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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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ganz gräßlich, weil es
einen ganz elend macht, so daß einen das Geringste zum Weinen bringt. Aber Mama
war sehr lieb zu mir und hat mir erlaubt, Großmama zu besuchen und oh, das ist
so gemütlich!»
    «Ich hoffe, Sie bleiben lange bei
ihr?»
    Da war der verschreckte Blick
wieder. Emma stammelte: «Oh, ich möchte schon – ich weiß nicht – Mama sagte ...»
    «Ihre Mama wird wahrscheinlich bald
an Ihr Brautkleid denken», sagte Serena leichthin.
    «Ja, ich meine – oh, nicht schon so
früh!»
    «Wann soll denn die Hochzeit sein?»
    «Ich – wir – es steht noch nicht
fest. Lord Rotherham sprach von September, aber – aber ich möchte lieber noch
nicht heiraten, erst bis ich achtzehn bin! Ich werde im November achtzehn,
wissen Sie, und dann werde ich alles besser verstehen – glauben Sie nicht?»
    «Warum – weil Sie dann achtzehn
sind?» lachte Serena. «Macht das für Sie soviel Unterschied?»
    «Ich weiß nicht. Es ist nur – weil,
ich weiß noch nicht alles, was ich wissen müßte, um eine Marchioness zu sein,
und ich glaube, ich soll versuchen, eine große Dame zu werden, und – und wenn
ich noch bis November nicht heirate, dann kann ich das vielleicht.»
    «Ich kann nicht glauben, daß Lord
Rotherham wünscht, Sie sollten in irgendeiner Hinsicht anders werden, als Sie
jetzt sind, meine liebe Emily.»
    Darauf erfolgte keine Antwort. Als
Serena sie ansah, merkte sie, daß Emily tief errötet war und die Augen
niedergeschlagen hatte. Nach einer Weile sagte Serena: «Erwarten Sie Lord
Rotherham in Bath?»
    Emily blickte rasch auf und wurde
blaß. «In Bath? O nein! Der Doktor sagte, ich darf mich nicht aufregen! Mama
sagte, sie würde ihm das erklären. Außerdem – er darf meine Großmama nicht kennenlernen!»
    «So, so», sagte Serena trocken.
«Darf ich fragen, ob er Mrs. Floore nie kennenlernen soll?»
    «Nein, nein! Das könnte ich nicht
ertragen!»
    «Ich möchte mir nicht erlauben, Ihre
Mama zu kritisieren, Emily, aber Sie machen einen Fehler. Sie dürfen Ihre
Großmama nicht verachten.»
    Emily brach in Tränen aus. Zum Glück
war eine der schattigen Nischen, an denen die Gärten so reich waren, in der
Nähe und leer. Da Serena keine Lust hatte, in aller Öffentlichkeit in
Begleitung eines herzhaft schluchzenden Mädchens herumzuwandern, führte sie
Emily in die Nische und befahl ihr streng, sich zusammenzunehmen. Es dauerte
eine Weile, bis Emily dazu imstande war, und als ihre Tränen zu fließen
aufhörten, hinterließen sie das Gesicht so fleckig, daß Serena sie in der
Nische sitzen ließ, bis diese Spuren der Erregung verschwunden waren. Um das
Mädchen abzulenken, fragte sie, ob sie ihren Besuch in Delford genossen habe.
Dem unzusammenhängenden Bericht, den ihr Emily darüber gab, entnahm sie, daß
es nicht durchwegs begeisternd gewesen war. Emily schien zwischen einer
großartigen Vision von sich selbst, wie sie über den riesengroßen Besitz
herrschen würde, und dem Schrecken vor seinen Dienern zu schwanken. Sie war überzeugt,
daß der Majordomus sie über die Achsel ansah; und sie hatte Lady Silchesters
Kammerdiener für einen Gast gehalten, was die Mama böse gemacht hatte. Ja, Lady
Silchester hatte für ihren Bruder die Gastgeberin gespielt. Sie war sehr stolz,
nicht wahr? Es waren eine Menge Leute in Delford gewesen, schrecklich
aufregende Leute, die sie alle angeschaut hatten und die einander alle kannten.
Es hatte auch ein riesiges Diner gegeben; über vierzig Gäste, und so viele
Gänge bei Tisch, daß sie sie nicht mehr zählen konnte. Lord Rotherham hatte
gesagt, das nächste Mal, wenn in Delford wieder so ein Diner gegeben würde,
dann müßte sie die Gastgeberin spielen.
    Das wurde mit einem so entsetzten
Blick aus weit aufgerissenen, stiefmütterchenbraunen Augen vorgebracht, daß
Serena wußte, es war nicht der Bräutigam, sondern der Rahmen, in dem er lebte,
der Emily in einen solchen Schrecken versetzt hatte. Serena wunderte sich, daß
Rotherham nicht erkannt hatte, wie sehr sich Emily ihrer Mängel bewußt werden
mußte, wenn er dieses unerfahrene Kind in Delford unter solchen Verhältnissen
einführte. Was konnte ihn dazu bewogen haben, sein Haus mit den vornehmsten
Gästen zu füllen? Er hätte doch erraten müssen, daß er Emily einer
schrecklichen Qual aussetzte; Serena konnte sich nichts Ungeschickteres denken,
als anscheinend die halbe Grafschaft zu einem Galadiner einzuladen und dann
noch dem armen Mädchen zu sagen, man erwarte von ihr, daß in Zukunft

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