Georgette Heyer
zu einer schweren Prüfung und bewirkte, daß der
Viscount neuerlich Mr. Hethersett vergaß. «Hör auf, Corny», rief er
indigniert.
«Chip-chip,
cherry-chip, fol-di-diddle-di-dee!» sang Mr. Fancot.
«Das ist
falsch», rief Dysart zornig. «Das gibt doch keinen Sinn!» Hierauf erhob er
seinen mächtigen Bariton und beglückte die Gesellschaft mit der richtigen
Version, welche sich, soweit seine Schwester zu beurteilen vermochte, kaum von
der seines Freundes unterschied. Doch Mr. Hethersett, von Mr. Fancots
Darbietung völlig ungerührt, wurde durch die des Viscount ungemein erregt. Kaum
drang der Refrain von Chipchow, cherry-chow, fol-lol-di-riddle-low an sein
Ohr, als Nell bemerkte, wie er erstarrte und hierauf leise etwas
Unverständliches murmelte.
Der
Viscount belebte die restliche Fahrt mit munteren Gesängen und ließ seinen
Bariton noch immer erschallen, als Cardross' erstaunter Butler die ganze
Gesellschaft in das Palais eintreten ließ.
Doch nicht
Lord Dysarts Verfassung war es, die Farley überraschte. Es war der Anblick
seiner Herrin, der ihn dazu veranlaßte, die Augen weit aufzureißen. Er rief
unwillkürlich: «Mylady!»
«Ja, wußten
Sie denn nicht, daß ich auszugehen genötigt war?» sagte Nell in dem Versuch,
die ganze Situation als belanglos darzustellen. «Bitte, führen Sie Lord Dysart
und Mr. Fancot in die Bibliothek. Sie ... sie kamen, um mit mir zu soupieren.»
«Mein
Geburtstag», vertraute ihm Mr. Fancot leutselig an. «Feiere ihn. Und auch Erdfloh.»
«Ich
verstehe, Sir», erwiderte Farley und nahm ihm behutsam den Hut aus der Hand.
«Verdammt,
nicht Erdfloh», rief der Viscount. «Kakerlak! Wo ist Seine Lordschaft?»
«Seine
Lordschaft befinden sich nicht zu Hause, werden jedoch binnen kurzem hier
eintreffen, Mylord», erwiderte Farley und übergab die Besucher der Obhut des
Lakaien, der ihm in die Halle gefolgt war.
Mr. Fancot
wurde ohne weitere Schwierigkeiten in die Bibliothek geleitet, der Viscount
zeigte sich aber widerspenstig.
«Es hat
keinen Sinn, mich foppen zu wollen», sagte er streng zu seiner Schwester. «Ich
lasse dich nicht aus den Augen, Nell, also schlag dir's aus dem Kopf.
Keinesfalls, solange dieser Bursche im Hause ist!»
«Dysart, um
Himmels willen ...»
«Es wird
besser sein, mit ihm zu gehen, Cousine», riet Mr. Hethersett. «Hat keinen Sinn,
da er schon wieder auf dem hohen Roß sitzt. Viel besser, Sie überlassen die
Sache mir.»
Da Dysart
ihren Arm mit festen Griff umklammert hatte, schien ihr tatsächlich nichts
anderes übrigzubleiben. Nachdem sie Mr. Hethersett leise, aber eindringlich,
beschworen hatte, bei der Suche nach Cardross keine Zeit zu verlieren, zog sie
sich in die Bibliothek zurück.
Hier wurde
sie von Mr. Fancot freudig willkommen geheißen, der sich in dem glücklichen
Wahn befand, Freunde in seinem eigenen Haus zu empfangen. Er schüttelte ihr
herzlich die Hand und bot ihr ein Glas Wein an. Sie lehnte es ab, was ihn
aufrichtig betrübte; doch Dysart, der eine Karaffe und Gläser entdeckt hatte,
welche auf einem Seitentischchen standen, sagte: «Hat keinen Sinn, sie zu
nötigen: sind nur zwei Gläser da.»
Mr. Fancot
war entsetzt. «Was?! Nur zwei Gläser?» rief er. «Das ist doch lächerlich, Dy.
Gibt kein anderes Wort dafür: einfach lächerlich. Mein dummer Bedienter hat
mich mißverstanden. Klingle um mehr Gläser.»
«Wir
brauchen keine Gläser», erwiderte Dysart und goß den Wein freigebig in die
beiden Gläser, die auf dem Tischchen standen.
«Doch, wir
brauchen sie», beharrte Mr. Fancot. «Kann keine Party geben, wenn nur zwei
Gläser da sind. Versteht sich von selbst.»
«Nun, es
ist keine Party. Es ist auch nicht dein Haus.»
«Nicht mein
Haus?» sagte Mr. Fancot verwundert. Er betrachtete seine Umgebung prüfend mit
scharfen, wenn auch etwas dümmlichen Blikken. «Beim Zeus, Dy, es ist wahr!
Verwünscht, wenn ich weiß, wessen Haus das ist. Weißt du was, lieber Junge?
Sind ins falsche Haus geraten. 's ist besser, wir gehen.»
«Nein, laß
nur. Kamen her, um Cardross zu besuchen», sagte Dysart mit düsterem Blick.
Mr. Fancot
dachte tiefsinnig darüber nach. «Nein», sagte er schließlich. «Weiß nicht
genau, warum wir herkamen, wollten aber nicht Cardross besuchen. Habe nichts
gegen ihn. Bin aber nicht besonders gut mit ihm bekannt. Ist 'n kapitaler
Bursche! Genügt allen Anforderungen. Immer eine Ehre, ihn zu sehen. Aber die
Sache ist die, 's ist nicht das, was wir tun wollten. Sag mir eines, Dy: haben
wir
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