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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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Trent! Wie geht's, Charlotte? Hübsch ist
das, nicht wahr, Sir Waldo? Ich finde es außergewöhnlich hübsch. Wir sind Miss
Trent sowohl für die Anregung als auch für die Ausführung dankbar. Aber Sie
sind noch nicht bekannt gemacht – Sir Waldo Hawkridge – Miss Trent, Miss
Charlotte Underhill.»
    Charlotte
vollführte einen Schulmädchenknicks. Miss Trent verneigte sich leicht und
beobachtete kritisch, wie sich der Vertreter einer Gesellschaftsschicht, für
die sie nichts übrig hatte, durch das Kirchenschiff näherte. Er bewegte sich
mit der natürlichen Grazie eines Athleten; er sah wirklich gut aus, und sie
erkannte, daß kein Kleinstadtschneider seinen Mantel verfertigt hatte, obwohl
er durchaus kein extravagantes Modell war. Sir Waldo war in Reitkleidung, in
Wildlederhose und Stulpenstiefel, und hielt Hut und Reitgerte in der Hand. Die
andere, wohlgeformt und ringlos, reichte er ihr.
    «Guten Tag.
Darf ich Ihnen mein Kompliment machen? Ich habe vor kurzem Salons und Ballsäle
in dieser Art dekoriert gesehen, aber ich glaube, nie eine Kirche. Es sieht
entzückend aus!»
    Zwei graue
Augenpaare trafen einander, das ihre kühl und klar, seines von einem Lächeln
erleuchtet. Als sie ihm die Hand reichte, fühlte sie die Kraft seines
Händedrucks. Obwohl sie groß war, mußte sie zu ihm aufblicken, und in diesem
Augenblick wurde sie sich seiner Anziehungskraft bewußt. Wie ein Blitz
durchzuckte es sie: sie stand der Verkörperung ihres Ideals gegenüber. Doch
sofort verbannte sie diesen Gedanken. Als er ihre Hand losließ, sagte sie: «Sie
sind zu freundlich, Sir. Es war jedenfalls nicht meine Idee. In der Pfarre, in
der ich gewohnt habe, ist das seit langem Brauch.»
    Es wäre
zuviel, wollte man sagen, daß Sir Waldo ebenso in Miss Trent sein Ideal gesehen
hätte. Der Unvergleichliche war viel zu lange die Zielscheibe für die
Liebespfeile ehrgeiziger Damen gewesen, um noch oft beeindruckt zu werden; auch
hatten gewisse schmerzhafte Enttäuschungen in seiner Jugend sein Herz gegen
weibliche Verlokkungen verhärtet. Er war nicht weniger zynisch als gewappnet,
und mit sechsunddreißig glaubte er sich zu alt, um sich zu verlieben.
    Was er an
Miss Trent sah, gefiel ihm: die klugen Augen, die so freimütig in die seinen
schauten, die grazile Haltung, die unverkennbare Atmosphäre guter Erziehung
und das vollständige Fehlen jeder Geziertheit in ihrem Benehmen. Ihm gefielen
auch ihre Stimme und die Gleichgültigkeit, mit der sie sein Kompliment hinnahm.
Es war herzerfrischend, einem heiratsfähigen weiblichen Wesen zu begegnen, das
nicht sofort Anstrengungen machte, seine Bewunderung zu erregen. Es wäre nett,
die Bekanntschaft fortzusetzen – sollte er sie aber nie wiedersehen, würde es
ohne den Schmerz des Bedauerns sein.
    Sie wandte
den Kopf dem Rektor zu, der Charlotte freundlich neckte. «Ich sah Ihren
Phaeton im Hof und erfuhr von meinem guten James, daß es Miss Charlotte war,
die kutschierte. Also, daß ich das nicht gesehen habe, ist eine bittere
Enttäuschung!»
    «Ach, Mr.
Chartley, Sie wissen doch, es war Miss Trent!» protestierte Charlotte unter
Kichern und Erröten.
    Er lachte
und blickte auf Sir Waldo: «Nicht einmal Miss Trent, die – das muß ich sagen –
sehr gut kutschiert und ein Vorbild an Geduld ist, konnte dieses närrische Kind
von seinem Mißtrauen gegen die schläfrigsten Zugpferde heilen, nicht wahr,
Charlotte?»
    «Nun, ich
habe Pferde nicht gerne», sagte Charlotte herausfordernd und fügte, indem sie
einen entschuldigenden Blick auf Sir Waldo warf, hinzu: «Und ich will auch
nicht so tun, als liebte ich sie, denn ich hasse Lügen. Man weiß nie, was
Pferde im Sinn haben, und wenn man sie streichelt, dann – dann zwicken sie!»
    Das war
zuviel für den Rektor und Miss Trent, um ernst zu bleiben, aber Sir Waldo
sagte, trotz lachender Augen, ernst: «Sie haben ganz recht! Und wenn man die
Hand ausstreckt, um ihre Nüstern zu streicheln, werfen sie die Köpfe zurück,
als wollte man ihnen weh tun.»
    Ermutigt
sagte Charlotte: «Ja, mein Bruder sagt allerdings, ich sollte vorher die
Zügel in die Hand nehmen. Aber wenn sie, die doch immer nur wirklich gut
betreut wurden, glauben, daß man sie verletzen will, müssen sie doch hirnlos
sein.»
    «Leider
sind sie nicht sehr intelligent», gab er zu.
    Daraufhin
blickte sie ihn an und sagte: «Aber Sie haben doch Pferde gerne, Sir
Waldo?»
    «Ja, aber
Geschmäcker sind eben verschieden, wie Sie wissen.» Er lächelte Miss Trent zu.
«Ich

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