Georgette Heyer
kann
nicht leugnen, daß es eine feine Sache ist, einen Marquis zu heiraten, denn
die wachsen nicht gleich auf jedem Baum, und ich wäre eine sehr komische
Person, wenn mir momentan vor Stolz nicht fast das Korsett platzte. Wenn Emma
ihn gern hat, dann bin ich sehr froh, daß er tatsächlich ein Marquis ist; aber
wenn nicht, dann kann er fünfzigmal Marquis sein, und ich würde trotzdem
sagen, sie wäre besser mit einem gewöhnlichen Mann dran, den sie wirklich gern
haben kann!»
«Wir wollen hoffen, daß sie ihn gern
hat, Ma'am», sagte Serena lächelnd.
«Mit Verlaub, meine Liebe, wir haben
nichts dergleichen zu wollen oder zu hoffen!» sagte Mrs. Floore geradeheraus.
«Sie, und ebenso, möchte ich wetten, Ihre Gnaden, kennen ja diese meine
Tochter! Was die arme kleine Emma gern hat oder nicht gern hat, ist das letzte,
worüber die sich den Kopf zerbricht, und das ist die reine Wahrheit, sowenig
Freude es mir macht, so etwas von meinem eigenen Fleisch und Blut sagen zu
müssen!»
Glücklicherweise – da Fanny nicht
wußte, was sie auf diese offenherzige Rede antworten sollte – kam eben Lybster
zurück, so daß sie ablenken konnte, indem sie ihre Gäste mit Erfrischungen
versorgte. Serena sagte: «Zweifellos haben Sie schon Briefe von ihnen
bekommen, Ma'am?»
«Ich habe einen von Sukey bekommen,
meine Liebe, aber Emma ist nicht eine, die Briefe schreibt. Und wenn sie mir
geschrieben hätte, wüßte ich auch nicht mehr, als ich schon weiß, weil ich fest
glaube, daß Prawle sie ein Dutzend Briefe aus dem Complete Letter-Writer auswendig
lernen ließ und ihr eingeschärft hat, nie andere zu schreiben. Sukey natürlich,
die ist höchst entzückt! Ja, man könnte rein glauben, daß sie selbst in diesen
kostbaren Marquis verliebt ist, denn sie stellt ihm ein derartiges Zeugnis aus,
daß ich, wollte ich nur die Hälfte von dem glauben, was sie schreibt, ihn für
einen Erzengel halten müßte. Drum, und weil Ned, der gerade bei mir war, als
Roger mit der Zeitung und den Briefen kam, mir nichts über ihn sagen konnte,
als daß er ein berühmter Sportler ist, habe ich mich entschlossen, geradewegs
herzukommen und Sie zu besuchen, Lady Serena, denn < Merken Sie sich meine
Worte! > , sagte ich zu Ned, < Ihre Gnaden weiß alles über ihn! > Und Sie
brauchen sich nicht zu genieren und können offen vor ihm reden, meine Liebe,
ganz so, als wäre er mein Sohn, was er leider nicht ist! Und außerdem, er
kennt Emma sehr gut, denn er war viel mit ihr beisammen, als sie bei mir hier
war, und er ging mit uns zu den Unterhaltungen und ins Theater und so.»
Serena schaute Mr. Goring an, aber
sein Gesicht verriet nichts. «Ja, Lord Rotherham ist in der Sportwelt sehr
bekannt, glaube ich», sagte Fanny ausdruckslos.
Mr. Goring hob die Augen von seinem
Glas, das er betrachtet hatte, und schaute sie scharf an.
«Nun, ich weiß nicht recht, ob mir
das gut klingt, um gleich dabei zu bleiben!» sagte Mrs. Floore zweifelnd. «Wenn
er was für Rennen übrig hat, dann bedeutet das Wetten, und ich habe schon einen
Spieler am Hals hängen, einen zweiten will ich nicht!»
Fanny war zu überwältigt von der
Vorstellung, daß Rotherham am Hals Mrs. Floores hängen könnte, um eine Antwort
zu wagen. Serena lachte laut heraus und sagte: «Davor haben Sie nur ja keine
Angst, Ma'am! Rotherhams Vermögen ist außerordentlich groß, und er hat viel
mehr für Boxen und Schießen und Jagen übrig als für Wetten!»
«Na, da bin ich ja froh, daß Sie das
sagen, meine Liebe. Nicht daß ich es mit dem Boxen hielte, denn es ist ordinär
und nicht gerade das, was ich von einem Marquis erwarten würde. Aber Ned sagt
mir, es sei große Mode bei den eleganten Beaux, und jedenfalls wird er ja Emma
nicht in Boxhallen schleppen. Aber wenn er glaubt, daß er sie dazu bringen
kann, mit ihm schießen und jagen zu gehen, wird ihm das nicht gelingen! Mein
Gott, sie wäre zu Tode verängstigt.»
«Ich nehme an, Ma'am, es ist ihm
bewußt, daß – daß sie seinen Geschmack in dieser Richtung nicht teilt.»
«Wenn er es noch nicht weiß, wird er
es beim ersten Mal erfahren, wenn er sieht, wie sie sich die Augen aus dem Kopf
weint, weil die Katze eine Maus gefangen hat!» sagte Mrs. Floore. Sie schaute
Serena durchdringend an. «Sagen Sie mir eines, meine Liebe: Wie alt ist er?»
«Er ist achtunddreißig», antwortete
Serena ruhig.
«Achtunddreißig! Himmel, dann ist er
ja um mehr als zwanzig Jahre älter als sie!» rief Mrs. Floore entsetzt.
«Stimmt. Aber er
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