
ein Eßzimmer, das gerade für die Bewirtung von sechs Personen reichte, einen
hübschen Salon und ein gemütliches Frühstückszimmer bei weitem einem halben
Dutzend riesiger Salons vor, die einer in den anderen übergingen, und daß sie
endlose, hallende Galerien für zwei nette Hallen, eine über der anderen,
eingetauscht hatte, bedeutete für sie nur Gewinn. Sich mit ihrer Haushälterin
darüber beraten zu können, wie das Hammelfleisch zum
Abendessen zubereitet oder Pippin-Äpfel eingekocht werden sollten, oder die
Vormittage in der Vorrats- oder Wäschekammer verbringen zu

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