Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
Vom Netzwerk:
Ding sich in irgendeiner Schwierigkeit befand: man konnte nur
hoffen, daß Seine Lordschaft es ihr leicht machte. Aber dieser sah nicht gerade
liebenswürdig aus.
    Cardross
war weit entfernt davon, liebenswürdig auszusehen. Kaum hatte Nell die
Türschwelle überschritten, als sie auch schon wußte, den denkbar ungünstigsten
Zeitpunkt gewählt zu haben. Er stand mit strenger Miene neben seinem
Schreibtisch. Er lächelte nicht und ging ihr auch nicht entgegen. Nie zuvor
hatte sie ihn so finster blicken gesehen. Ihre eigenen Augen erweiterten sich
in plötzlichem Entsetzen und sie rief unwillkürlich: «Oh, Giles, was ist
geschehen?»
    Er
antwortete nicht sogleich, dann sagte er in einem sehr flachen Tonfall: «Ich
habe gehört, du wünschest mich besonders dringend zu sprechen. Ich erwarte den
Besuch Somerbys. Wäre es nicht besser, die Unterredung bis morgen zu
verschieben, falls die Angelegenheit nicht von unmittelbarer Dringlichkeit
ist?»
    Die kalte
Förmlichkeit seiner Worte griff ihr ans Herz; es gelang ihr gerade noch zu
sagen: «Es ist von ... äußerster Dringlichkeit. Ich muß ... ich muß es dir
sogleich sagen!»
    «Also gut.
Worum handelt es sich?»
    Das war
keineswegs ermutigend. Doch jetzt konnte sie nicht mehr zurück. Sie sagte:
«Das Halsband ... das Cardross-Halsband! Es ist verschwunden!!»
    Er stand
wie erstarrt, schwieg aber. Verängstigt und bestürzt stotterte sie: «Du
kannst... ich glaube, du kannst mich nicht richtig verstanden haben.»
    «O ja! Ich
habe dich ganz richtig verstanden!» sagte er grimmig. «Cardross, bitte ... du
bist sehr böse ... empört ...»
    «Beides. Zu
sehr, um die Angelegenheit jetzt mit dir zu erörtern. Wir sprechen uns morgen.
Bis dahin werde ich vielleicht mit mehr Beherrschung sprechen können, als mir
jetzt möglich ist.»
    «Bitte, sag
zu mir, was du willst, aber sieh mich nicht so an!» bat sie. «Ich habe es ganz
bestimmt nicht aus Sorglosigkeit verloren. Es wurde gestohlen, Cardross!»
    «Ich habe
nie angenommen, daß du es bloß verlegt hast. Willst du übrigens damit andeuten,
daß es einem Dieb gelang, ohne von jemandem bemerkt zu werden, in das Haus
einzudringen? Oder willst du jemanden von der Dienerschaft verdächtigen?»
    «Ich weiß
es nicht, aber ich fürchte, es muß jemand von der Dienerschaft gewesen sein»,
sagte sie bekümmert. «Sie können danach gesucht haben, denn ein Fremder hätte
nicht gewußt, wo er es suchen soll ... und sie hätten bestimmt darauf geachtet,
daß alles in Ordnung blieb und so aussah, als wäre niemand in meinen Räumen
gewesen und als wäre nichts
gestohlen worden. Ich ... ich habe keinen bestimmten Verdacht, verstehst du?
Es hätten auch Monate vergehen können, ehe ich den Verlust entdeckt hätte, denn
es war unter meiner Wintergarderobe versteckt, die Sutton eingekampfert hat.»
    «Und wie
kommt es, daß du es dennoch entdeckt hast?» fragte er. «Das macht mir ein wenig
Kopfzerbrechen.»
    «Ich habe
es nicht entdeckt ... Sutton fand das Etui leer, als sie meine Wintergarderobe
durchsah.»
    «Ich
verstehe. Welch unerwartetes Mißgeschick!»
    In seiner
Stimme war ein so höhnischer Ton, daß Nell ihn erstaunt ansah. «Unerwartetes
Mißgeschick?» wiederholte sie. «Du lieber Gott, Cardross, es war viel, viel
mehr!»
    «Ich bin
überzeugt, daß du außerordentlich erschrocken warst. Ich nehme an, Sutton
machte diese unwillkommene Entdeckung erst heute?»
    Sie
antwortete nicht sogleich. Sie hatte wohl damit gerechnet, daß die volle
Beichte schwer sein werde, aber nicht damit, daß er es ihr so schwer machen
würde. Sie mußte die Regung, einfach ja zu antworten, überwinden, denn es schien
über ihre Kraft zu gehen, diesem Fremden, der sie mit so unbarmherzigen Augen
ansah und in so sarkastischem Ton mit ihr sprach, die ganze verworrene
Geschichte zu erzählen. Doch der innere Kampf währte nur eine Minute. Sie
atmete tief ein und sagte leise: «Nein. Ich ... ich wußte es ... seit
Dienstag. Ich muß es dir erklären... muß versuchen, es dir zu erklären ...
weshalb ich es dir bis heute ... nicht sagte»
    «Um Himmels
willen, nein! Erspare mir wenigstens das!»
    Sie
erschrak zutiefst, denn diese Worte waren mit wilder Gewalt aus ihm
hervorgebrochen. Ihre Augen flogen zu ihm hinüber, und sie wich instinktiv vor
dieser wildflammenden Wut zurück, die ihr aus seinen Augen entgegensprühte.
    «Cardross
...!»
    «Schweig!»
Er drehte sich wild zum Schreibtisch herum und riß eine Schublade auf. «Du
brauchst mir nichts

Weitere Kostenlose Bücher