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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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«Ich kann mich wohl kaum
in meinem Reitdreß mit euch zu Tisch setzen, und etwas anderes habe ich nicht
mitgebracht.»
    «Ach, so hast du also doch
vorgehabt, mit mir zu streiten!» zog sie ihn auf. «Fanny wird dir die
Reitstiefel verzeihen, und mir gegenüber willst du doch hoffentlich nicht
förmlich tun!» Sie wandte den Kopf, da Fanny ins Zimmer trat, und sagte:
«Rotherham ist so voller Förmlichkeit, daß er nicht in seinem Reitdreß mit uns
speisen will! Rede ihm gut zu, Fanny, während ich mich zurechtmache!»
    Als sie bald darauf zurückkam, fand
sie beide in anscheinend völliger Harmonie beisammensitzen; Rotherham
traktierte Fanny liebenswürdigerweise mit den neuesten Nachrichten über die
Vorbereitungen zur Königshochzeit. Da es nur selten vorkam, daß er weiblicher
Neugier dieser Art nachgab, konnte Serena nur annehmen, daß er fest entschlossen
war, liebenswürdig zu sein. Es begab sich im Lauf des Abends auch nichts, was
ihre Meinung hätte ändern können. Er gab Fannys Freude am Klatsch nach, ohne
sich zuviel Verachtung dafür anmerken zu lassen; und amüsierte Serena mit einer
bissigen Beschreibung des Aufruhrs im Taubenschlag der Whigs, wie er es nannte.
Beide Damen unterhielten sich sehr gut, und wenn eine Andeutung, die Serenas Augen
tanzen ließ, Fanny unverständlich war, oder sich das Gespräch der Heimreise Mr.
Cannings von Lissabon zuwandte, hatte sie ja ihren Stickrahmen, um sich zu
beschäftigen, und war nur froh, daß Serena in einer so guten Stimmung war.
Sätze wie: «Ganz nett, gleich eine ganze Fregatte nur zum Vergnügen zu
benützen!» und: «So etwas war einfach noch nie da!» drängten ihr die Erinnerung
an qualvolle Abende in Milverley oder Grosvenor Square auf, als es ihre
Pflicht als Gastgeberin von ihr verlangt hatte, jeden Nerv anzuspannen, um Gesprächen
solcher Art folgen zu können. Jetzt mußte sie das nicht länger, und sie war nur
zu froh darüber.
    Ihre wandernden Gedanken wurden eben
wieder eingefangen, denn die Rede schien sich von dem
despotischen Benehmen irgendeines Menschen, der Ferdinand hieß, einem
interessanteren Gegenstand zugewandt zu haben. Rotherham fragte Serena eben,
wer sich gegenwärtig in Bath aufhalte.
    «Mein lieber Ivo! Zu Beginn der
Londoner Saison? Nichts als zweite Garnitur!»
    Fanny protestierte, daß sie zu
streng sei, aber Serena lachte und schüttelte den Kopf. «General Creake, die
alte Lady Skene, Mrs. Piozzi, Madame D'Arblay und ihr Kränzchen: Mrs. Holroyd,
Mrs. Frances, Miss Bowdler – muß ich die Reihe fortsetzen?»
    «Mußt du wirklich nicht. Ich habe
gehofft, du würdest eine etwas anregendere Gesellschaft finden.»
    «Habe ich!»
sagte Serena.
    «Diesem
Lächeln trau ich nicht. Wer ist es?»
    «Eines Tages werde ich es dir
verraten. Vorderhand aber sind meine Lippen versiegelt!» antwortete sie mit
gespielter Feierlichkeit.
    «Das soll wahrscheinlich heißen, du
weißt sehr gut, daß ich nicht einverstanden wäre.»
    «Möglicherweise ja, sehr
wahrscheinlich aber nein, und auf jeden Fall geht es dich nichts an.» Sie
blickte spitzbübisch zu Fanny hinüber und fügte hinzu: «Ich persönlich finde
die Bekanntschaft äußerst anregend.»
    «Aber Lady
Spenborough nicht?»
    «Fanny hat so noble Anwandlungen!
Außerdem ist sie meine Stiefmama und hält es für ihre Pflicht, sehr strikt
meinen Anstandswauwau zu spielen.»
    «Jetzt
aber, Serena ...!»
    «Um die Aufgabe beneide ich sie
nicht, ich tu dir nicht den Gefallen, hinter das Geheimnis kommen zu wollen,
aber hoffentlich bist du vorsichtig und weißt, was du zu tun hast.»
    «Bin ich, weiß ich! Es ist nicht
gerade ein Geheimnis, und ich bin überzeugt, dir könnte ich es ruhig
anvertrauen, nur glaube ich trotzdem, momentan sollte ich es noch nicht.»
    Er schaute sie stirnrunzelnd an,
sagte aber nichts. Sie sprachen von etwas anderem, und das Thema wurde nicht
wieder erwähnt, bis sich Rotherham verabschiedete. Serena war
aus dem Zimmer gelaufen, um einen Brief zu holen, den er frankieren sollte, als
er unvermittelt sagte: «Lassen Sie sie nicht in irgendeine Dummheit rennen!
Allerdings können Sie sie wohl nicht daran hindern; ihren Eigensinn kenne ich
am besten!»
    «Sie irren sich, wirklich!»
versicherte ihm Fanny.
    Er schaute skeptisch drein, konnte
aber nicht mehr sagen, weil Serena mit ihrem Brief zurückkam.
    «Da ist er», sagte sie, legte ihn
auf den Schreibtisch und öffnete das Tintenzeug. «Kusine Florence wird dir sehr
dankbar sein, wenn du ihr wenigstens einen

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