Georgette Heyer
die du da hast,
ist zu kurz im Rücken.»
«Unsinn!» antwortete sie.
«Über Pferde rede ich nie Unsinn.»
Sie lachte und schob die Kapuze von
ihrem schimmernden Haar zu rück. «Ich habe mit mir eine Wette abgeschlossen,
daß ich dich einmal treffen will, ohne zu streiten, also seien wir einer
Meinung, daß die Stute viel zu kurz im Rücken ist, außerdem weiche
Sprunggelenke hat und sehr wahrscheinlich gerade im Begriff ist, den Spat zu
bekommen.»
Er mußte wider Willen lächeln und
sagte etwas milder: «Wo warst du spazieren? Ich hätte gedacht, es ist ein zu
scheußliches Wetter, als daß es dich zu etwas anderem als zur Jagd ins Freie
locken könnte.»
Sie unterdrückte einen Seufzer.
«Sprich nicht von Jagd! Ich glaube, sie kommen heute in Normansholt zusammen,
und dachte eben daran, wie einem zumute ist, wenn man die Witterung spürt.
Wieso bist du nicht draußen?»
«Augusta hat mir befohlen, sie statt
dessen hierher zu begleiten.»
«Du dauerst mich! Ist sie bei Fanny? Ich muß ins
Haus.»
Er ging neben ihr dem Haus zu; der
Saum seines langen Kutschiermantels aus weißem Tuch schlug ihm um die Fesseln.
«Hast du deine Pferde weiter in Milverley eingestellt?» fragte er.
Sie zögerte. «Ich hätte es tun
können, aber – nein!»
«Wo denn dann?»
«Nun, um die Wahrheit zu sagen, ich
habe sie verkauft!» sagte sie leichthin.
Er war wie vom Donner gerührt. «Sie
verkauft! Guter Gott, soll das heißen, daß dein Vetter sie nicht für dich
einstellen wollte?»
«Keineswegs! Er war absolut dazu
bereit, aber es wäre ein Riesenunsinn von mir gewesen, ein halbes Dutzend
Pferde zu behalten, die ich nicht benützen kann und die mich arm fressen; und
da Jane nicht reitet, dachte ich, es sei das beste, sie loszuwerden. Außerdem –
haben wir denn nicht festgestellt – so etwas kannst du doch nicht vergessen
haben! –, daß ich es mir in meiner gegenwärtigen Lage nicht leisten kann, einen
Stall zu halten?»
Er war sehr erregt und sagte rauh: «Rede mir gegenüber
doch nicht so ein Zeug zusammen! Warum zum Teufel hast du dich nicht an mich
gewandt? Wenn du Geld für einen solchen Zweck brauchst, kannst du es haben!»
«Aus deiner Tasche, Ivo?»
«Unsinn! Du bist eine reiche Frau!»
Sie war überrascht und sehr gerührt.
«Mein lieber Ivo, ich weiß ebensogut wie du, daß es nicht in deiner Macht
steht, gegen die Kuratoriumsbestimmungen zu handeln! Ich habe kein solches
Spatzenhirn, wie du es mir zutraust! Ich habe das alles mit Mr. Perrott vor
langem durchgesprochen.»
«Laß dir gesagt sein, Serena, daß
dir diese unabhängige Art, die du hast, überhaupt nicht steht!» sagte er
ärgerlich. «Perrott konsultieren ...? Dazu war nicht die geringste Veranlassung!»
Sie lächelte. «Du hast mich
überzeugt, daß dazu jede Veranlassung war! Ich danke dir, Ivo, aber ich bin
überzeugt, du siehst ein, wie ungehörig es wäre, mich freizuhalten!»
«Davon ist keine Rede! Wenn ich dir
Geld leihe, so sei überzeugt, daß ich darüber genau Buch führen werde und
erwarte, es zu gegebener Zeit zurückzubekommen.»
«Ach, aber Papa warnte mich davor,
je in die Hände von Geldverleihern zu geraten!» gab sie zurück und lachte ihn
an. «Nein, nein!
Sprich nicht weiter! Ich bin wirklich
nicht undankbar, aber ich bin der Welt nicht gern etwas schuldig! Was meine
Pferde betrifft – nun ja, es hat mir einen Stich gegeben, daß
ich mich von ihnen trennen mußte, aber das ist jetzt alles vorbei, und ich
versichere dir, ich weine ihnen nicht mehr nach. Bitte, geh hinein und sage
Lady Silchester, daß ich gleich zu ihr herunterkomme! Ich kann nur mit all dem
Schmutz nicht vor ihr erscheinen!»
Sie verschwand ins Haus; nach einem
Augenblick, in dem er vor sich hinbrütete, folgte er ihr, warf seinen
Kutschiermantel und Hut auf einen Stuhl und gesellte sich zu seiner Schwester
und Fanny im Salon.
Als Serena bald darauf das Zimmer
betrat, hatte sie ihre Sportkleidung gegen eine Robe aus anliegendem schwarzem
Krepp vertauscht, die hochgeschlossen und nur von
einer kleinen Rüsche aus plissiertem Batist aufgehellt war. Die düstere Farbe
schien ihre weiße Haut noch zu unterstreichen; wenn Fanny in ihrer
Witwenkleidung schon ätherisch schön aussah, wirkte Serena mit ihren
flammenden Locken und der milchweißen Haut geradezu großartig.
Lady Silchester, die, obwohl nur um
zwei Jahre älter als ihr Bruder, schon eine furchterregende Matrone war,
starrte sie an und rief aus: «Auf mein Wort, Serena, ich habe Sie
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