Georgette Heyer
beabsichtigte, wurde seine Aufmerksamkeit von Lady Laleham,
die links von ihm saß, abgelenkt.
«Was sagen Sie dazu, Lord Rotherham?
Ihre Schwester und ich haben die gleichen Bedenken, aber ich glaube, mir ist
etwas eingefallen, was es unseren leichtsinnigen jungen Leuten möglich macht,
der Unterhaltung doch beizuwohnen. Wenn wir als geschlossene Gesellschaft
hingehen, wäre das Problem gelöst, finden Sie nicht auch?»
«Gewiß», antwortete er.
Sie gab sich mit dieser durchaus nicht
enthusiastischen Zustimmung zufrieden und begann sofort, Lady Silchesters
Mithilfe zu organisieren.
Rotherham wandte sich wieder Emily
zu, die ganz rosig vor Aufregung und mit funkelnden Augen zu ihm aufsah. «Oh,
ich danke Ihnen so!» hauchte sie.
«Gehen Sie so gern zu
Unterhaltungen?»
«O ja! Das heißt, ich weiß nicht,
weil ich noch nie bei einer war.»
«Weil Sie noch nicht wirklich
gesellschaftsfähig sind ... Leben Sie in Quenbury?»
«O nein! In Cherrifield Place!
Kennen Sie es nicht? Sie sind heute morgen daran vorbeigekommen!»
«Wirklich?»
«Ja, und Mama war überzeugt, daß Sie
das sein müßten, wegen des Wappens. Wir waren schon am Tor, weil wir gerade nur
ins Dorf hinuntergehen wollten, aber Mama sagte, wir würden statt dessen
hierherfahren, weil sie ein Rezept hatte, das sie Lady Spenborough geben
wollte.»
«Welch glücklicher Zufall!»
Sie war verblüfft, und
eingeschüchtert durch den spöttischen Ton, schwieg sie. Serena sagte mit
unsicherer Stimme: «Nun, ich hoffe, Sie werden Spaß an der Unterhaltung haben
und viele Tänzer finden.»
«Immer in den Grenzen des
Exklusiven», warf Rotherham ein und schaute sie an.
Sie gab ihm den Blick drohend
zurück, da sie wußte, daß er durchaus fähig war, so deutlich zu werden, daß es
auch seine unschuldige Nachbarin verstehen mußte. Da er ihrem Stirnrunzeln mit
jenem sanftmütigen Blick begegnete, den sie gut kannte, war es ein Glück, daß
Lady Laleham, die ihren Zweck erreicht hatte, es für taktisch richtig befand,
sich zu verabschieden. Ihre Kutsche wurde gerufen, und sie entführte ihre
Tochter voll Genugtuung über den Erfolg ihrer morgendlichen Kampagne.
«Ich kann mit diesem Frauenzimmer
nie zusammenkommen, ohne den Braten zu riechen», bemerkte Lady Silchester
ruhig. «Hoffentlich bin ich von nun an nicht ihre teure Augusta Silchester!»
«Es geschieht dir nur recht, wenn du
dumm genug warst, die Unterhaltung zu erwähnen», sagte ihr Bruder.
«Sehr richtig. Ich werde Kopfweh
haben und Caroline mit Cordelia hinschicken.»
«Ich glaube, sie wußte, daß Sie hier
sind, und deshalb kam sie!» erklärte Fanny sehr aufgebracht.
«Und ob sie es wußte!» sagte Serena,
und ihre Augen tanzten. «Dieses alberne Kind hat das Geheimnis in der denkbar
unschuldigsten Aufrichtigkeit ausgeplaudert. Daß ich meine Fassung bewahrt
habe, ist ein Wunder! Nur gut, daß ihre Mama gerade nicht zuhörte!»
«Ein hübsches kleines Ding, das
Mädel», sagte Lady Silchester. «Nicht genug Haltung, aber sie wird gut
ankommen. Dunkle Mädchen sind gerade jetzt sehr gefragt. Verlassen Sie sich
darauf, ihre Mutter plant, sie dem Meistbietenden zuzuschlagen. Man erzählt
sich, daß Laleham ziemlich fertig ist.»
«Ich möchte nur wissen», sagte
Rotherham, «warum die Großmama nicht bei dem Ball sein wird, den sie geben
muß.»
«Ich habe schon gefürchtet, du
fragst sie!» sagte Serena.
«Ich werde es bei der Unterhaltung
herauskriegen, wenn du nicht als Spaßverderberin anwesend sein kannst.»
«Du wirst doch nicht im Ernst zu der
Unterhaltung gehen?!» rief sie ungläubig aus.
«Gewiß werde ich das.»
«Geschmack an Speichelleckerei
gefunden?» zog sie ihn auf. «Nein, aber an Miss Lalehams ungekünstelter
Konversation.»
«Ah, du wirst aber nicht auf deine Kosten kommen! Du hast sie verschreckt.»
«Dann muß sie eben wieder handzahm
gemacht werden.»
«Nein, nein, das wäre zu schlecht
von dir! Außerdem könntest du in Mamas Busen Hoffnungen erwecken!»
«Das macht es erst recht
unwiderstehlich. Ich werde an der Seite meiner Nichte und meiner Mündel
aufziehen, und du wirst demnächst hören, daß ich nicht halb so eklig bin, wie
man angenommen hatte.»
Sie lachte, konnte aber nicht
glauben, daß es ihm ernst damit war.
Die nächste Besucherin im Dower
House jedoch war Mrs. Monksleigh, die am Weihnachtsabend von Claycross
herübergefahren kam und erzählte, daß der Plan mit der Unterhaltung nun
abgemachte Sache sei. «Ich gestehe, ich dachte, es
Weitere Kostenlose Bücher