Georgette Heyer
le Duc
vielleicht anzutreffen.»
«Lassen Sie
mich bitte der Übermittler jeglicher Nachricht sein, die Sie ihm etwa senden
möchten, Sir», sagte Rupert.
«Cela
ne vaut pas la peine, M'sieur»,
erwiderte der Graf höflich. Sobald
er sich verabschiedet hatte, wandte sich Rupert finster an seinen Gastgeber.
«Welcher
Teufel ist in dich gefahren, Tony, diesen Kerl hierherzubitten? Was hat der in
England zu suchen? Meiner Seel, da kann man doch aus der Haut fahren: ihn hier
treffen und höflich zu ihm sein müssen!»
«Von
Höflichkeit habe ich nichts bemerkt», versetzte Merivale. «War irgendein Streit
zwischen ihm und Alastair?»
«Streit! Er
ist unser schlimmster Feind, mein Lieber! Er hat unsere Ehre angegriffen! Mein
Wort darauf! Was, du weißt nichts davon? Er haßt uns wie die Pest! Versuchte
Justin vor Jahren mit der Reitpeitsche zu schlagen!»
Erleuchtung
senkte sich auf Merivale herab.
«Natürlich,
jetzt erinnere ich mich! Warum gab er dann, in aller Welt, vor, Alastair
treffen zu wollen?»
«Er gefällt
mir nicht», sagte Jennifer unruhig. «Sein Blick jagt mir Schauder ein. Ich
halte ihn für keinen guten Menschen.»
«Was mich
so verblüfft», sagte Rupert, «ist, daß er das lebende Abbild Léonies ist.»
Merivale
fuhr auf.
«Ja, das ist es! Ich kam nicht darauf, wem sie so ähnlich sieht! Was hat das alles
zu bedeuten?»
«Ach, sie
sieht ihm gar nicht ähnlich!» wandte Jennifer ein. «Es ist nur dieses rote
Haar, das dich dazu verleitet. Léonie hat ein süßes Gesichtchen!»
«Rotes Haar und dunkle Augenbrauen», sagte Rupert. «Verdammt, ich glaub, hinter dem
Ganzen steckt mehr, als wir meinen. Sieht Justin ganz ähnlich, da ein
verstecktes Spiel zu treiben – ich laß mich hängen, wenn das nicht stimmt!»
Merivale
lachte ihn aus.
«Was für
ein verstecktes Spiel, du Windbeutel?»
«Weiß
nicht, Tony. Aber wenn du ebenso viele Jahre wie ich mit Justin zusammengelebt
hättest, würdest du nicht lachen. Justin hat den Streit nicht vergessen, das
möchte ich beschwören! Er vergißt nie. Da ist etwas im Gange, das laß ich mir
nicht nehmen.»
17
ENTFÜHRUNG, VERFOLGUNG UND VERWIRRUNG
«Oh, parbleu!» rief Léonie empört. «Dieser Rupert,
dieser vaurien, muß doch stets zu spät kommen!»
«Meine
Liebste», tadelte Madam Field sie. «Welch eine Ausdrucksweise! Dies schickt
sich fürwahr nicht für eine junge Dame! Ich muß Sie bitten ...»
«Heute bin
ich keine Dame», erklärte Léonie rundweg. «Ich möchte, daß Monseigneur kommt.»
«Meine
Liebe, es ziemt sich kaum für Sie, zu ...»
«Pah!»
sagte Léonie und wandte sich zum Gehen.
Sie ging
auf ihr Zimmer und setzte sich trostlos ans Fenster.
«Nun sind
zwei Wochen vergangen, seit Monseigneur schrieb», überlegte sie. «Und damals
erklärte er, bald zu kommen. Voyons, das ist keine Art, ein Versprechen
zu halten! Und Rupert hat sich schon wieder verspätet.» In ihren Augen sprühte
ein Funke auf. Sie sprang auf die Füße. «Ich werde Rupert eine Lektion
erteilen», sagte sie.
In dieser
Absicht holte sie ihre Knabenkleidung aus dem Schrank hervor und warf die
Röcke ab. Ihr Haar war gewachsen, doch noch nicht lang genug, um mittels eines
Bandes im Nacken zusammengefaßt zu werden. Noch immer bauschte es sich in
Tausenden von Löckchen um ihr Haupt. Sie bürstete es von der Stirne zurück,
legte Hemd, Hose und Jacke an und stolzierte, den Dreispitz auf dem Kopf, die
Treppe hinab. Glücklicherweise war Madam Field nirgends zu sehen; sie schlüpfte
also, ohne irgendwelchen Widerstand zu finden, in den Garten. Es war das erste
Mal, daß sie sich in dieser Kleidung hinauswagte, und ihre Augen blitzten mutwillig
ob des unerlaubten Vergnügens. Rupert hatte bei aller Laxheit manchmal
merkwürdige Anwandlungen von Prüderie, wie sie wußte. Ganz bestimmt würde er
schockiert sein, wenn er sie in diesem Aufzug auf dem Gutsgelände paradieren
sah, und da sie eben dies beabsichtigte, schlug sie den Weg zu den Waldungen
ein, die sich gegen die Straße hinabzogen, in der Hoffnung, ihm zu begegnen.
Mittwegs
auf der großen Wiese, die sich vor dem Walde erstreckte, erspähte sie Rupert,
wie er eben, den Hut unterm Arm und munter pfeifend, die Ställe verließ.
Léonie legte die gewölbten Hände an den Mund.
«Ohe,
Rupert!» rief sie fröhlich.
Rupert
erblickte sie, hielt einen Augenblick inne und stiefelte dann auf sie zu.
«Hol's der Teufel, was fällt dir denn ein?» brüllte er. «Meiner Seel, das ist
der reinste Skandal!
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