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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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sah sie mit harten Blicken
an. Seit seiner Rückkehr aus Merion hatte er nicht ein einziges Mal den Versuch
gemacht, mehr als ihre Hand flüchtig mit den Lippen zu berühren. War seine
Liebe nicht bereits tot, dann mußte ihr die Entdeckung ihrer abscheuerregenden
Schlechtigkeit gewiß den coup de gräte versetzen.
    Sie schlief
erst bei Morgengrauen ein, wurde von bösen Träumen gequält und erwachte bei
hellem Sonnenschein mit müden Augen und schwerem Herzen.
    Cardross
machte ihr keinen Morgenbesuch und war bereits ausgefahren, als sie ihr Zimmer
endlich verließ. Nach dem Ausspruch seiner Schwester hatte er, in einer
blau-gelb gestreiften Weste und einer getupften Krawatte, absolut lächerlich
ausgesehen. Dieser wenig schmeichelhaften Beschreibung entnahm Nell, daß heute
einer der Tage war, an welchem die Mitglieder des Four Horse Clubs in der
George Street zusammentrafen, um zu einem Dinner nach Salt Hill zu fahren.
    «Schon
möglich», meinte Letty. «Ich kann aber nicht verstehen, weshalb sie deshalb
wie Vogelscheuchen aussehen müssen.»
    Hierauf
teilte sie Nell mit, ihre Cousine Selina habe ihr ein Billett geschickt, in
welchem sie Letty vorschlug, sie in der Equipage ihrer Mama abzuholen, um für
Fanny ein Hochzeitsgeschenk auszusuchen. Sie fügte mit kriegerischem Leuchten
ihrer Augen hinzu, sie nehme an, daß gegen dieses Projekt wohl kaum eine
Einwendung erhoben werden könne.
    Nell war
sehr froh, zustimmen zu können. Sie hegte für Miss Selina Thorne zwar keine
übertriebene Sympathie, doch wenn Mr. Allandale aufs Land gefahren war, konnte
man schwer einsehen, was es ausmachen sollte, Letty für ein bis zwei Stunden
aus den Augen zu lassen. Als sie bemerkte, daß Mrs. Thorne ihrer Tochter keine
Kammerfrau mitgegeben hatte, schlug sie vor, Martha solle die jungen Damen begleiten,
doch Letty verspottete sie nur wegen ihrer Prüderie. Und Selina rief ziemlich
keck, es gäbe nichts Widerwärtigeres, als wenn jemand von der Dienerschaft
vertrauliche Gespräche mit anhöre. Vor Nells geistigem Auge tauchte
unverzüglich das Bild der beiden Cousinen auf, wie sie ihre Köpfe
zusammensteckten, miteinander über läppische Geheimnisse kicherten, und dachte
nicht zum erstenmal, es hätte Selina nichts geschadet, wenn sie sich einige
Zeit unter Miss Wilbys strenger Disziplin befunden
hätte. Doch sie sagte nichts. Nachdem sie die Wahl des Geschenkes einige
Minuten erörtert hatten, fuhren die beiden Mädchen weg. Nell vermutete, ihr
erstes Ziel werde der Pantheon-Basar sein, dieses faszinierende Warenhaus, in
welchem sie zwar kein passendes Hochzeitsgeschenk finden, doch ziemlich viel
Geld für phantasievolle Kleinigkeiten zum eigenen Gebrauch verschwenden
würden. Nell war zu froh, Letty in besserer Stimmung zu sehen, und zu eifrig
darauf bedacht, sich ungestört einer Stunde ruhiger Überlegung hingeben zu
können, um gegen dieses Programm Einwendungen zu erheben.
    Ihre ruhige
Überlegung trug jedoch nicht dazu bei, ihre eigene Stimmung zu heben. Als
Letty viel später als erwartet zurückkehrte, war sie in sonnigerer Laune als
seit Wochen. Wie Nell vorausgesehen hatte, war sie mit Paketen beladen, deren
Inhalt zumeist aus so zweifelhaften Einkäufen bestand wie einem Paar
Perkal-Handschuhe – denn es wäre ein Jammer gewesen, sie nicht zu kaufen, weil
sie so billig waren –, die sie aber, bei näherer Überlegung, doch lieber Martha
zu schenken beschloß; einem Strumpfbehälter; verschiedenen Sträußchen
künstlicher Blumen, von welchen sie einen Nell großmütig verehrte; einer
Gazeschürze; zwei Musselin-Taschentüchern; einer Schachtel
Jelängerjelieber-Seife; und einem türkischen Kopfputz, der ihr dort
außerordentlich gut gefallen hatte, den sie aber jetzt, als sie ihn wieder sah,
abscheulich fand. Für Fanny hatte sie einen goldenen Armreifen und Ohrringe gekauft,
ein so schönes Geschenk, daß es Nell zu dem Ausruf veranlaßte: «Du lieber Gott!
Ich hätte nie geglaubt, daß du etwas so Kostspieliges kaufen kannst!»
    «Nein, das
könnte ich auch nicht. Aber ich sagte es Cardross, und er erklärte, ich dürfe
kaufen, was mir gefällt», erwiderte Letty unbekümmert.
    Dies schien
ein Beweis für einen Waffenstillstand zu sein. Dieser Eindruck verstärkte
sich, nach einer gedankenvollen Pause, durch Lettys folgende Worte: «Er
bestätigte mir auch, daß er dir tatsächlich sagte, du dürftest Jeremy einladen,
hier bei uns zu dinieren.»
    «Selbstverständlich
hat er es mir gesagt.»
    «Na ja,

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