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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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warten, denn
ich fahre einen bis zwei Tage weg. Du kannst beruhigt sein und aufhören, Dich
abzuquälen, weil ich einen Weg gefunden habe, alles zu ordnen, und sogar noch
weit mehr als. Ich werde Dir nicht sagen, um was es sich handelt. Zehn zu eins
hättest Du wieder etwas dagegen einzuwenden, denn ich habe noch niemanden mit
so idiotischen Bedenken gesehen. Wärest Du zu Hause gewesen, dann hättest Du
bestimmt wieder versucht, mir etwas in den Weg zu legen, also bin ich sehr
froh, Dich nicht angetroffen zu haben. Wenn diese habgierige Schneiderin Dich
wieder belästigt, bevor ich zurück bin, dann sag ihr, sie wird vor Ende der
Woche bezahlt werden. Sei also nicht schlechter Laune, liebes Schwesterchen,
denn diesmal wird es nicht schiefgehen, und mache Dir keine Gedanken, ob ich
Deine kostbaren Saphire etwa verkauft habe oder etwas anders, in das Du so
blödsinnig vernarrt bist, denn das habe ich nicht getan. Dein Dich liebender
Bruder Dysart.
    P. S. Ich
schmierte Farley, damit er Cardross nicht sagt, daß ich im Haus war, und deinen
Türsteher ebenfalls – das heißt, ich werde es tun, wenn ich weggehe –, also
platze Cardross gegenüber nicht damit heraus wie eine dumme Gans.»
    Nachdem
Nell den Brief zweimal durchgelesen hatte, hob sich ihre Stimmung etwas. Es
schien keinen Zweifel zu geben, daß Dysart tatsächlich einen Weg entdeckt
hatte, um sie von ihren Schulden zu befreien, wiewohl sie nicht im geringsten
ahnte, was es sein konnte. Sie hatte ein unbehagliches Gefühl gehabt, als sie
las, sie würde etwas dagegen einwenden; doch da er so empört gewesen war, weil
sie vermutete, er hätte den Wagen im Ernst überfallen wollen, und ihr jetzt versicherte,
ihre kostbaren Juwelen nicht genommen zu haben, glaubte sie, es könne nichts
sehr Arges sein. Er schrieb mit solcher Sicherheit, daß sich ihre erste heftige
Angst wieder legte. Selbst Dysart hätte nicht mit solcher Bestimmtheit
behauptet, daß diesmal nichts schiefgehen könne, wenn alles bloß vom
Kartenglück oder dem Rollen der Würfel abhinge. Am schlimmsten wäre es, wenn er
sich veranlaßt sähe, etwas ganz Verrücktes anzustellen, was durch den Umstand,
daß er London verließ, ziemlich wahrscheinlich zu sein schien. Nell wußte, daß
er mit seinem Pferd deshalb über die berühmte Dinnertafel hinwegsetzte, weil
jemand hoch gewettet hatte, er sei nicht imstande, dieses Kunststück
fertigzubringen. Sie wußte auch, daß man sich auf ihn nicht verlassen konnte,
eine gefährliche Wette auszuschlagen, weil ihm Furcht so völlig fremd war, daß
in seinen besorgten Angehörigen mehr als einmal der entsetzliche Verdacht
aufstieg, er wäre außerstande, eine Gefahr zu erkennen, selbst wenn er ihr
unmittelbar gegenüberstand. Unklare, jedoch abscheuliche Möglichkeiten begannen
sich ihr aufzudrängen, bevor sie sich aber mit diesen bösen Vorahnungen völlig
krank machte, kam ihr der gesunde Hausverstand zu Hilfe. Sie schalt sich eine
Törin, weil sie annehmen konnte, selbst der leichtsinnigste seiner intimen
Freunde würde ihm eine Wette anbieten, deren Annahme ihn der Gefahr aussetzte,
sich den Hals zu brechen.
    Vierundzwanzig
Stunden lang schwankte sie so zwischen Hoffnung und Angst. Doch dann sauste ein
weit niederschmetternderer Schlag auf sie nieder, als sie je für möglich
gehalten, und der ihren fast völligen Ruin bedeutete. Sie war soeben nach Hause
zurückgekehrt und fand eine Nachricht
vor, welche eine sofortige Antwort erforderte. Sie begab sich nach oben und
setzte sich an den Schreibtisch ihres Ankleidezimmers, um rasch eine Antwort zu
schreiben, bevor sie Sutton läutete, um sich von ihr zum Dinner ankleiden zu
lassen. Sie hatte eben ihren Namen unterzeichnet und war im Begriff, Streusand
über den Briefbogen zu schütten, als die Tür hinter ihr geöffnet wurde und
Sutton mit völlig veränderter Stimme sagte: «Oh, Mylady!»
    Suttons
Stimme klang sehr erregt. Da Nell annahm, Sutton glaube, sie hätte schon längst
nach ihr geläutet – denn das einzige, was ihre majestätische Ruhe aufstören
konnte, war die erniedrigende Vorstellung, sie könne ihrem eigenen strengen
Standard nicht gerecht geworden sein –, sagte Nell fröhlich: «Ja, ich bin
schon zu Hause, habe aber noch nicht geläutet. Fürchten Sie also nicht, zu spät
gekommen zu sein. Die Toilette aus indischem Mull-Musselin mit der kurzen
Schleppe wird für heute abend gerade das richtige sein.»
    «Es handelt
sich nicht darum, Mylady», sagte Sutton. «Es ist wegen des

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