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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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sich seine Verlobung
so sehr zu Herzen genommen haben. Lady Theresa empfand sie als persönliche
Beleidigung und gab ihrer Nichte die Schuld daran. Was Lady Laleham betraf, gab
es einfach keine Worte für ihr schamloses, vulgäres Benehmen. Von dem
Augenblick an, da sie mit ihrem Nichts von einer Tochter nach London gekommen
war, hatte sie keine Gelegenheit versäumt, sie Rotherham vor die Nase zu
stellen – aber wer hätte auch angenommen, daß ein Mann in seinem Alter auf ein
hübsches Lärvchen und eine arglose Zunge hereinfallen würde? Lady Theresa
prophezeite allen Beteiligten Unheil und hoffte, daß Serena, wenn sie dereinst
als alte Jungfer sterben würde, sich ihrer Worte erinnerte und es ihr leid
täte. Bis dahin blieb sie ihre sie liebende Tante.
    Zwei Tage später erhielt Mrs. Floore
einen Brief aus London. Sie traf Serena in der Trinkhalle, ihr Gesicht
strahlte, sie drängte ihr diesen Brief von Emily auf und bat sie, ihn zu
lesen. «Gott segne sie, ich habe noch nie so einen Brief von
ihr bekommen, noch nie!» erklärte sie. «Wie sie aufgeregt ist – ja, sie kann
sich einfach nicht fassen! Aber Sie werden es ja selbst lesen!»
    Serena nahm den Brief etwas zögernd
entgegen, aber der alten Dame lag es offenkundig so sehr am Herzen, daß sie es
ihr nicht abschlagen konnte.
    Der Brief war weder schön
geschrieben, noch gut abgefaßt, aber nichts darin war einem Briefsteller
entnommen: Emilys Stimme sprach aus jedem unzusammenhängenden, aber ekstatischen
Satz. Für Serena war es der Erguß eines Kindes; und sie hatte fast das Gefühl,
daß sie eher die Beschreibung eines dem Kind versprochenen Festes als den
Bericht eines Mädchens über seine Verlobung las. Obwohl Rotherhams Name immer
wieder auftauchte, geschah dies immer nur im Zusammenhang mit seinem Rang,
seinem Reichtum, seinen schönen Häusern, den prächtigen Pferden und dem Neid in
den Herzen anderer Damen, daß er erobert worden war. Er hatte sie in seinem
zweirädrigen Wagen im Hyde Park ausgeführt, und jedermann machte große Augen,
weil es hieß, daß er nie mit Frauen ausfuhr. Als er sie in die Oper führte, war
es, als gehe man mit einem Prinzen aus, weil er seine eigene Loge auf dem
denkbar besten Platz hatte und jedermann ihn kannte, und es gab kein Warten auf
die Kutsche, denn sobald die Lakaien ihn kommen sahen, rannten sie auch schon
hinaus, um den Kutscher aufzurufen, und so mußten sie nicht im Vestibül warten
oder erst sagen, wer sie seien. Und erst Rotherham House! Wenn Großmama das
sehen könnte, wäre sie ganz weg und würde den Kopf darüber schütteln, daß ihre
kleine Emily die Herrin eines solchen Haushalts werden würde, darin
Gesellschaften geben und oben an der Treppe stehen, mit einer Tiara auf dem
Kopf. Es gab einfach Hunderte von Dienern da, einige von ihnen so fein, daß man
sie für Gäste hätte halten können, und alle Lakaien in schwarzseidenen
Kniehosen. Und dann war da Delford Park, das sie noch nicht gesehen hatte, aber
sie glaubte, es sei noch größer als selbst Milverley, und wie sie mit diesem
Besitz zurechtkommen würde, könne sie sich überhaupt nicht vorstellen.
    So ging das weiter und vermittelte
Serena das Bild eines unblasierten Kindes, das von Reichtum geblendet ist und
atemlos staunt, weil es plötzlich Heldin eines phantastischen Traums ist, und
berauscht von seinem eigenen überwältigenden Erfolg. Kein Wort verriet, daß
Emily eine Zuneigung gefaßt hätte; wichtig war ihr nicht Ivo Barrasford,
sondern der Marquis von Rotherham.
    Serena wagte es kaum, von diesen
Blättern aufzuschauen, so klar verrieten sie ihr das Wissen, daß Zuneigung
wenigstens auf der einen Seite dieses Heiratskontrakts keine Rolle gespielt
hatte. Auch Mrs. Floore konnte unmöglich etwas anderes als die Aufregung eines
geschmeichelten Kindes darin entdecken; und es war sehr schwierig, etwas über
einen so beunruhigenden Erguß zu sagen.
    «Na?» sagte Mrs. Floore. «Was halten
Sie denn davon, meine Liebe?»
    Serena gab ihr die gefalteten
Blätter zurück. «Sie ist ein bißchen außer sich, Ma'am, was nicht verwunderlich
ist. Vielleicht ...»
    «Ei, und ob!» kicherte Mrs. Floore.
«So aufgeregt, so glücklich! Himmel, der hat sie einfach hingerissen, nicht?
Lord Rotherham das und Lord Rotherham jenes, bis man meint, in ganz London
existiere sonst niemand! Was auch stimmt – in ihren Augen! Nun, ich kann mich
nicht erinnern, daß ich je begeisterter gewesen wäre, und was für eine
Erleichterung das für mich ist,

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