Georgette Heyer
zu sagen, daß mir das ein bißchen zu stark
war, meine Liebe! Deshalb glaubten Mama und ich das Ganze nicht.»
Fanny setzte sich ganz gebrochen
nieder und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. «Oh, wie unbedacht ich war! Ich
hätte nicht erlauben sollen – ich hätte sie begleiten sollen!»
Sir William betrachtete sie in
lebhaftester Bestürzung. «Du willst mir doch nicht sagen, daß es wahr ist? Auf
mein Wort, Fanny ...!»
«Nein, nein, nicht so, wie du
denkst! Papa, du darfst es nicht herumerzählen – Serena wünscht nicht, daß es
bekannt wird, solange sie in Trauer ist – aber sie sind verlobt!»
«Was?» fragte er. «Lady Serena mit
einem Major Kirkby verlobt?»
«Ja!» sagte sie und brach ohne ersichtlichen Grund
in Tränen aus.
12
Außer der Bemerkung: «Na, na, da gibt's
doch nichts für dich zu weinen, meine Liebe!» kümmerte sich Sir William
herzlich wenig um Fannys plötzlichen Tränenstrom. Seiner Ansicht nach brachen
Frauen immer ohne einen Grund, der dem stärkeren Geschlecht ersichtlich wäre,
in Tränen aus. Er war sehr verblüfft über die Neuigkeit, die sie ihm anvertraut
hatte, und neigte zuerst dazu, sie ebensosehr zu mißbilligen, wie er die
Neuigkeit von Fannys eigener Verlobung verurteilt hätte. Aber Fanny, die sich
schnell die Augen trocknete, gelang es bald, ihm sein Mißfallen auszureden. Das
rührende Bild, das sie ihm von einer Neigung malte, die sieben Jahre überdauert
hatte, machte ihm wenig Eindruck. «Sehr schönes Gerede!» sagte er. «Es mag ja
bei ihm so gewesen sein, obwohl ich mir erlaube, es zu bezweifeln. Er kann sich
ja einbilden, daß ihm nie eine andere Frau gefallen hat, aber ich kann nur
sagen, wenn er kein loses Vögelchen gefunden hat, das ihm in den sieben Jahren
Spaß gemacht hätte, dann muß er ein Tropf sein. Nein, nein, meine Liebe, das
ist ziemlich übertrieben! Was Lady Serena angeht, so hat sie diese ganze
Beständigkeit nicht daran hindern können, sich mit Rotherham zu verloben. Aber
was du mir da über seine Erbfolge erzählst, gibt der Sache natürlich ein
anderes Gesicht. Nicht daß ich glaube, die Carlows werden die Verbindung etwa
sehr freundlich aufnehmen, aber das ist schließlich nicht meine Sache!»
Schuldbewußt merkte Fanny, daß sie
ihm den Eindruck gegeben hatte, der Besitz des Majors sei groß und sein
Vermögen ansehnlich; aber sie hoffte inständig, daß er sie über das Thema nicht
zu genau verhören würde. Zwar fragte er sie, in welchem Teil des Landes der
Besitz lag, aber der Eintritt Lybsters mit Wein und Gläsern auf einem großen
Silbertablett kam zur rechten Zeit, und sie brauchte nicht mehr zu sagen als:
«In Kent, Papa.» Seine Aufmerksamkeit war abgelenkt; er schenkte sich ein Glas
Sherry ein; war angenehm von dessen Qualität überrascht; und interessierte
sich eine Zeitlang mehr dafür, wo er erworben worden war, als für die Größe
oder die näheren Umstände des Besitzes von Major Kirkby.
Als Lybster gegangen war, nachdem er
mit Sir William die entsprechenden Vorzüge von Bristol Milk, Oloroso und
Manzanilla diskutiert hatte, füllte Sir William sein Glas nach und war der
Welt gegenüber nachsichtig gestimmt. Er sagte seiner Tochter, sie habe einen
guten Butler; langweilte sie sehr mit seinen Ausführungen darüber, daß in
seiner Jugend Mountain-Malaga viel getrunken wurde; wieviel er in den
achtziger Jahren für ein Faß gezahlt hatte; wie selten man ihn heutzutage in
diesen verkommenen Zeiten angeboten bekomme; und kam schließlich wieder auf
das Thema von Serenas Verlobung zurück. Je mehr er darüber nachdachte, um so
besser gefiel ihm die Sache, denn wenn Serena noch vor Jahresende heiraten
sollte, würde der Weg für Agnes frei werden, die dann ihrer Schwester einen
längeren Besuch abstatten konnte. «Das heißt, wenn sie in dieser Saison nicht
abgeht, und obwohl es sich deine Mama jede Anstrengung kosten läßt, sage ich
dir ohne Zögern, meine Liebe, daß ich nur wenig Hoffnung hege. Sie kommt nicht
an. Ein Jammer, daß du ihr nicht ein bißchen von deiner Schönheit abgeben
kannst! Obwohl meiner Meinung nach schön ist, wer schön handelt, und ein
Löffel Honig auf der Zunge würde ihr eher einen achtbaren
Mann einbringen, als ein Büschel Erdbeeren, das sie sich aufs Gesicht legt.
Jawohl, Mama ist entschlossen, ihren Teint klarer zu machen, und man sagt,
Erdbeeren seien gut dafür. Ich hoffe, es stimmt, aber bisher, scheint's, ist
es nur eine Verschwendung guter Früchte. Mit Kitty ist das etwas
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