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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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«Nell, sag, weshalb hat er es
getan?»
    «Ach, aus
einem ganz unsinnigen Grund.»
    «Sehr
wahrscheinlich. Aber aus welchem unsinnigen Grund?»
    «Ich wäre
sehr froh, wenn du dir ein Beispiel an dem lächerlichen Mr. Fancot nähmesi und
mir keine neugierigen Fragen stelltest.»
    «Das glaube
ich dir aufs Wort. Ich werde es aber nicht tun. Sag's doch, du verschmitztes
Ding!»
    «Nein,
bitte quäl mich nicht», bat Nell.
    «Also gut.
Ich bin nur neugierig, was Giles dazu sagen wird», erklärte Letty in
unschuldigstem Ton.
    «Letty! Du
wirst doch nicht ...»
    «Natürlich
nicht, wenn du mich ins Vertrauen ziehst», erwiderte Letty mit reinster
Unschuldsmiene.
    «Du bist
wahrhaftig das gewissenloseste Mädchen», erklärte Nell.
    Letty
kicherte. «Nein, das bin ich nicht, denn ich verrate nie ein Geheimnis. Ich
warne dich: ich werde nicht ruhen, bis ich es herausbekommen habe. Ich kann
mir nämlich nicht vorstellen, was in Dysarts Kopf vorging, wenn er diesmal
keinen seiner tollen Streiche vorhatte. Und das war, wie ich genau weiß, nicht
der Fall.»
    «Bitte,
denk nicht zu schlecht über ihn», sagte Nell und kapitulierte.
    Letty, die
der Erzählung Nells hingerissen lauschte, dachte keineswegs schlecht über ihn.
Sie sagte großmütig, er hätte diesmal mehr Geist bewiesen, als sie je bei ihm
vermutet habe, und war nur zu sehr geneigt, in seinen Tadel mit einzustimmen,
daß Nell nicht geschwiegen hatte. «Hättest du wenigstens vorgegeben, ihn nicht
zu erkennen, dann wäre jetzt alles am besten Wege, in Ordnung zu kommen. Und du
kannst nicht leugnen, daß du dir, wenn du ihn wirklich nicht erkannt hättest,
gar nichts aus dem Verlust deines Schmucks machen würdest. Du hättest es
vielleicht erraten, wenn er dir das Geld gebracht hätte, aber das wäre doch
unwichtig gewesen.»
    «Wie kannst
du nur so etwas sagen? Meine Ruhe wäre völlig zerstört gewesen. Ich hätte es
Cardross erzählen müssen ... doch wie hätte ich das tun können, wenn er bereits
jetzt glaubt, Dy treibe es zu ... zu bunt? Ach, es wäre schlimmer gewesen als
alles übrige.»
    «Du bist
ein merkwürdiges Geschöpf», rief Letty. «Ich finde, du hättest etwas von
deinem Schmuck verkaufen sollen. Ich staune gar nicht, daß Dysart die Geduld
gerissen ist. Du kannst schließlich mit dem, was dir gehört, machen, was du
willst.»
    Und so ging
es in derselben Tonart fort, bis sie Brent House erreichten. Als sich Dysart
unmittelbar darauf seiner Schwester in verdrießlicher Stimmung anschloß, trug
Letty viel dazu bei, seine gute Laune wiederherzustellen, indem sie seine
Erfindungsgabe uneingeschränkt lobte, ihn wegen des Mißgeschicks bedauerte, daß
aus seinem Plan nichts geworden war, und Nell heftig dafür tadelte, so dumme
Grillen zu haben. Dies eine Mal empfanden sie füreinander lebhafte Sympathie,
doch als der Viscount sagte, wenn Nell wegen einer kleinen, unumgänglich
notwendigen Täuschung soviel Wesens mache, solle sie lieber ihren Mut
zusammennehmen und Cardross gestehen, daß sie sich wieder einmal in finanziellen
Nöten befinde, fand ihr Einverständnis unverzüglich ein Ende. Letty
widersprach diesem Vorschlag energisch. Ihrer Erfahrung nach war der im
allgemeinen so nachsichtige Cardross entsetzlich hart, wenn er glaubte, jemand
sei verschwenderisch gewesen; und wenn man ihm Schulden beichtete – und wären
sie auch unvermeidbar gewesen –, wurde er entschieden grausam. Sie sagte das
aus eigener bitterer Erfahrung, denn ihr letzter Zusammenstoß mit ihrem Bruder
war ihr noch lebhaft in Erinnerung. «Nur weil ich ein Necessaire kaufte, einen
für die Bequemlichkeit einer Dame unbedingt erforderlichen Gegenstand, und ihn
in der höflichsten Form bat, es zu bezahlen – denn wie könnte ich es selbst,
bei der armseligen Summe, die er mir als Nadelgeld bewilligt –, schickte er es
in das Geschäft zurück! Ich wurde noch nie so gedemütigt! Und würden Sie es
glauben, Dysart? – er drohte mir, wenn ich nochmals Schulden machen sollte,
mich unter Beaufsichtigung einer strengen Gouvernante nach Merion zu schicken!
Einer Gouvernante ...!!»
    Der
Viscount war nicht sehr beeindruckt und wäre es in Wirklichkeit noch weniger
gewesen, hätte er den Vorzug gehabt, diesen für die Bequemlichkeit einer Dame
unbedingt erforderlichen Gegenstand zu sehen. Dieses Necessaire war zweifellos
ein schönes Gepäckstück, denn jedes der zahlreichen Kristallflakons wurde mit
einem Golddeckel verschlossen, der mit einem ungemein geschmackvollen Muster
aus

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