Gepaeckschein 666
Rauchwolke in die Luft. „Wo ist mein Sohn?“
„Drüben im Speisesaal“, antwortete Chefportier Krüger und griff gleichzeitig nach dem Telefon. „Wegen London erkundige ich mich sofort.“
„Danke“, sagte Mister Overseas und marschierte los. Als er drüben die Tür zum Speisesaal erreicht hatte, markierten quer durch die Halle lauter kleine weiße Rauchwölkchen seinen Weg. Sie standen in der Luft, als ob sie an einer unsichtbaren Wäscheleine zum Trocknen aufgehängt wären.
„Hallo, Daddy!“ winkte Francis.
Mister Overseas steuerte auf seinen Jungen zu und setzte sich zu ihm.
Francis entschuldigte sich, weil er nicht länger gewartet hatte. aber mein Hunger war wirklich enorm!“ Mister Overseas nickte nur und paffte an seiner Zigarre. Dann sagte er plötzlich: „Das ist eine verdammte Geschichte!“ und legte das Telegramm auf den Tisch. „Ich muß sofort nach London. Möglich, es dauert vier oder fünf Tage. Kann ich dich solange hier lassen, oder willst du mitkommen?“
„O Daddy -“, meinte Francis und sah vor sich auf die blütenweiße Tischdecke.
„I am sorry“, knurrte Mister Overseas . „Aber das verspreche ich dir, wenn ich dieses Mal den Vertrag in der Tasche habe, können mir alle Sitzungen und Konferenzen für mindestens zwei Monate gestohlen bleiben. Dann machen wir Urlaub!“
In diesem Augenblick kam Peter von der Saaltür her und rief: „Generaldirektor Pawlowsky, bitte ans Telefon!“
Francis hatte die Stimme sofort erkannt und sah auf. Als Peter dicht an ihm vorbeikam, blitzte er ihn aus dem rechten Auge vergnügt an. Und Peter blitzte zurück. Allerdings rief er dabei schon wieder: „Herr Generaldirektor Pawlowsky, bitte!“
„Na, was machen wir?“ fragte Mister Overseas, der offenbar nichts bemerkt hatte.
„Hier ist Jimmy mit dem Wagen“, überlegte Francis, „und bei dir in London ist es bestimmt genauso wie hier.“
„Du bleibst also?“ fragte Mister Overseas.
„Das heißt - ich hätte eine Bitte, wenn du mit dem Hoteldirektor sprechen könntest —“
„Und weshalb?“
Da sah Francis an den Nebentisch.
Dort hatte sich gerade ein kleiner, aber ziemlich dicklicher Herr bemerkbar gemacht. Er trug eine schwarze Hornbrille, hatte ein sehr rosiges Gesicht und fragte jetzt den Hotelpagen: „Ja, bitte?“
„Sind Sie Generaldirektor Pawlowsky?“ fragte Peter höflich.
„Allerdings“, lächelte die schwarze Hornbrille.
„Ein Gespräch aus Paris, wenn ich bitten darf!“
„Aha! Das ist’s!“ rief der Kleine, tupfte sich rasch mit der Serviette über sein rosiges Gesicht und sprang auf. Peter folgte ihm.
Am Tisch der beiden Overseas wurde er allerdings angerufen.
„Hallo!“
„Mister Overseas?“ fragte Peter und blieb stehen.
„Ich möchte sofort Direktor Adler sprechen.“
„Sehr wohl!“ sagte Peter und machte bereits kehrt. Aber da rief es noch einmal: „Hallo!“
„Mister Overseas?“ fragte Peter wieder und drehte sich um.
„Dein Name?“
„ Pe - Peter Pfannroth “, erwiderte der Page und bekam einen Kopf, so knallrot wie seine Uniform.
Francis grinste.
Aber Mister Overseas malte den Namen sehr sorgfältig auf den Rand der Speisekarte und sagte dann: „Danke“, weiter nichts. Peter sah hilfesuchend zu Francis. Aber der hatte den Kopf gesenkt und interessierte sich im Augenblick nur für das blütenweiße Tischtuch.
Da wiederholte Peter nur: „Direktor Adler“, und tigerte los.
Fräulein Wiesengrund tippte eben auf ihrer Schreibmaschine, als Peter zu ihr ins Vorzimmer kam. Sie trug wieder einmal ein sehr buntes Sommerkleid und fragte lachend: „Wo brennt’s?“
„Mister Overseas sitzt im Speisesaal und hätte gerne Herrn Direktor Adler gesprochen.“
„Schönen Dank. Ich sage Bescheid“, antwortete Fräulein Wiesengrund und griff gleich nach dem Telefonhörer.
Peter saß kaum wieder auf der Pagenbank, da kam Direktor Adler auch schon aus seinem Büro, ging quer durch die Halle und verschwand im Speisesaal.
Beinahe gleichzeitig klingelte in der Portierloge das Telefon.
„HOTEL ATLANTIC,“ meldete sich Herr Krüger, dann machte er einige Notizen und buchstabierte schließlich den Namen Overseas, „O wie Otto, V wie Viktor —“ Als er zu Ende buchstabiert hatte, nahm er den Zettel mit den Notizen, kam aus seiner Loge und spazierte jetzt ebenfalls quer durch die Halle, auch zum Speisesaal.
Jetzt sprang der große Zeiger an der Uhr über dem Eingang auf voll. Es war drei, und pünktlich auf die Minute kamen
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