Georgette Heyer
wie
abscheulich! Sie sind ein schreckliches Geschöpf! Ich will mit Ihnen nichts
mehr zu tun haben!»
Er winkte
ein oberflächliches Lebewohl, als sie davonhuschte. Im Innern dachte er: wenn
sie ihre Ziererei vergißt und plötzlich herauslacht, weil sie den Hieb
verstanden hat, ist sie verhängnisvoll gewinnend.
Miss Trent,
die gerade noch zurechtgekommen war, um Tiffanys letzten Ausfall zu hören,
bemerkte mit leidenschaftsloser Stimme: «Ganz abscheulich!»
Er
lächelte, und seine Augen ruhten bewundernd auf ihr. Sie war immer sehr einfach
gekleidet, aber sie trug die selbstgeschneiderten Tüll- und Batistkleider mit
Eleganz. Nie, auch nicht an heißen Tagen, erschien sie ihm anders als kühl und
adrett.
Nachdem Sir
Waldo das eine kleine Mißverständnis aufgeklärt hatte, stand er mit ihr im
besten Einvernehmen. Seinem feinen Ohr war der gezwungene Ton in ihrer Stimme
nicht entgangen, als sie ihn fragte, ob er mit ihrem Cousin bekannt sei, und
sie schien ihm erleichtert zu sein, als er verneinte, Mr. Bernard Trent zu
kennen. Sofort suchte er Aufklärung bei Julian.
«Bernard
Trent?» sagte dieser. «Nein, ich glaube nicht – doch! Du meinst General Trents
Sohn, nicht wahr? Ich habe ihn nur dann und wann flüchtig gesehen; ein
eingebildeter Gimpel, ein Angeber und angeblicher Pferdenarr.» Er brach ab, als
ihm etwas einfiel: «Guter Gott! Ist er mit Miss Trent verwandt?»
«Ihr
Cousin, wie ich höre.»
«Herrgott!
Er ist der größte Gimpel, der je existierte!» sagte er freimütig. «Ein Freund
Mountsorrels – waren zusammen in Harrow, glaube ich – Waldo! du weißt, was für
ein Tagedieb der ist! Immer auf Vergnügen aus, glaubt ein großer
Eroberer zu sein, was er, bei Gott!, nicht ist, zieht in der Stadt herum mit
den ärgsten Schmarotzern, die dir je zu Gesicht gekommen sind!»
«Ja, ich
kenne den jungen Mountsorrel: er ist eine der neueren Tulips!»
«Tulips!»
schnaubte Julian mit der ganzen Verachtung eines eben flügge Gewordenen, der
bereits der Creme der Korinthier vorgestellt worden war. «Schwätzer, Halbwisser
sind sie, die sich für schneidige Kerle
halten, weil sie die Wache niederboxen oder stockbesoffen in Spelunken sitzen.
Und was das Nachahmen der Korinthier betrifft – die meisten von ihnen sind
nicht fähig ...»
«Du
urteilst sehr strenge.»
«Wie du es
mich gelehrt hast!» antwortete Julian. «Mountsorrel ist bloß ein Narr, ich gebe
es zu. Aber ich denke an die zwielichtigen Gesellen,
mit denen er herumzieht. Zum Beispiel Watchett! Er trägt mehr Capes
auf seinem Mantel als du, aber ihr würdet ihn nicht in den Four-Horse-Club
aufnehmen. Desgleichen Stone! Für ihn besteht Sport aus
Stierhetzen und Zechgelagen in Tothill Fields. Desgleichen Elstead! Er
fährt in einer Saison mehr Pferde zuschanden als du dein Lebenlang, fliegt auf
jedes Glücksspiel und hält sich für unwiderstehlich. Sag,
wann hat dich jemand mit einem Haufen griechischer Banditen in den Spielhöllen
von Pall Mall gemeinsame Sache machen gesehen?»
«Macht das
der junge Trent?»
«Ich weiß
nicht; er gehört nicht zu meinen Freunden. Ich habe ihn schon lange nicht
gesehen. Er ist relegiert worden, glaube ich. Er scheint mir nicht gerade harmlos.
Du kannst dich darauf verlassen, er wird bald mit der Tow Street Bekanntschaft
machen!»
Mit solchen
Informationen ausgestattet, suchte Sir Waldo bei nächster Gelegenheit Miss
Trents Gesellschaft. Ohne Umschweife und in fröhlichem Ton sagte er ihr, daß
sie ihn falsch beurteilt habe.
Sie ritten
Seite an Seite, Julian und Tiffany eine kurze Strecke vor ihnen. Mrs. Underhill
war machtlos, die fast täglichen Ausritte dieses Paares zu
verhindern, aber sie bestand darauf, daß Ancilla sie begleite, und manchmal
gelang es ihr auch, ihren Sohn zu überreden, sich der Gesellschaft
anzuschließen. Gelegentlich ritt auch Patience Chartley mit, und fast immer Sir
Waldo.
Ancilla hob
den Kopf und fragte mit gerunzelten Brauen: «Worin, Sir?»
«Indem Sie
mir die Streiche ihres Cousins in die Schuhe schieben.» Er lächelte über ihren
erstaunten Blick und ihr verräterisches Erröten. «Was ist mit ihm? Julian sagt
mir, er wäre im Bund mit dem jungen Mountsorrel und dessen Clique?»
«Er gehörte
dazu – er und Mountsorrel besuchten die gleiche Schule –, aber ich hoffe, sie
haben keine Verbindung mehr miteinander; sie war schädlich.»
«Ist er auf
die schiefe Bahn geraten? Ich habe wenig mit jungen Leuten zu tun, aber ich
hörte, daß der junge Mountsorrel mehr
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