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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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rot werden, denn Tatsache sei Tatsache, und darum komme man
nicht herum, und überhaupt sei sie selbst so dick geworden, daß es für sie
gerade genug sei, nur zur Trinkhalle und zurück zu Fuß zu gehen. «Und einen
Tragsessel bestellen – ich schwöre Ihnen, ich tue das nie ohne die sichere
Erwartung, daß die armen Teufel, die mich tragen, tot zwischen den Stangen
niederfallen, und das wäre eine zu aufregende Sache», fügte sie hinzu.
    Serena lachte. «Schön, Ma'am, wie
Sie wünschen! Aber glauben Sie uns, bitte, daß wir uns freuen
würden, Sie in Laura Place begrüßen zu dürfen!»
    Das trug ihr einen entschieden beifälligen
Blick von einem Gast ein, einem jungen Mann von etwa dreißig Jahren, der wie
ein Gentleman aussah und gerade bei Mrs. Floore saß, als man die beiden Damen
anmeldete. Da sie ihn nicht weggeschickt hatte, schien Mrs. Floore ihn für
würdig zu erachten, ihre vornehmen Besucherinnen kennenzulernen. Sie stellte
ihn als Ned Goring vor, den Sohn des Geschäftspartners ihres verstorbenen
Mannes; er war von Bristol herüber geritten, um ihr seine Aufwartung zu machen;
und es sickerte bald durch, daß die furchterregende alte Dame neben den zwei
Vermögen außerdem noch beträchtliche Interessen an der Seifenfabrik ihres Vaters
und an der Werft ihres Gatten geerbt hatte. Der junge Mr. Goring,
Juniorpartner in der letzteren, blickte anscheinend mit Respekt und Liebe zu
ihr auf; und als Serena im Lauf des Gesprächs eine Bemerkung fallen ließ, wie
gut sie Mrs. Floore leiden konnte, antwortete er in seiner kurz angebundenen
Art: «Ich glaube, das muß jeder, der sie kennt. Ich kenne niemanden mit einem
weicheren Herzen oder einem klügeren Verstand.»
    Er wurde ihr dadurch sofort
sympathisch, denn sie kannte die Welt gut genug, um zu erkennen, wie viele
Männer in seiner Position, die durch Erziehung größere Vornehmheit erlangten,
als ihre Väter sie angestrebt hatten, eine Ausrede für die Freundschaft mit
jemandem so offenherzig Gewöhnlichen wie Mrs. Floore gebraucht hätten. Da diese
vollauf mit Fanny beschäftigt war, gab sich Serena alle Mühe, Mr. Goring
auszuholen. Sie entdeckte sehr bald, daß er in Rugby und Cambridge erzogen
worden war, und er gefiel ihr noch besser, als er auf eine Frage antwortete:
«Ja, ich kenne George Applington wirklich sehr gut, aber seit ich in das
Geschäft meines Vaters eingetreten bin, haben sich unsere Wege getrennt. Wie
geht es ihm? Ein prima Bursche!»
    «Es geht ihm – sehr teuer!»
    Er lachte. «Ah, ich pflegte ihm zu
prophezeien, er würde noch als ein Beau der Bond Street enden! Daraufhin machte
er natürlich meist irgendeine abfällige Bemerkung über Teer, das einzige, was
er von meinem Beruf kannte, und es kam selten vor, daß einer von uns beiden
aus der Diskussion nicht mit einem blauen Auge hervorging!»
    Fanny hatte sich soeben erhoben, um
sich zu verabschieden, die Gesellschaft brach auf, und Serena schüttelte ihrem
neuen Bekannten die Hand und drückte die freundliche Hoffnung aus, daß sie
einander wiedersehen würden. Als sie neben Fanny nach Laura Place zurückging,
bemerkte sie: «Der junge Mann gefiel mir, dir nicht? Er hat etwas besonders
Angenehmes in seinem Benehmen, sehr natürlich und freimütig. Auch hat er etwas
anständig Männliches an sich, was ich heutzutage, da es all diese langweiligen
Männer und Stutzer gibt, ausgesprochen erfrischend finde!»
    Ein neuer Schrecken keimte in Fanny
auf; der wöchentliche Brief an Mama wurde sehr überlegt abgefaßt und enthielt
keine Erwähnung von Beaufort Square.
    Es war jedoch nichts mehr von Mr.
Goring zu hören. Serenas Freundschaft mit Mrs. Floore gedieh, aber in einer
harmlosen Form, die sich auf einen gelegentlichen Besuch und häufiges Zusammentreffen
in der Trinkhalle beschränkte, wo manchmal etwas Konversation gemacht, manchmal
auch nicht mehr als ein herzlicher Gruß ausgetauscht wurde. Die nächste
Begebenheit, die den Ablauf des Lebens in Bath belebte, war ein unerwarteter
Besuch von Rotherham. Als Fanny und Serena an einem sonnigen Nachmittag im
April nach einer Stunde Spaziergang in den Sydney Gardens heimkamen, wurden
sie mit der Nachricht begrüßt, Seine Gnaden warte schon seit mehr als zwanzig
Minuten im Salon auf sie. Fanny ging, um Hütchen und Umhang abzulegen, aber
Serena zog es vor, sofort in den Salon zu gehen, und sagte schon beim
Eintreten: «Das ist aber eine Überraschung! Was bringt dich nach Bath,
Rotherham?»
    Er stand vor dem Kaminfeuer und
blätterte

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