Georgette Heyer
jetzt nicht und
nie! Unter dieser Bedingung könnte ich es nicht tun. Nur, wenn es auch dein
eigener Wunsch ist!»
«Nein, also das ist zuviel von mir
verlangt!» rief sie. «Ich müßte ja mehr als dumm sein, wenn ich so etwas
Närrisches auch noch wünschen würde!»
«Oh, meine Liebe, wenn es dir
närrisch erscheint, wie könnte ich dann zulassen, daß du meinem Stolz ein Opfer
bringst?»
Sie schaute ihn sonderbar an. «Frage
dich, wie ich es zulassen könnte, daß du deinen Stolz meinen extravaganten
Gewohnheiten opferst. Ich könnte dir verraten, wie leicht ich dazu imstande
bin! Bitte – bitte, ermutige mich nicht dazu, dich zu beherrschen! Weißt du,
das werde ich nämlich versuchen. Da! Jetzt bist du gewarnt! Doch schön von
mir, nicht? Sprechen wir nie wieder von der Geldsache! Sag mir's erst, wenn du
beschlossen hast, was du tun willst.»
Sie sprachen wirklich nicht wieder
darüber. Er dachte zwar ständig daran; aber sie schien es ganz aus ihren
Gedanken verbannt zu haben. Wenn ihre Gleichgültigkeit eine Maske war, so wurde
sie nie gelüftet. Sie schien bei glänzender Gesundheit und Laune zu sein und
war so voll unermüdlicher Energie, daß er manchmal müde wurde, mit ihr Schritt
zu halten. Einmal sagte er zu Fanny, halb im Spaß, halb im Ernst, daß er von
keinem Augenblick zum andern wüßte, wo sie sein oder was sie tun würde. «Ich
glaube», sagte Fanny, «das kommt daher, weil sie sehr glücklich ist. Sie war
immer schon voll Energie, aber so rastlos habe ich sie noch nie erlebt. Sie
kann einfach nicht stillsitzen!»
Auch Mrs. Floore bemerkte es und zog
ihre eigenen Schlüsse. Eines Tages marschierte sie in der Trinkhalle auf Fanny
los, verscheuchte rücksichtslos den jungen Mr. Ryde, Fannys glühendsten
Verehrer, von deren Seite und ließ sich auf dem Stuhl nieder, den er ihr
anzubieten gezwungen war. «Na, jetzt hab ich bestimmt einen Feind an ihm!»
bemerkte sie fröhlich. «Unter uns, Mylady, Sie und Lady Serena, ihr beide habt
die Männer in dieser Stadt so liebeskrank gemacht, daß es ein Wunder ist, wenn
die übrigen jungen Frauenzimmer nicht alle miteinander an Auszehrung zugrunde
gehen!»
Fanny lachte, schüttelte aber den
Kopf: «Die jungen Männer bewundern Lady Serena, nicht mich, Ma'am!»
«Ich leugne nicht, man könnte sie rein
für einen Honigtopf halten, wenn man sieht, wie alle diese dummen Hummeln
ständig um sie herumsummen», stimmte Mrs. Floore zu, «aber einige gibt es,
denen gefallen Sie besser, mit Verlaub zu sagen! Der junge Lümmel etwa, der mir
seinen Stuhl in der übelsten Laune überließ, die ich je erlebte, der macht
einen noch größeren Narren aus sich, als es der Major getan hat, als er Tag um
Tag hierherkam und Ihre Gnaden suchte.»
«Mr. Ryde ist ja bloß ein Kind, und
gräßlich dumm!» sagte Fanny hastig.
«Stimmt, dumm ist er wirklich. Was
der Major nicht ist», sagte Mrs. Floore und warf Fanny einen klugen Blick zu.
«Was ich zuerst geglaubt hatte, Mylady, war, daß das damals gerade nur ein
Bath-Flirt war. Aber weiß Gott, Lady Serena wäre nicht in einer solchen Hochstimmung,
wenn das alles wäre! Wann soll's denn sein, möchte ich gern wissen?»
Fanny, die das Zwinkern, das ihr so
spitzbübisch zugedacht wurde, durchaus nicht schätzte, sagte, so kalt es ihr
sanftes Herz erlaubte: «Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, Ma'am.»
«Halten es geheim, was?» Mrs. Floore
wackelte wie ein Pudding vor lauter Kichern. «Als ob das
nicht ein blindes Huhn sehen könnte! Na, wenn dem so ist, dann will ich nicht
weiter fragen, Mylady. Ich kann nicht umhin, sie zu beobachten und mir so meine
eigenen Gedanken darüber zu machen!»
Der bloße Gedanke daran, von Mrs.
Floore beobachtet zu werden, war Fanny so unangenehm, daß sie sich fast zu dem
Entschluß durchrang, Serena wegen ihrer Unvorsichtigkeit Vorwürfe zu machen.
Aber bevor sie soweit kam, geschah etwas, das die Gedanken der alten Dame in
eine andere Richtung lenkte. Etwa Mitte Juli ließ sie sich wieder nach Laura
Place führen und verkündete bei ihrer Ankunft, daß sie die Neuigkeit, die sie
hatte, unmöglich für sich behalten konnte, weil sie sonst gestorben wäre.
«Was mir sehr wahrscheinlich
passiert wäre, und zwar so, daß ich explodiert wäre wie eine Sektflasche»,
sagte sie. «Was glauben Sie, wer zu mir kommt, bevor ich auch nur einen Tag
älter bin?»
Keine der beiden Damen konnte es
sich denken, obwohl Serena Mrs. Floore höchst entzückte, als sie prompt sagte:
«Der
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