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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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Diamantsplittern verziert war. Der zweite Lakai, ein kräftiger Jüngling,
brach beim bloßen Transport über eine Treppenflucht in Schweiß aus. Als man es
hierauf öffnete, waren die Augen aller Anwesenden wie geblendet. Die Augen von
Cardross jedoch waren dermaßen geblendet, daß er sie mit gepeinigtem Ausdruck
wieder schließen mußte.
    «Das hat
gar nichts zu besagen. Wahrscheinlich hielt er es für ein junges Mädchen für
ungeeignet», sagte der Viscount mit unbewußter Klugheit. «Dagegen weiß
jedermann, daß Hofball-Toiletten verteufelt kostspielig sind, und ich würde
mich nicht wundern, wenn ...»
    «Als Giles entdeckte,
daß Nell so ungeheuer verschuldet ist, sagte er ihr Dinge, die ihr den größten
Kummer bereiteten.»
    «Waren Sie
denn dabei?» fragte der Viscount argwöhnisch.
    «Nein, ich
war nicht dabei, aber ich sah sie unmittelbar danach, und sie war völlig fassunglos.
Sie weinte herzzerreißend, und seither befand sie sich ständig in einem
Zustand tiefster Niedergeschlagenheit. Wenn Sie sie jetzt auch noch verlassen,
wäre es das Abscheulichste, was ich je gehört habe.»
    «Wer sagte
denn, daß ich es beabsichtige, he?» erwiderte Seine Lordschaft. «Ich sagte
bloß ... aber es hat ja keinen Sinn. Es ist jammerschade, daß aus der heutigen
Sache nichts geworden ist ... aber es wird mir schon wieder etwas einfallen.
Und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich gefälligst nicht einmischen
wollten», fügte er, wenig ritterlich, hinzu.
    «Ich habe
nicht die geringste Absicht, mich einzumischen», sagte Letty starr vor Wut.
    «Nun, dann
achten Sie nur darauf, daß Sie es tatsächlich nicht tun!» empfahl Dysart. «Und
klatschen Sie auch darüber nicht überall herum.»
    Diese wenig
vornehmen Worte bereiteten dem vorzüglichen Einvernehmen, welches sich
zwischen ihnen anzubahnen begonnen, ein jähes Ende. Letty verlangte von Seiner
Lordschaft in eisigstem Ton, sie zu ihrer Schwägerin zurückzubegleiten, und
Seine Lordschaft gehorchte mit wenig schmeichelhafter Bereitwilligkeit. Als er
Nell von zahlreichen Bewunderern umringt fand, glaubte er, nicht an ihrer Seite
bleiben zu müssen, und verließ sie, um sich auf seine Art zu amüsieren. Da er
bedauerlicherweise zu den unverschämten jungen Leuten gehörte, welchen man
nicht trauen konnte, bei einem Maskenball die Grenzen zu wahren, gelang es ihm,
sich leidlich gut zu unterhalten, indem er mit jeder Dame heftig flirtete, die
liebenswürdig genug war, ihn dazu zu ermutigen. Als dies aber nach einiger Zeit
für ihn an Reiz verlor, hatte er das Glück, auf einen alten Freund zu stoßen,
in dessen Gesellschaft er, gemeinsam mit einigen andern tonangebenden Dandys,
den Rest des Abends verbrachte, um sich schließlich seiner Schwester, in
ungemein fröhlicher Stimmung, wieder anzuschließen. Er war nicht ausgesprochen
betrunken, wie er selbst es ausgedrückt hätte, und nur ein grämlicher Pedant
hätte etwas an der liebenswürdigen, um nicht zu sagen ausgelassenen Stimmung
auszusetzen gehabt, in welche ihn der Champagnerpunsch versetzt hatte. Eines
war klar ersichtlich: er hatte sich vorübergehend alle Sorgen aus dem Kopf
geschlagen, und man konnte von ihm nicht er warten, daß er seine Gedanken
jetzt auf die Lösung von Nells Geldsorgen richtete. Statt dessen unterhielt er
die beiden Damen auf der Rückfahrt in die Stadt mit Bruchstücken eines
Gassenhauers, den er ihnen mit seinem schönen und kräftigen Bariton vortrug.

5
    Letty hatte sich, trotz Mr. Allandales
Abwesenheit, auf dem Maskenball glänzend unterhalten. Ebenso wie der Viscount
hatte sie heftig geflirtet und sich von ihrer Fröhlichkeit zu Dingen hinreißen
lassen, die nur unter dem Schutz einer Maske und eines Dominos möglich waren.
Sie hatte ziemlich unverschämte Komplimente erhalten, und ihre paillettenübersäte
Toilette war allgemein bewundert worden. Ihre Unbesonnenheit trug aber
keineswegs dazu bei, Nells Stimmung zu bessern. Doch sie war dieser
Lebhaftigkeit gegenüber, die sie einige Male tief erröten ließ, völlig
machtlos. Ein sanfter Verweis wurde nur mit Lachen und einem Zurückwerfen des
Kopfes beantwortet. Und als sie zu sagen versuchte: «Letty, wenn du die
geziemende Distanz nicht um deiner selbst willen einhältst, dann, bitte, tue es
wenigstens um meinetwillen», hatte ihre eigenwillige Schwägerin erwidert: «Ach,
Unsinn! Du hältst zu sehr auf Förmlichkeiten! Das alles ist doch nichts andres
als Spiel und Scherz.»
    «Es gehört
sich nicht», sagte Nell.

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