Georgette Heyer
Verblendung mit Wohlgefallen sah. Weit davon entfernt, gegen
seine häufigen Besuche Einwendung zu erheben, bat sie die beiden Cousins,
Staples ohne das geringste Zeremoniell als ihr Zuhause zu betrachten.
«Es muß
doch sehr unbequem in Broom Hall sein, mit den Maurern und dem Kalkstaub
überall! Wie gut ich das kenne! Wann immer Sie Lust haben, kommen Sie und essen
Sie mit uns, was es gerade gibt; Sie sind uns immer willkommen!»
«Nun»,
sagte er zu Miss Trent, als er sie zu einem der Korbsessel auf der Terrasse
geleitete, «Sie haben recht. Aber glauben Sie, daß es Ihrer Schutzbefohlenen
schaden wird, wenn sie einmal eine Abfuhr bekäme?»
«Nein»,
sagte sie ruhig. «Aber ich fürchte, es wird ihr auch nicht guttun – doch
schließlich ist das nicht Ihre Angelegenheit, nicht wahr?»
Er hinderte
sie, als sie sich setzen wollte. «Einen Augenblick! So haben Sie die Sonne in
den Augen – ich werde den Sessel wegrücken.»
Sie ließ
ihn gewähren, sagte aber leicht lächelnd: «Ein Versuch, das Thema zu wechseln?»
«O nein,
nur eine Atempause!»
Sie setzte
sich. «Jedenfalls hoffe ich, daß Sie mich nicht für eine dumme Gans halten, die
nicht durchschaut, was Ihre Absicht ist!»
Er setzte
sich neben sie. «Nein, das glaube ich nicht. Aber ich gestehe, daß ich
zerrissen bin zwischen der Hoffnung, daß Sie mich durchschauen und verstehen,
und der Angst, daß ein Donnerwetter über mir
losbricht.»
Sie
errötete so schwach, daß er es nicht bemerkte, und erwiderte, den ersten Teil
des Satzes überhörend: «Oh, ich will Sie nicht schelten!»
«Jetzt
haben Sie mich überrascht!»
«Ich
glaube, unter gewissen Umständen hätte ich gescholten», sagte sie gedankenvoll.
«Aber meine Situation ist ein wenig schwierig. Sehen Sie, die Sache ist so:
Mrs. Underhill möchte ebensowenig wie Sie, daß Tiffany Ihren Cousin heiratet.»
«In diesem
Fall ist es erstaunlich, daß sie Julian ermutigt, mit ihr herumzustreifen»,
sagte er zweifelnd.
«Das mag
Ihnen so scheinen, da Sie Tiffany nicht so genau kennen wie ich – wie wir sie
kennen. Glauben Sie mir, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, genügt
die kleinste Andeutung einer Opposition, um ihr Vorhaben durchzusetzen – wie
abscheulich es auch wäre. Im allgemeinen ist es etwas Abscheuliches», fügte sie
aufrichtig hinzu. «Sie müssen zugeben, daß ein à-suivie-Flirt unter
meinen oder ihrer Tante Augen viel weniger gefährlich ist, als es heimliche
Rendezvous wären. Vor allem weniger romantisch! Außerdem wären solche
Rendezvous nicht so häufig und nur kurz, und das würde verhindern, daß Lord
Lindeth sie langweilt.»
Er mußte
über ihre Schlußfolgerung lächeln, sagte aber: «Ja, das muß ich zugeben, Ma'am,
ich könnte sogar annehmen, daß das Mädchen Lindeth dazu brächte, sich heimlich
mit ihr zu treffen. Aber wenn Sie glauben, daß das Mädchen Lindeth langweilig
finden würde, meine ich, Sie raten daneben. Und selbst wenn ich es glauben
könnte, bedenken Sie: Lindeth gewinnen wäre ein hoher Preis!»
will –
welchen Marquis?»
«Irgendeinen
Marquis!»
«Wie
albern!»
«Ich weiß
nicht – wenn Sie bedenken, daß sie außer ihrer Schönheit ein ansehnliches
Vermögen besitzt, müssen Sie zugeben, daß eine glänzende Heirat durchaus nicht
unmöglich ist. Jedenfalls bitte ich Sie: versuchen Sie nicht, ihr diese
Anmaßung zu nehmen! Ich habe ihr angedeutet, daß eine Verbindung mit einem
armseligen Baron – und dabei ist sie noch nicht einmal in die Gesellschaft
eingeführt! – sinnlos und dumm wäre.»
Amüsiert
betrachtete er sie. «Das haben Sie ihr gesagt? Was für eine seltsame
Gouvernante sind Sie doch, Ma'am!»
Sie
antwortete ernst: «Sie können sich meine Qual nicht vorstellen, entscheiden zu
müssen, was ich in dieser Situation tun soll. Ich glaube, ich tue
recht daran, die Sache zu verhindern – wenn ich kann. Einerseits würden die
Burfords die Sache begrüßen, andererseits wäre Mrs. Underhill dagegen; und
Tiffany ist noch zu jung, um sich zu binden.»
«Warum
würde Mrs. Underhill die Heirat nicht begrüßen?»
«Weil sie
natürlich will, daß Tiffany ihren Cousin Courtenay heiratet.»
«Mein Gott!
Ich würde sagen, daß der Junge nur Widerwillen und Abneigung für sie übrig
hat.»
«Mrs.
Underhill glaubt, sie werden einander lieben lernen.»
«Das ist
dümmer als erlaubt! Läuft er nicht der hübschen Rothaarigen nach?»
«Ja, und
ich glaube, sie werden eines Tages ein Paar werden», stimmte sie bei.
Weitere Kostenlose Bücher